Die große Lücke, die Mark Uths Rückkehr zum FC Schalke 04 gerissen hat, konnte der 1. FC Köln nach langer Suche endlich schließen: Ondrej Duda ist der neue Spielmacher in der Offensive der “Geißböcke”, wechselt für knapp sieben Millionen Euro von Hertha BSC an den Rhein. Am Geißbockheim unterzeichnete der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler, der zuletzt an Norwich City ausgeliehen war, einen Vierjahresvertrag und könnte bereits am kommenden Samstag beim Bundesliga-Auftakt gegen Hoffenheim sein Debüt im FC-Dress geben.
Der slowakische Nationalspieler stößt nach einer für ihn eher enttäuschenden Saison zur Mannschaft von Trainer Markus Gisdol, soll nun aber eine entscheidende Rolle in den Angriffsbemühungen der Kölner übernehmen. Mit Hertha-Experte Marc Schwitzky, der als freier Journalist und Gründer des HerthaBASE-Magazins besten Einblick in die Geschehnisse bei der “Alten Dame” hat, sprechen wir über Dudas Zeit in Berlin, die von Höhen und Tiefen geprägt war, und was der Edeltechniker dem FC-Spiel zukünftig bringen kann.
Marc, Jhon Cordoba geht zur Hertha, dafür kommt neben einem gehörigen Batzen Geld auch Ondrej Duda zum 1. FC Köln. Ein Deal, mit dem alle Seiten leben können?
Ich glaube schon, ja. Cordoba hatte mit einem Wechsel geliebäugelt und der FC dringend Geld benötigt, um selber auf dem Transfermarkt aktiv werden zu können. Das ist die eine Seite. Auch für die andere stimmt es: Hertha brauchte einen weiteren Mittelstürmer und eben auch einen mit dem Profil Cordobas, zudem hat Duda zuletzt keine allzu große Rolle mehr in Berlin gespielt, sodass ein Wechsel zu einem Verein, der voll auf ihn zählen wird, absolut Sinn ergibt. Also eine Win-Win-Win-Win-Situation.
“2018/19 hat für Duda einfach alles gepasst – er ist endlich mal verletzungsfrei geblieben und das Spielsystem war sehr passend für ihn, sodass er all seine Stärken einbringen konnte.”
2018/19 war Duda absoluter Leistungsträger in Berlin, doch zuletzt lief es für den Slowaken bei der „Alten Dame“ nicht mehr. Was waren die Gründe, weshalb er bei Hertha BSC seit geraumer Zeit außen vor war?
In dieser Saison hat für Duda einfach alles gepasst – er ist endlich mal verletzungsfrei geblieben, hatte mit Salomon Kalou einen engen Freund an seiner Seite, der ihn gepusht hat und das Spielsystem war sehr passend für ihn, sodass er all seine Stärken einbringen konnte. Diese Welle hat er geritten. Danach wurde es, wie du richtig gesagt hast, schwieriger für ihn. Das hat mehrere Gründe: Im Sommer 2019 übernahm Ante Covic das Traineramt bei Hertha. Dieser setzte anfangs noch auf ihn, in den ersten fünf Spielen stand Duda immer in der Startelf, doch die Leistungen des Slowaken ließen wirklich zu wünschen übrig. Dass die Mannschaft große Probleme hatte, sich an die Idee von Covic zu gewöhnen, merkte man Duda besonders an. Er war wie ein Fremdkörper und hatte sein Mojo aus der Vorsaison verloren.
Er wurde daraufhin kaum noch eingesetzt, was man von außen angesichts der offensiven Ideenlosigkeit des Team zeitweise nicht verstehen konnte, aber Duda ist halt auch niemand, der sich dann aufdrängt, sondern eher den Kopf sinken lässt. Als Jürgen Klinsmann kam, war dann endgültig Schluss für Duda, der 49 Minuten unter ihm spielte und dann nach England verliehen wurde. Zum einen haben Duda die Trainerwechsel nicht gut getan – er hatte sich 18/19 endlich mit dem Dardai-Fußball arrangieren können – und zum anderen wird es ihm zugesetzt haben, dass Freund Kalou immer weiter abgesägt wurde. Er hat sich einfach nicht mehr wohl gefühlt und das ist bei Duda ein großes Problem.
In der vergangenen Rückrunde war er an Norwich City ausgeliehen. Hast du verfolgt, wie sich der Slowake dort gemacht hat?
Ein wenig, ja. Er kam zu einem Team, das bis zum Hals im Abstiegskampf steckte, was für einen Leihspieler, der im Winter kommt, natürlich alles andere als leicht ist. Dennoch war Duda sofort Stammkraft, er hat in seinen 13 Spielen für Norwich neunmal in der Startelf gestanden. Wirklich auf sich aufmerksam machen konnte er aber nicht, er war eher Mitläufer bei einer Mannschaft, die der zweiten Liga entgegentaumelte – nicht eine direkte Torbeteiligung hat er sammeln können. Das einzig Positive: Nach einer sehr schwierigen Hinrunde kam Duda endlich wieder zu regelmäßigen Einsätzen, das kann auch viel wert sein.
