Im Vorfeld der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am Sonntag geht es viel um das designierte Trio um Wolf, Sieger und Sauren – aber auch ihre Vorgänger nehmen einen prominenten Raum ein. Die wahrscheinlich scheidenden Toni Schumacher und Markus Ritterbach bekamen von Fans eine halbseitige Anzeige im Express gewidmet, zudem taten sich speziell die Bild-Zeitung und der kicker darin hervor, die Verdienste der beiden Vizepräsidenten (und vor allem die des ehemaligen Weltklassekeepers) zu würdigen – während das Einstimmen in einen Gesang gegen Bayer Leverkusen durch Jürgen Sieger bereits als kleiner Skandal gewertet wird. Im Mai hatten Schumacher und Ritterbach verkündet, “nach Abwägung aller Argumente (…) im September nicht zu kandidieren.” Diese Entscheidung sei beiden “sehr schwer gefallen”, weswegen sie in einer Mitteilung ergänzten: “Alle Fans und Mitglieder, die mit uns diesen Schritt gegangen wären und die wir nun enttäuschen, bitten wir dafür um Verständnis.”
Durch diese Entscheidung stand fest, dass es keinen Wahlkampf zwischen zwei Teams geben würde. Offen ist nach wie vor, ob Ritterbach und Schumacher einen passenden dritten Kandidaten gefunden hätten, nachdem zuvor in einer bemerkenswerten Allianz aus kicker, Reiner Calmund und Bild Wolfgang Bosbach in Stellung gebracht werden sollte – dieser Plan ging allerdings nicht auf, weswegen die beiden Vizepräsidenten auf eine erneute Kandidatur verzichteten. Zuvor hatten sie alles dem Erfolg des Vereins untergeordnet, danach verzichteten sie sogar auf die Durchführung der turnusmäßigen Vorstandssitzungen mit Stefan Müller-Römer, dem amtierenden Interims-Präsidenten des Vereins. Impulse zu Sachthemen des Vereins gab es daher wenige.
Das Wohl des Klubs im Vordergrund – wirklich?
In einer Erklärung stellten Ritterbach und Schumacher klar, dass “die Zumutungen eines Wahlkampfes” niemandem aufzubürden gewesen seien. “Der Hass, das Misstrauen, die Unwahrheiten, die auch in der Kampagne gegen uns in den vergangenen Wochen teilweise zum Ausdruck gekommen sind” wären weitergegangen. Welchen Hass und welche Unwahrheiten sie meinten, ließen sie dabei offen. Für sie steht und stand stets das Wohl des Clubs im Vordergrund, behaupteten sie zumindest: “Wir beide haben in den vergangenen Wochen eisern geschwiegen und mehr als einmal die Faust in der Tasche geballt, statt unsere Sicht der Dinge öffentlich auszubreiten und noch mehr Unruhe in den Verein zu bringen. In einem Wahlkampf wäre dies nicht möglich, da müsste man Klartext reden.”
Sofern das Team von Werner Wolf am 8. September gewählt wird, endet die Amtsperiode von Schumacher und Ritterbach. Und weil letzthin der Eindruck entstehen konnte, das Duo sei durch den Mitgliederrat unwürdig aus dem Amt gejagt worden, haben wir in den Archiven gekramt und herausgesucht, wodurch sich die Vizepräsidenten des 1. FC Köln in der jüngsten Vergangenheit ausgezeichnet hatten. Es folgt eine Zusammenstellung von Momenten, die dem Eindruck entgegenwirken könnte, Ritterbachs und Schumachers Arbeit sei durchweg glänzend gewesen. Speziell ab dem Sommer 2017 gibt es jede Menge Momente, die zum Nachdenken anregen.
Die entsprechenden Links befinden sich in der Datumsangabe. Beginnen wir mit Toni Schumacher.
