Ebenfalls beerdigt wurde mit dem Umstieg auf ein 3-5-2-System die erste sportliche Krise: Mit 8:1 besiegte man ein völlig überfordertes Dynamo Dresden, das nach dem frühen 1:0 von Jhon Cordoba allerdings auch alles falsch machte, was man gegen das offensivstarke Team aus der Domstadt falsch machen konnte. Danach lief es wieder beim FC. Die Offensive um Simon Terodde traf, wie sie wollte. Das letzte Spiel vor und die erste Partie nach der Winterpause gingen gegen Bochum und in Berlin jedoch wieder verloren und offenbarten, dass man sich als Fan nach wie vor nie sicher sein konnte – ob bei Führung oder nicht und komplett unabhängig vom Gegner. Dominanz und Überlegenheit findet man im Duden nun wirklich nicht unter diesen Schlagworten.
Es sollte schließlich wieder das Spiel gegen den späteren Mitaufsteiger aus Paderborn sein – die Defizite der Kölner in vielen Punkten wurden gnadenlos offen gelegt. Es war jene Partie, in welcher der FC sein kleines, eigenes urkölsches Drama mit dem Titel “Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt” aufführte. Den ersten Part übernahm Anthony Modeste, der in diesem Spiel das erste mal nach seiner Rückkehr im Kader stand. Nach seiner Einwechslung traf der Franzose prompt zum 2:0 und verbarg daraufhin minutenlang sein Gesicht unter Tränen. Diese spürbare Ergriffenheit des Stürmers war einer der seltenen wirklich schönen Momente rund um den Verein in dieser Saison. Momente, die einen erinnern, warum man Fan ist. Aber da im Spiel eben der 1.FC Köln der Saison 2018/19 spielte, gab es im Drama natürlich noch einen eher unnötigen zweiten Akt, in welchem der FC in den letzen zehn Minuten einen kollektiven Systemabsturz sondergleichen hinlegen sollte. Aus der komfortablen 2:0-Führung wurde ein 2:3-Rückstand, Florian Kainz sah zudem die Gelb-Rote Karte.
Auch sechs Siege sorgen nicht für Schulterschluss
„Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, ließ sich Veh nach der Niederlage prompt zitieren und zählt so Trainer Anfang an. Und dann war da ja auch noch die sogenannte „Spitzelaffäre“. Der “Sportbuzzer” hatte behauptet, Anfang hätte einige Spieler in der Kabine damit beauftragt, die Kollegen auszuspitzeln. Zudem habe es Krisensitzungen der Mannschaft mit Veh, aber ohne Anfang gegeben. Der Verein widersprach der Geschichte mit dem Spitzel in der Kabine energisch.
„Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“
Zwar gewann der FC die folgenden sechs Spiele allesamt und setzte sich damit im März in der Tabelle von der schwachen Konkurrenz ab, mit dem 4:4 in Duisburg kehrten die Diskussionen jedoch schnell zurück. Erneut folgten vier Spiele ohne Sieg – eine Krise zu viel für Anfang, der nach einem eigentlich guten Spiel gegen Darmstadt (1:2) nicht mal das Saisonende in Köln erleben durfte. Der Aufstieg gelang schließlich unter dem U-21 Trainer Andre Pawlak vorzeitig und mühelos.
Ein gewichtiger Grund für Anfangs Scheitern wird im Auftreten von seinen Co-Trainern und dem Cheftrainer selbst auf dem Trainingsplatz vermutet. Wenig einnehmend und emphatisch vermittelten sie ihren Plan vom Fußball und vermochten dabei offenbar nicht, die Führungsspieler in ihrer Kommunikation entsprechend mitzunehmen. Soft Skills, welche heutzutage bei potentiellen Bundesliga-Trainern gefordert sind.
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So verwundert es unterm Strich auch kaum, dass die Mannschaft in der abgelaufenen Saison den Eindruck vermittelte, weit von einer echten Einheit, wie man sie noch beim Aufstieg unter Stöger auffinden konnte, entfernt zu sein. „Ich bin ehrlich: Es war eine komische Stimmung!“ fasste Modeste jüngst im Interview mit dem “Geissblog.Köln” die Lage unter der Saison relativ passend zusammen. “Ich will nicht wissen, wie es gewesen wäre, wenn es so gelaufen wäre wie beim HSV.” Aussagen, die wenig Interpretationsspielraum bieten und bei denen man nur drei Kreuze gen Himmel schickt, dafür dass die Saison mit einem unterm Strich halbwegs souveränen Aufstieg endete.
Der war Pflicht für die Kölner. Von einer schönen Kür war man allerdings oft meilenweit entfernt. Die Saison bot rein sportlich betrachtet nicht das, was man sich von ihr erhoffte. Jugendspieler wurden nicht bei den Profis integriert, ein funktionierendes Spielsystem wurde ebenfalls nicht entwickelt. Achim Beierlorzer wird nun wieder für eine andere Art Fussball stehen als noch Markus Anfang. Der neue FC-Trainer wird nun erst einmal wieder eine Einheit aus dieser Mannschaft formen müssen. Es gibt einige Baustellen und eine Menge zu tun, wenn der 1. FC Köln in der kommenden Saison den Klassenerhalt möglichst problemlos klar machen möchte.