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Spielerportraits

Ron-Robert Zieler: Eine ungewöhnliche Nummer 2 für den 1. FC Köln

Der 1. FC Köln leiht Ron-Robert Zieler von Hannover 96 aus und erhofft sich dadurch, den Druck auf den bisherigen Timo Horn zu erhöhen. Wir blicken auf die Karriere des Herausforderers.

Foto: Julian Finney/Getty Images

Ron-Robert Zieler ist wieder ein Spieler des 1. FC Köln – 15 Jahre nach seinem Wechsel aus der Jugendabteilung der Kölner zu Manchester United kehrt der Torhüter ans Geißbockheim zurück. Dazwischen lagen Stationen bei Hannover 96, Leicester City und dem VfB Stuttgart sowie ein Weltmeistertitel mit der deutschen Nationalmannschaft. Mit nun 31 Jahren soll Zieler als eingeplante Nummer 2 den Druck auf den bisherigen FC-Stammtorhüter Timo Horn erhöhen, der in den letzten Jahren in seiner Entwicklung zumindest stagnierte und in Phasen der vergangenen Saison gar schwächelte. Mit 262 Erstliga-Spielen an Erfahrung schlägt der in Köln geborene Keeper jetzt auch wieder seiner Geburtsstadt auf, in der er seine Karriere begann.

Als Kind spielte Zieler beim SCB Preußen Köln, der mittlerweile als Viktoria Köln am Start ist. Mit zehn Jahren wechselte er in die Jugendabteilung des 1. FC Köln, wo er bis zum Alter von 16 auf der Torwartposition spielte. Danach wagte der Sohn des ehemaligen FC-Jugendtrainers Raimunt den Sprung über den Ärmelkanal, bis 2010 spielte Ron-Robert bei Manchester United. Dort kam er vorrangig in der U23 zum Einsatz, kurzzeitig auch per Leihe bei Northampton Town in der League One. Im Sommer 2010 wechselte der 1,88m große Rechtsfuß dann zu Hannover 96 in die erste Liga, wo er allerdings zu Beginn erst in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kam. Während der Winterpause der Saison 2010/2011 verdrängte er dann den bisherigen Stammkeeper Florian Fromlowitz, sodass Zieler sein Bundesliga-Debüt im Januar 2011 bei einem Auswärtssieg in Frankfurt feiern durfte.

Durchbruch und Stammkeeper bei Hannover 96

Bis zum Mai 2016 (!) sollte der Torhüter danach nur noch zwei Bundesliga-Spiele verpassen – er etablierte sich als Stammkeeper bei Hannover, absolvierte insgesamt 185 Bundesliga- und 23 Europa-League-Spiele. Im November 2011 feierte er sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft, mit der er als Ersatzkeeper zur Europameisterschaft 2012 und zwei Jahre später zur Weltmeisterschaft in Brasilien reiste. Deswegen kann sich Zieler, obwohl er ohne Einsatz blieb, als Weltmeister bezeichnen. Als solcher wechselte er nach sechs Jahren bei Hannover im Sommer 2016 zum damals amtierenden englischen Überraschungsmeister Leicester City, wo er fortan dem Stammkeeper Kasper Schmeichel Druck machen sollte. Am Ende reichte es für Zieler, der bereits ein Jahr später nach Deutschland zum VfB Stuttgart zurückkehrte, nur zu 13 Spielen, davon eins in der Champions League.

Ein gewohntes Bild: Ron-Robert Zieler im 96-Dress | Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Dass er nach mehreren Jahren als Stammkeeper als Herausforderer zu einem anderen Klub wechselte, beurteilte Zieler vor drei Jahren im Gespräch mit der Homepage der Bundesliga als “sehr große Umstellungen”. „Ich hatte zuvor in beinahe sechs Jahren bei Hannover 96 so gut wie jedes Spiel bestritten, das möglich war. Ich war mir allerdings bewusst, dass Leicester für mich eine große Herausforderung werden würde. Aber das sind Phasen, die man als Fußball-Profi wohl auch durchschreiten muss”, lautete sein Fazit. In der Leistungsgesellschaft Fußball sorge der Konkurrenzkampf für eine Belebung der Mannschaft, aber auch der Zusammenhalt sei wichtig, „wenn man erfolgreich durch eine Saison kommen möchte”, um Zieler zu zitieren. Ab Sommer 2020 dürften diese Worte für ihn wieder gelten, doch dazu später mehr.

Rentenvertrag beim Herzensklub und harte Worte vom Chef

Nach seinem Intermezzo in Leicester folgten zwei Saisons beim VfB Stuttgart. Am Ende der Saison 2017/2018 landeten Zieler und sein neuer Verein auf Rang sieben. Im Folgejahr scheiterte Zieler mit dem VfB in der Relegation an Union Berlin, weswegen die Schwaben in die zweite Liga absteigen mussten. Nach insgesamt zwei Saisons als Stammkeeper und 68 weiteren Spielen schloss sich Zieler, der von der Kölner Agentur SportsTotal beraten wird, seinem ehemaligen Verein Hannover 96 an. Dort unterschrieb er als Identifikationsfigur einen langfristigen Vertrag, der noch bis 2023 läuft und ihm dem Vernehmen zwischen 700.000 und 800.000 Euro pro Jahr einbringt. Zieler, der sich in Hannover mit seiner Familie sehr wohl fühlt und dort ein Haus baut, hatte zusammen mit der sportlichen Leitung des Zweitligisten offenbar geplant, seine Karriere dort zu beenden – nach einem leistungsmäßig durchwachsenen Jahr änderte sich das Blatt allerdings.