Auf der nächsten Seite: Toni Schumachers Wirken beim 1. FC Köln
11.10.2017: Schumacher verkündet in einem Interview mit dem Express, dass das Verhältnis zwischen allen Verantwortlichen im Geißbockheim “in Ordnung” sei und der FC vielleicht im Winter einen Spieler wie Mark Uth kriegen könnte. Über die Transferphase sagte er: “Ich finde, wir haben genug gemacht. Mal abseits der hohen Transfersummen, für die die Spieler ja nichts können: Wir haben viele junge Leute geholt, großartige Talente.” Und Peter Stöger würde schon die richtigen Antworten auf die Krise finden.
26.11.2017: Auf Sky verkündet Schumacher, dass der FC um Horst Heldt als Sportdirektor werbe, weil man beim FC mitbekommen habe, dass zwischen Heldt und Martin Kind nicht alles rund liefe. Einige Tage zuvor strich Ex-Sportchef Schmadtke als Belohnung für seinen Abgang 3,3 Millionen Euro ein. Schumachers Live-Auftritt beendete nicht nur unfreiwillig die Gespräche mit Heldt, sondern fügte dem Klub auch einen Imageschaden zu.
07.12.2017: Nach einer 0:1-Niederlage in Belgrad trifft Schumacher in einer serbischen Kneipe auf Kölner Fans. Er gibt zum Besten, dass er wisse, wo alle wohnen und dass er, wenn er Probleme habe, zu jederzeit zu jedem im Raum gehen könne.
Für alles verantwortlich, aber an nichts schuld?
13.12.2017: Nach der Trennung von Jörg Schmadtke und Peter Stöger ist der FC Tabellenletzter. Inzwischen räumt Schumacher ein: “Es ist wie ein Albtraum oder wie in einem ganz schlechten Film. Dass wir innerhalb eines halben Jahres diese gute Ausgangssituation verspielen, ist unfassbar.” Zur Aufgabe des Präsidiums gehört es, die Arbeit der Geschäftsführung zu kontrollieren.
(INA FASSBENDER/AFP/Getty Images)
27.01.2018: Auf die Trennung von Peter Stöger angesprochen, erzählt Schumacher dem KSTA: “Nach der Trennung bin ich zu vielen Fanklubs gefahren. Und überall habe ich zu Beginn dieselbe Frage gestellt: Wer hätte Peter Stöger länger behalten, wer hätte sich früher von ihm getrennt und wer wäre mit ihm sogar in die Zweite Liga gegangen, falls das möglich gewesen wäre? Meist war ein Drittel der Anwesenden für jeweils eine der drei Möglichkeiten. Fazit: Du kannst es zwei Dritteln nie recht machen.” Zur Aufgabe des Präsidiums gehört es, die Arbeit der Geschäftsführung zu kontrollieren.
12.05.2018: Im General-Anzeiger äußert Schumacher, die Kritik am Präsidium des 1.FC Köln und insbesondere Werner Spinner begründe sich ausschließlich in Stadionverboten: “Hat Werner Spinner aus drei Metern am Tor vorbeigeschossen? Nein! Der Hintergrund ist: Wir waren im vergangenen Sommer gezwungen, Dutzende Stadionverbote auszusprechen, momentan haben wir mit die meisten in Deutschland. Das wollen die Gruppen, die es betrifft, dem Präsidenten heimzahlen.” Kritik, das sollte offenbar klar werden, kommt nur von den bösen Ultras und ist außerdem unberechtigt. Das war schon damals falsch, Schumacher aber egal. Auf den Vorwurf, das Präsidium hätte zwischen Schmadtke und Stöger früher intervenieren müssen, folgt eine Antwort, die so beginnt: “Da sind im Nachhinein viele ganz schön schlau.”
“Wir halten uns den Rest der Liga vom Hals”
29.07.2018: Auf der Saisoneröffnung trompetet Schumacher in Richtung anderen Vereine in der zweiten Liga: “Ich habe im Urlaub einige Hamburger getroffen und mit ihnen beschlossen, dass wir uns den Rest vom Hals halten.” Dieser Ansage folgt eine der holprigsten Spielzeiten der letzten Jahre. Und zwar nicht nur in sportlicher Hinsicht.
