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Ehrentribüne

Viereinhalb Jahre Peter Stöger: Eine Legende tritt ab

Peter Stögers Zeit in Köln begann im Jahr 2013 in der zweiten Liga und endet im Dezember 2017 – wir schauen zurück auf die Amtszeit des Österreichers.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Von Anfang an: Stöger war ne kölsche Jung

Er absolvierte die Ochsentour bei allen Kölner Medienhäusern, um sich vorzustellen und die ersten Kontakte zu den wichtigen Leuten zu knüpfen. Denn was sich änderte im Gegensatz zu seiner Zeit bei der Wiener Austria, das war das Rampenlicht. Zusammen mit seiner langjährigen Freundin Ulrike Kriegler ließ sich der effzeh-Coach auf das Leben in Köln ein, trank hier mal ein Kölsch und fuhr gern mit der Straßenbahn in die Stadt. Als Verstärkung holte sich Stöger damals seinen Co-Trainer Manfred Schmid nach Köln, mit dem er bereits zuvor zusammen gearbeitet hatte. Bevor die Mannschaft dann ins Trainingslager nach, genau, Österreich startete, verpflichtete der effzeh mit Jörg Schmadtke einen neuen Geschäftsführer Sport – das “Schmöger”-Duo sollte den 1. FC Köln auf Jahre hin prägen.

Allgemein wird Stögers Art und Weise der Menschenführung in Erinnerung bleiben: Der Trainer sammelte beispielsweise direkt nach jedem Spiel seine Mannschaft im Kreis, sprach dort “kurz, prägnant und meist aufbauend” zu seinen Schützlingen, wie es Kevin Wimmer, mittlerweile bei Stoke City und ein erstes “Produkt” von Stöger beim effzeh, damals beschrieb. Auf diese Weise schaffte es Stöger zusammen mit seinen Mitstreitern, eine Kommunikationskultur innerhalb des Mannschaftskreises zu etablieren, die den Verein über Jahre hinweg stark machte – auch bei kleineren Krisen.

Die Entwicklung der kleinen Schritte: Der 1. FC Köln etabliert sich

Die Mission Wiederaufstieg gelang dabei im ersten Jahr problemlos, der effzeh sicherte sich in überlegener Manier den ersten Platz in der zweiten Bundesliga. Der fünfte Aufstieg der Vereinsgeschichte sollte damals das Ende der chaotischen Jahre sein, was auch gelingen sollte – zumindest bis Mitte des Jahres 2017. “Hier kann etwas Großes entstehen, wenn wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln”, sagte Stöger damals auf der Pressekonferenz nach dem Aufstieg. Der Weg der kleinen Schritte funktionierte in der Saison 2014/2015 blendend, als Stögers Truppe sich frühzeitig den Klassenerhalt sichern konnte. Spektakel gab es dabei selten zu sehen (häufigstes Ergebnis war damals ein 0:0), aber die Grundlage für die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren war gelegt.

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images)

Zwischendurch präsentierte sich der Kölner Trainer immer wieder als angenehmer Mensch, der auch in den stressigsten Situationen die Ruhe behielt – und mit fast stoischem Humor die Aufgeregtheiten des Geschäfts kommentierte. Einen Zwist mit dem damaligen Leverkusen-Trainer Roger Schmidt beendete Stöger mit den knappen Worten: “Man kann am Transfermarkt mit Leverkusens Möglichkeiten alles kaufen, aber Respekt nicht.” Der Umgang mit dem damals an einem Nierentumor erkrankten Neuzugang Philipp Hosiner zeigte ebenfalls, dass Stögers Umgang mit seinen Mitmenschen außergewöhnlich war und ist.

Peter Stöger: Mensch geblieben im aufgeregten Bundesliga-Geschäft

Auch Stögers Humor blieb in Erinnerung: Nach dem irregulären Handtor von Andreasen im September 2015 gewann Stöger den Preis für den “Fußballspruch des Jahres” der Deutschen Fußball-Akademie: “Ich habe dem Linienrichter meine Brille angeboten, doch auch das hat er nicht gesehen.” Für den Jahresrückblick des vereinseigenen TV-Kanals schlüpfte Stöger in die Rolle eines Büdchen-Besitzers und sorgte auch damit für die entsprechenden Lacher – auch, weil er sich selbst auf die Schippe nahm.

Der Sommer 2015 markierte endgültig den Beginn des Aufschwungs des 1. FC Köln, der fortan etwas offenisver zu Werke gehen wollte. Mit den Transfers Sörensen, Heintz, Bittencourt und Modeste wurde der Kern der Mannschaft um Horn, Hector, Maroh und Risse sinnvoll ergänzt, das Ergebnis war schlussendlich Platz neun – die beste Platzierung seit Ewigkeiten in Köln. Bereits damals sprach Vizepräsident Schumacher davon, dass Stöger so etwas werden solle wie der “Kölsche Arsène Wenger” – nach drei Jahren Peter Stöger, in denen alles reibungslos funktionierte, schien dies der Traum von allen effzeh-Fans zu sein. Stöger selbst hielt davon wenig, er ging nie davon aus, dass er eine ähnlich lange Zeit wie Wenger bei einem Verein bleiben würde.

Nach dem Meisterstück folgt der Absturz

Das Kölner Meisterstück gelang Stöger dann in der darauffolgenden Saison 2016/2017: Man profitierte von den Schwächen der Konkurrenz, hatte mit Anthony Modeste den überragenden Stürmer der vergangenen Jahre (außer Lewandowski und Aubameyang) in den eigenen Reihen und lief schlussendlich als Fünfter ein. Der 20. Mai 2017 markierte den schönsten Tag im Leben vieler effzeh-Fans. Peter Stöger war Architekt des größten Erfolgs seit Jahrzehnten.

Mit den Auftritten auf internationaler Bühne wähnten sich viele effzeh-Fans wieder in alten Zeiten, doch der Fall des effzeh sollte umso tiefer sein: Aus verschiedenen Gründen verlief die Saison 2017/2018 desaströs, der 1. FC Köln scheint bereits nach der Hinrunde abgestiegen – und Peter Stöger erliegt dennoch den Mühlen des Geschäfts.

Der Wiener wird in Erinnerung bleiben in Köln. Seine sportlichen Erfolge sprechen für sich, doch auch ansonsten hinterließ der Fußballlehrer Eindruck. Immer angenehm im Umgang, immer respektvoll und vor allen Dingen ruhig in diesem aufgeregten Geschäft. Selbst in den letzten Wochen der Krise stellte sich Stöger schützend vor seine Mannschaft und erst am Donnerstag war ihm in der Pressekonferenz anzumerken, wie sehr ihm die Situation naheging. Es ist schade, dass die beste Ausgangsposition des Vereins seit Ewigkeiten in so kurzer Zeit zerstört wurde.

Abschiedstränen auf Schalke

Bezeichnend ist, dass trotz der historisch schlechten Punkteausbeute viele Menschen im so unruhigen Kölner Umfeld noch immer am Österreicher festhalten wollten. Bezeichnend ist auch, dass nach dem Unentschieden auf Schalke angesichts der feststehenden Trennung Spieler des abgeschlagenen Tabellenletzten Tränen in den Augen hatten, weil ihr Trainer nun gehen sollte. Ein wohl nie dagewesenes Szenario, das Bände spricht.

Peter Stöger ist völlig zurecht ein Platz in der kölschen Ruhmeshalle neben Weisweiler und Daum gewiss. Uns bleibt nur zu sagen: Danke für alles, mach et jot, Pitter!

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