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Hannovers Chef Martin Kind sagte auf einer Veranstaltung der Neuen Presse, dass Zieler “keine Chance” mehr im Verein haben würde. Der Investor ergänzte: „Wir hätten ihn gar nicht erst verpflichten dürfen damals.” Für einen verdienten Spieler wie Zieler, der die letzten erfolgreichen Jahre des Vereins entscheidend mitprägte, natürlich ein Schlag ins Gesicht – und auch bei anderen Akteuren aus dem Fußballbusiness kamen die Aussagen schlecht an. Das neu gegründete Spielerbündnis ließ verlauten, dass Kind den Torhüter damit “ohne ein Mindestmaß an Anstand, Respekt und Professionalität, insbesondere gegenüber einem ehemalige Nationalspieler und Weltmeister” diskreditiert habe. Zwar ruderte Kind später ein wenig zurück, die Aussage blieb jedoch trotzdem hängen.

Ron-Robert Zieler: Nur die Nummer 2 beim 1. FC Köln?

In den darauffolgenden Tagen erhärteten sich die Gerüchte, dass Zielers Abgang eine weitere Rückkehr bedeuten würde – dieses Mal sollte es zurück nach Köln gehen. Dort sahen die Planungen des Geschäftsführers Horst Heldt vor, dass nach dem Karriereende des ehemaligen Ersatzkeepers Thomas Kessler ein neuer Torwart Druck auf die bisherige Stammkraft Timo Horn ausüben sollte – bemerkenswerterweise allerdings nicht in einem offenen Rennen, sondern in klar verteilten Rollen: Timo Horn ist die Nummer 1, der neue Torwart der Herausforderer. Ron-Robert Zieler, ein erfahrener Erstliga-Torwart, gleichwohl mit einigen durchwachsenen Jahren zuletzt, soll sich freiwillig beim 1. FC Köln auf die Bank setzen?

Weltmeister 2014: Ron-Robert Zieler | Foto: Matthias Hangst/Getty Images

Diese Vorstellung rief auch Raimunt Zieler auf den Plan, der den FC als “seinen Verein” bezeichnete, gleichzeitig aber auch betonte: “Aber ich weiß nicht, ob Köln jetzt das Beste für ihn wäre.“ Das sagte er einer Boulevard-Zeitung des Springer-Verlags. „Man würde die Verpflichtung von Ron sicher so darstellen, dass man eine starke Nummer zwei hinter Timo Horn haben will. Ron ist aber aus meiner Sicht keine Nummer zwei.” Zielers Vater schob hinterher: „Jemanden wie ihn setzt man nicht auf die Bank. Er hat in der Europa League gespielt und war im Weltmeister-Kader. Wie gesagt: Ich würde ihn gerne wieder in Köln sehen, aber nur ungern auf der Bank.”

Druck auf Timo Horn soll wachsen

Horst Heldt betonte in den letzten Tagen jedoch, dass genau diese Rolle nun auf Zieler warte – dies sei sowohl mit dem früheren Hannoveraner als auch mit Timo Horn abgesprochen. Ein im Fußballgeschäft trotzdem ungewöhnlicher Vorgang. Vielleicht liegt Heldts Hoffnung darin, dass Zieler durch seine Trainingsleistungen Horn zu besseren Spielleistungen bringt, weil eben jener Druck von Thomas Kessler in der Vergangenheit vielleicht fehlte. Andererseits ist fraglich, welche Rolle SportsTotal in dieser Gemengelage spielt – das Interesse der Agentur dürfte sein, die Marktwerte der Torhüter zu erhalten oder auszubauen, um auch in Zukunft, etwa bei Vertragsverlängerungen oder Transfers, Geld an ihnen zu verdienen.

Wenn Horn sich also nachhaltig durchsetzt, sinkt Zielers Marktwert weiter. Wenn Zieler Horn verdrängt, sinkt der Marktwert des Rondorfers. Unabhängig davon sollte allerdings jeder Transfer eines SportsTotal-Spielers, der in Köln geboren und in der Vergangenheit mal gut war, bei allen FC-Interessierten erstmal die Alarmglocken schrillen lassen – das zeigt die Erfahrung.

Fußballerisch betrachtet weist der FC nun zwei Torhüter in seinem Kader auf, die zu Beginn dieser Dekade beide hoch gehandelt wurden und durch stabile und gute Leistungen auffielen. Bei beiden aber zeigt die Leistungskurve in den vergangenen Jahren allerdings nach unten, das letzte Jahr war sowohl für Zieler als auch für Horn eher durchwachsen. Die Hoffnung der Kölner Verantwortlichen, dass beide sich nun zu besseren Leistungen anspornen, wird ab September dann einem Realitätscheck unterzogen.

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