10.10.2018: Während der Mitgliederversammlung und der Wahl zum Mitgliederrat erlebt der Vorstand eine krachende Niederlage. Toni Schumacher redet sich dabei um Kopf, Kragen und Anstand. Während Stefan Müller-Römer seinen Bericht vortrug, zeigte Schumacher diesem die Pinocchio-Nase und machte per Hand die “Schwätzer”-Geste. Bei vielen Redebeiträgen hörte er nicht zu, warf aber einem Mitglied, das auf seine Verbindungen zum kicker-Redakteur Frank Lußem und dessen Parteiergreifung für Schumacher hinwies, vor, “eine Unverschämtheit” zu verbreiten. Zudem instrumentalisierte er die Herz-OP Werner Spinners und den Tod Moritz’ Ritterbachs, um brüllend “ein bisschen mehr Respekt” einzufordern. Ach ja: Während seiner Rede formt er seine Lippen plötzlich zu einem schwer verständlichen Wort, das viele als “Wi**er” interpretieren.
21.01.2019: Im Express zeigt sich Schumacher in Plauderlaune. Das Wichtigste: Dem Sportlichen solle alles untergeordnet werden, hinter den “Vorstand raus”-Bannern stünden “vielleicht 400 Leute” und die Meinungsfreiheit werde in der Südkurve nur zweifelhaft gewährleistet, weil ein “Wilde Horde raus”-Banner im Oberrang abgehängt wurde (Anm. d. Red.: Nach einem harmlosen Gespräch zwischen allen Beteiligten).
Wer lacht gern mit dem schwarzen Schaf?
04.03.2019: In einem Interview mit Frank Lußem, das am Rosenmontag erscheint, erzählt Schumacher aus seinem Leben. Lußem vermeidet das Stellen kritischer Fragen, etwa der, was Schumacher zum Frontalangriff Armin Vehs auf Werner Spinner nach dem Sieg gegen Ingolstadt zu sagen hätte. Mit Veh, der sich am Rosenmontag als schwarzes Schaf verkleidet, lässt sich Schumacher lachend fotografieren.
27.03.2019: Nachdem der Name Werner Wolf als künftiger Präsidentschaftskandidat in den Medien durchsickerte, schweigt Schumacher. Die Bild fragt: “Will der Mitgliederrat Toni etwa loswerden?” Und gibt die Antwort gleich selbst: “Es sieht danach aus. Anders ist der respektlose Umgang mit Leuten, die trotz Abstiegs seit fast sieben Jahren im Amt sind und für Rekord-Zahlen bei Umsatz und Mitgliedern gesorgt haben, kaum zu erklären. Wie BILD erfuhr, soll es noch kein konkretes Gespräch mit Schumacher und Ritterbach über die Vorstellungen ihrer FC-Zukunft gegeben haben.” Dass beide Vizepräsidenten dies gar nicht wollten, schien Bild egal zu sein.
“Wir haben die drei amtierenden Vorstandsmitglieder jeweils eingeladen, sich mit uns zusammenzusetzen.”
01.04.2019: Carsten Wettich, Vorsitzender des Mitgliederrats, teilt mit: “Wir haben die drei amtierenden Vorstandsmitglieder jeweils eingeladen, sich mit uns zusammenzusetzen. Diese haben jedoch uns gegenüber und bekannter Maßen auch öffentlich erklärt, die Kräfte für den Aufstieg bündeln und das Gespräch mit uns hintenan stellen zu wollen. Sie haben uns angekündigt, man werde auf uns zukommen.” Wettich ergänzt: “Diese Entscheidung haben wir akzeptiert, den Vorstandsmitgliedern aber zugleich erklärt, dass wir diesen Zeitpunkt für zu spät halten und auch mit anderen Kandidaten sprechen werden. Die Gesprächseinladung der Findungskommission an die beiden derzeitigen Vizepräsidenten gilt selbstverständlich weiterhin und wir wünschen uns ein baldiges Treffen.” Nun ist auch öffentlich klar, dass Schumacher und Ritterbach nicht einmal versucht hatten, mit dem Mitgliederrat zu reden.