Welche Qualitäten bringt Duda denn überhaupt mit? Wo liegen seine Stärken, woran muss er arbeiten?
Duda ist ein recht klassischer Zehner. Er fordert den Ball und will das Spiel machen, was ihm aufgrund seiner starken Technik, Spielintelligenz und dem guten Auge auch gut gelingen kann. Er ist jedoch weniger jemand, der bereits in der eigenen Hälfte mit langen Bällen das Spiel aufzieht, sein Bereich ist das vorderste Angriffsdrittel, wo er Situationen auf engem Räum intelligent auflösen und selber torgefährlich werden kann. Hier ähnelt Duda eventuell Mark Uth ein wenig, da er auch oft den Abschluss sucht. In seiner stärksten Saison bei Hertha hat Duda sehr viele Tore aus dem Rückraum heraus gemacht, da hat er eine starke Orientierung.
“Mit Duda kriegt man alles andere als einen geradlinigen Spieler – das kann Vor- wie Nachteile haben. Er ist in der Lage, ein Spiel hochelegant zu prägen, jedoch gibt es auch immer wieder Partien, in denen er kaum auftaucht und alles an ihm vorbeiläuft.”
Zwar ist die Laufarbeit von Duda echt nicht zu unterschätzen, aber natürlich fehlt es ihm wie vielen seiner Zunft etwas an taktischer Disziplin. Mit Duda kriegt man alles andere als einen geradlinigen Spieler – das kann Vor- wie Nachteile haben. Er ist in der Lage, ein Spiel hochelegant zu prägen, jedoch gibt es auch immer wieder Partien, in denen er kaum auftaucht und alles an ihm vorbeiläuft. Duda lebt sehr stark von seiner Form und hat dementsprechend gute wie schlechte Tage. Er muss also konstanter werden und herausfinden, wie er dem Team auch bei schlechter Tagesform noch weiterhelfen kann, anstatt sich dann zu vergraben und seine Mannschaft gefühlt zu zehnt spielen zu lassen. Manchmal braucht er also eine größere Ernsthaftigkeit, den letzten Biss. Ob er das nach lernt, wage ich aber zu bezweifeln.
Duda gilt als Wohlfühlspieler, der den Rückhalt des Trainers benötigt, und brauchte auch etwas Anlaufzeit in Berlin. Glaubst du, er kommt im oft emotionalen Köln zurecht?
Dieser Einschätzung würde ich absolut zustimmen, das habe ich ja bereits weiter oben angemerkt. Als das Umfeld mit Spielern wie Kalou und Karim Rekik stimmte und Pal Dardai voll auf ihn setzte, ist Duda aufgeblüht – in der Zeit hat er auch seine Freundin kennengelernt, es hat also alles gestimmt. Ob er in Köln zurechtkommen wird, hängt also stark davon ab, wie schnell er sich seine Wohlfühloase bauen kann und ob es gleich mit Trainer Markus Gisdol flutscht. Das kann man im Voraus nur schwer beurteilen. Auch der sportliche Erfolg spielt da eine Rolle, denn wenn es für den FC schnell um den Abstiegskampf gehen sollte, wird Duda eher nicht derjenige sein, der vorangeht. Es gibt also viele Faktoren.
Seine Fähigkeiten auf dem Rasen haben wir bereits besprochen, doch was für ein Typ kommt da außerhalb des Platzes zum glorreichen FC?
Meine bisherige Einschätzung klingt wohl eine wenig so, als ob Köln mit Duda eine sehr schwierigen Spieler bekommen hätte. Das würde ich wiederum verneinen wollen. Mit Sicherheit ist Duda ein recht introvertierter und sensibler Mensch, der aber von dem gesamten Team gemocht wird. Medial kann er sich manchmal nicht ganz zurückhalten, aber Spitzen gegen Klinsmann seien wohl jedem aus Berlin verziehen. Gibt man ihm eine faire Chance, arbeitet er gut mit und fällt keinesfalls negativ auf. So hat er Trainer Bruno Labbadia eben dafür gelobt, sehr offene und respektvolle Gespräche mit ihm geführt und ihm seine Chancen aufgezeigt zu haben – das werden, wie wir durch den Wechsel nun wissen, nicht die allerrosigsten gewesen sein, aber ein guter Umgang ist Duda wichtig, um mitzuziehen. Und klar, besonders wenn es gut läuft, ist Duda ein sehr angenehmer Kerl.
Über unseren Interviewpartner: Marc Schwitzky begleitet die “Alte Dame” als freier Journalist (90PLUS, Tagesspiegel) und als Gründer des Hertha BASE-Magazins.