12.05.2019: Freudestrahlend verkündet Schumacher nach der 3:5-Niederlage im letzten Heimspiel gegen Regensburg, dass alle Sky-Zuschauer live dabei sein können, wenn das Handy klingelt. Denn dann würden alle erfahren, wer neuer effzeh-Trainer wird.
(Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)
18.05.2019: Regisseur Alexander Wehrle filmt Toni Schumacher, wie dieser mit Sonnenhut zuhause erklärt, warum ein Ball noch im Spiel und nicht im Aus sei. Das solle Reiner Calmund, also der “Calli”, der bei Sky in der Spieltagsanalyse sitzt, dann dem Rest der Welt erklären.
Keine Sachargumente und eine Toni-Demo!
24.05.2019: Die Katze ist aus dem Sack, Ritterbach und Schumacher sind raus. Das erbost manche, darunter Frank Lußem. Im kicker ist zu lesen: “Dass mit Toni Schumacher der letzte Rest an Fußball-Kompetenz aus dem Vorstand verschwindet, muss man bedauern. In einer Zeit, in der fast jeder Verein sich die Erfahrung der ‘Alten’ sichert, entledigt man sich in Köln dieser. Sehenden Auges, denn seit Tagen wird von den zukünftigen Bossen vermehrt darauf hingewiesen, dass man einen Klub wie den FC auch führen könne, ohne gegen den Ball getreten zu haben.”
27.07.2019: Im General-Anzeiger holt Schumacher zum Rundumschlag aus. “Keiner” sei zu ihm gekommen und hätte sich über seinen bevorstehenden Abgang gefreut, echte Sachargumente seien dazu nie genannt worden, ständig würde er beleidigt und er würde nicht nachtreten. Aber: Die aktuelle Auslegung der Satzung sei kritisch, der Mitgliederrat dürfe schließlich einfach so ein Team vorschlagen, sein Abschied würde emotional. Und erstmals gibt er zu, dass sich kein Dritter für eine Kampfkandidatur fand.
04.08.2019: “Fan-Demo für Toni Schumacher!” titelt die Bild. Aus ein paar “Toni”-Rufen, die längst nicht aus 50000 anwesenden Kehlen kamen, macht Bild Folgendes: “Tosender Applaus und wieder Toni-Rufe auf den Vorwiesen. Ein Schlag ins Gesicht von Müller-Römer, der als Ex-Mitgliederrats-Boss am anstehenden Schumacher-Ritterbach-Aus beteiligt ist. Mit versteinerter Miene verfolgte er das Geschehen. Schumacher dagegen rührte die Fan-Demo zu Tränen. Seine Schlussworte an die Anhänger hallten nach: ‘Ich werde Euch vermissen!’”
29.08.2019: Auf WDR 2 beschwert sich Schumacher (ca. ab Minute 32) darüber, dass er und Markus Ritterbach ja gerne weitergemacht hätten, aber eigentlich auch nie eine Chance bei den Dreien aus der Findungskommission gehabt hätten. Er und Ritterbach wollten, so Schumacher, noch “ihre” Projekte wie am Grüngürtel oder im Stadion vorantreiben. Außerdem hingen die ganzen “Vorstand raus”-Banner in der Südkurve nur, weil die Südkurve “ihre eigenen Ziele” verfolge. Weiterhin erklärt Schumacher, sich ungerecht behandelt zu fühlen. Der Umsatz sei ja zwischendurch von 53 Millionen auf 187 Millionen angestiegen. Das seien “Zahlen, die für sich sprechen”, das man nicht einfach wegwischen könne. Das gilt zwar auch für den Abstieg 2018, aber auf den wird Schumacher von den Journalisten nicht angesprochen.
06.09.2019: In einem “Abschiedsinterview” mit dem KSTA gibt Schumacher zu Protokoll: ” Da kennen Sie mich aber schlecht. Ich kenne keinen Neid und keine Häme.” Das letzte halbe Jahr mit Stefan Müller-Römer im Präsidium sei zudem “nicht vergnügungssteuerpflichtig” gewesen. Dem designierten Präsidenten Werner Wolf warf er außerdem folgendermaßen vor, die Unwahrheit zu sagen: “Wir sind danach so auseinandergegangen, dass er sich nach meinem Australien-Urlaub bei mir meldet. – Herr Wolf sagt genau das Gegenteil. Nämlich, dass Sie sich trotz der Vereinbarung nicht bei ihm gemeldet haben. Das ergibt doch keinen Sinn. Herr Wolf ist der designierte Präsident, er hat das Recht, sich ein Konzept zur Zusammenarbeit zu überlegen und mir anzubieten, sofern er es möchte – ich laufe ihm doch nicht hinterher und nerve. Meine Nummer hat sich auch nicht geändert. – Die Bewertung ist ja recht einfach: Einer sagt die Unwahrheit. – Ich bin vor vielen Jahren beim FC und DFB rausgeflogen, weil ich die Wahrheit geschrieben habe. Er hat sich nicht gemeldet, damit ist das Thema durch. Ist das so spannend, dass wir das alles wiederkäuen müssen, statt über unsere Vorstandsarbeit seit 2012 zu sprechen?”
Auf der nächsten Seite: Wie sieht es mit Markus Ritterbach aus?
Der andere Vizepräsident des 1. FC Köln, Markus Ritterbach, wagte sich erst im Jahr 2019 so richtig aus der Deckung. Doch auch in dieser kurzen Zeit ergaben sich einige, nun ja, diskutable Momente.
Spaltung und Fastelovend
10.10.2018: Auf der Mitgliederversammlung legt Ritterbach einen Auftritt hin, der sich gewaschen hat. Mit aufstachelnder Rhetorik versucht er, den Saal zu spalten und die Mitglieder in “Gute Fans” und “Gewalttätige, böse Ultras” zu teilen. Während der Geissblog.Köln ihn mit den Worten “Er hat sein Profil geschärft” lobte und ihm den größten Applaus des Abends attestierte (was Ritterbach sogar während seiner Rede goutierte), sagte Ritterbach wenig bis gar nichts zu seinen Aufgaben und Tätigkeiten.
27.02.2019: Weil große Ankündigungen beim effzeh Tradition haben, verkündet Ritterbach: “Wir haben uns für eine Arbeitsteilung entschieden. Wir feiern Fastelovend und die Mannschaft schießt uns Mittwoch an die Spitze der 2. Liga.”
Die Festspiele des Markus Ritterbach
07.03.2019: Werner Spinner ist zurückgetreten! Für den Knall am Geißbockheim sorgte Sportchef Armin Veh. Anstatt Veh für seine Amtsanmaßung zur Rechenschaft zu ziehen, nutzten Ritterbach und Schumacher die Gelegenheit, den Präsidenten, der von beiden keine hohe Meinung hatte, aus dem Amt zu drängen. Auf Sky signalisierte Ritterbach bereits, dass er Spinners Rücktritt eigentlich ganz gut fand: Er lächelte quasi durchgängig in die Kamera. Außerdem sei es nun ganz wichtig, “Ruhe in den Verein” zu bekommen – ein Ziel, das Ritterbach selbst in beispielloser Weise torpedieren sollte. Es war der Auftakt zu spektakulären Tagen, in denen er sein Verständnis von Kollegialität und Anstand zeigte und das Kölner Umfeld entsetzte.
08.03.2019: Dem Fernsehinterview folgt eins bei der Zeitung – und was für eins. In der Kölnischen Rundschau sagte Ritterbach: “Der Gemeinsame Ausschuss hatte abgesprochen, dass sich zum Wohle des Vereins keine Seite über den veröffentlichten Pressetext hinaus äußert. Denn ein Rosenkrieg hilft dem Verein nicht weiter.” Danach erklärt er: “Werner Spinner war nach seiner schweren Herzoperation verändert. Damit suggeriert er also, Spinner habe sich gesundheitlich bedingt zu einem untragbaren Vorstandsmitglied verändert. Anschließend plaudert er noch den Inhalt der ominösen internen Sprachnachricht Spinners aus – nur um am Ende zu sagen, dass es um den Verein gehe, “nicht um persönliche Abrechnungen.”
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
09.03.2019: In viereinhalb Minuten sorgte der Vizepräsident bei Sky erneut für Schnappatmung. Folgender Dialog mit dem Moderator sei hier präsentiert: “Warum haben Sie die Sprachnachricht an Armin Veh weitergeleitet?” – “Die habe ich nicht an Armin Veh weitergeleitet. […]” – “Aber sie ist doch an Armin Veh weitergeleitet worden?” – “Das müssen Sie Armin Veh bitte fragen.” – “Das ist aber ja eine Nachricht, die von Werner Spinner nur an Sie und Toni Schumacher gerichtet war. Naja…” Kollege Severin nannte die von Ritterbach ausgetragene mediale Schlammschlacht einen “Offenbarungseid”.
10.03.2019: Es wird publik, wie sehr Ritterbach in diesen Tagen versucht, sich irgendwie doch noch in die Pole-Position für das Präsidentenamt zu bringen. Einer, der dabei keinesfalls stören darf, ist der damalige Mitgliederratsvorsitzende Stefan Müller-Römer: “Zuletzt war zu hören, dass insbesondere Ritterbach es begrüßen würde, sollte der Mitgliederrat in Walther Boecker den erfahrenen SPD-Politiker in den Vorstand entsenden. Die Beiden [sic!] kennen sich seit vielen Jahren, und so wäre eine solche Entscheidung als Friedensangebot an die amtierenden Vizepräsidenten zu bewerten, um nach den Turbulenzen der letzten Tage wieder Ruhe in den Verein zu bringen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Mitgliederrat seinen Vorsitzenden Stefan Müller-Römer zum Interimsvorstand ernennen wird. Und auch im Mitgliederrat hatte sich Ritterbach zuletzt durch Kontaktarbeit neuerlich ins Gespräch gebracht.” (Geissblog) Ritterbachs Versuch der Mobilisierung blieb wirkungslos, einen Tag später entsandte der Mitgliederrat Müller-Römer ins Präsidium.
Mein Name ist Hase
27.03.2019: Werner Wolf wird als Favorit des Mitgliederrats aufs Präsidentenamt bekannt. Markus Ritterbach sagt dazu: ”Wir haben das auch aus den Zeitungen erfahren. Unsere Haltung hat sich nicht geändert: Wir konzentrieren uns momentan voll auf unser Ziel, den Aufstieg. Ich glaube nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt gut für den Verein ist, wenn wir öffentlich Funktionärs-Diskussionen führen.” Zuvor hatte er offenbar allerdings wochenlang versucht, sich mit den Mitgliederräten gut zu stellen – und hätte in diesem Zusammenhang auch von Wolf erfahren müssen.
24.05.2019: Christian Löer stellt am Tag der Verzichtserklärung im KSTA fest: “In diesem Februar traten die Schwierigkeiten offen zutage, als Ritterbach den Inhalt einer Sprachnachricht des Präsidenten, in der Spinner die sportliche Situation zum Anlass nahm, eine Debatte über Trainer Markus Anfang und Geschäftsführer Armin Veh anzustoßen, an die Geschäftsführer weitergeleitet hatte.” Und Frank Lußem hebt im kicker hervor: “Die interessantesten Fragen rund um den 1. FC Köln sind die, die in den vergangenen zwei Monaten nicht gestellt wurden. Beispielsweise jene, warum Vize-Präsident Markus Ritterbach nicht seinen Stuhl räumen musste, nachdem er eine Nachricht durchgesteckt hatte, die vom damaligen Präsidenten Werner Spinner kam, der im Handstreich die gesamte sportliche Führung ablösen wollte?” Wäre das also auch geklärt.
“Vielleicht war ich zu lange zu diplomatisch.”
14.06.2019: In einem KSTA-Interview zieht Ritterbach Bilanz zu seiner Amtszeit und erteilt über die vergangenen Monate Auskunft. Und das klingt so: “Wir haben das (Anm. d. Red: eine Kampfkandidatur) ernsthaft erwogen, weil wir uns der breiten Unterstützung vieler Fans und Fanklubs sicher waren. Letztlich haben wir uns aber dagegen entschieden. Ein Grund dafür ist: Selbst wenn wir gewonnen hätten, wäre anschließend der Verein nicht geeint gewesen.” Und: “Wir haben alles gegeben für den FC, doch dann gibt es Menschen, die einen vom Hof jagen wollen. – Woher rührt diese Ablehnung? – Ich glaube, dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist: Wir haben leider die Kommunikation zu den Ultras verloren. Das lag nicht an uns, unsere Tür stand offen. Aber die Jungs wollten nicht mehr mit uns sprechen. […]”
Außerdem: “Sie galten als Königsmörder, weil Sie eine Sprachmitteilung öffentlich gemacht haben (…) Wird diese Darstellung Ihrer Rolle gerecht? – Nein. Es wäre schlimm, wenn es einen Königsmörder gäbe. Das ist in unserem Verein gar nicht möglich, weil es mehrere Gremien gibt. (…) Niemand hatte ein gutes Gefühl dabei, weil Werner Spinner sehr viel für den Verein getan hat. Aber es ging nicht mehr anders.” Und natürlich: “Sehen Sie auch bei sich Fehler? – Selbstverständlich, um Gottes Willen. Ich bin ja auch nur ein Mensch. Vielleicht war ich zu lange zu diplomatisch.”
04.08.2019: Müngersdorf, Saisoneröffnung des 1.FC Köln. Markus Ritterbach ergreift das Mikrofon, während die jubelnde Menge vor ihm steht. Er ruft ihr zu: “Wir hätten gerne weitergemacht. Andere haben entschieden, dass wir nicht mehr weitermachen. Toni und ich fanden eigentlich, dass wir das gar nicht so schlecht gemacht haben. Was denkt ihr?” Die Menge jubelt, Bild nennt den einzig logischen Schluss: “Ein Schlag ins Gesicht von Müller-Römer, der als Ex-Mitgliederrats-Boss am anstehenden Schumacher-Ritterbach-Aus beteiligt ist.” Wer erinnert sich da noch an Abstieg, Imageschäden und Intrigen?
06.09.2019: In einem “Abschiedsinterview” mit dem KSTA gibt Ritterbach zu Protokoll: “Wir hätten uns beispielsweise für Werner Spinner ein anderes Ende gewünscht, denn er hat extrem viel für den Verein geleistet.” Wie sein Kollege Schumacher attackiert auch Ritterbach den Vorstandskollegen Müller-Römer am Beispiel des Umgangs mit den Gesängen über Jörg Schmadtke in Wolfsburg: “Wenn die Werte, für die man steht, so unterschiedlich sind auf allen Ebenen, dann stößt man an Grenzen. Da bin ich froh, dass ich ab Montag damit nichts mehr zu tun habe.” Gern würde Ritterbach außerdem weitermachen, sollte das Vorstandsteam nicht gewählt werden, auch wenn er gleichzeitig betont, natürlich nichts beeinflussen zu wollen. Für einen solchen Fall hat er aber offenbar Pläne, deutet er zumindest an: “In diesem Fall würde es wohl Veränderungen und eine neue Struktur geben.” Was er damit meint, lässt er offen. Eine neue Struktur kann es ja auch gar nicht geben – eine entsprechende Satzungsänderung steht am Sonntag nicht auf der Tagesordnung.
Danke für die Arbeit, aber es ist Zeit für einen Wechsel
Was bleibt an dieser Stelle zu sagen? Man kann sich bei Markus Ritterbach und Toni Schumacher für die geleisteten Dienste in sieben Jahren Vorsitz beim 1. FC Köln bedanken. Es wurde gute Arbeit geleistet, aber auch schlechte – das darf man offen ansprechen. Aber mindestens der Umgang mit eigenen Fehlern und die mangelnde Bereitschaft, mit Kritik umzugehen, scheint nach Lektüre dieser Zusammenstellung dafür zu sprechen, dass es vielleicht ganz gut wäre, wenn beide am Sonntag verabschiedet werden.