Am Mittwoch tritt der 1. FC Köln zu seiner jährlichen Mitgliederversammlung zusammen. Ab 18 Uhr befassen sich die Mitglieder mit acht Tagesordnungspunkten: Neben der Wahl der Wahlkommission und den obligatorischen Jahresberichten von Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat, stehen auch wieder Satzungsänderungsträge zur Wahl. Erstmals hat der Verein im Vorfeld der Mitgliederversammlung zu Satzungsforen eingeladen. Mitglieder konnten dort ihre Ideen für mögliche Änderungsanträge vorstellen. Einige der dort geäußerten Ideen und Vorschläge wurden von Vorstand und Mitgliederrat in Änderungsanträge überführt, die nun zur Abstimmung stehen. Aber nicht alle dort vorgebrachten Ideen sind in einem Änderungsantrag durch Vorstand und Mitgliederrat gemündet. So auch die Idee des langjährigen FC-Mitglieds Victor Robertz, der sich dennoch dazu entschloss, seinen Antrag einzureichen. Wir haben ihn für euch gefragt, was es mit seinem Antrag auf sich hat.
Hallo Victor, schön, dass du dir Zeit für uns nimmst. Stell dich unserer Leserschaft doch kurz vor:
Victor: Vielen Dank erstmal, dass ich hier die Gelegenheit bekomme, den Satzungsänderungsantrag vorzustellen. Ich bin Victor Robertz, 30 Jahre alt und gebürtiger Kölner und FC-Fan seit ich denken kann. Mein erstes Spiel habe ich damals 2001 gegen den BVB noch im alten Müngersdorfer Stadion gesehen. 2005 habe ich dann meine Heimdauerkarte auf der Osttribüne im Block O7 des dann neuen Müngersdorfer Stadions bekommen. Und seit 2014 bin ich auch stolzer Besitzer einer Auswärtsdauerkarte. Neben meinem Fan-Dasein beim FC bin ich hier in Köln als Rechtsanwalt im Gesellschaftsrecht tätig.
Du hast einen Satzungsänderungsantrag eingereicht, über den die Mitglieder am Mittwoch abstimmen werden. Was genau ist der Inhalt deines Antrags?
Technisch betrachtet enthält mein Antrag lediglich die Streichung der sogenannten Notverkaufsklausel. Im Übrigen bleibt die Satzung unverändert.
Was bedeutet das konkret?
Vereinfacht gesprochen kann der Vorstand gemäß unserer aktuellen Satzung noch bis zu 12,5 Prozent der Anteile an den ausgegliederten Beteiligungsgesellschaften des FC verkaufen, ohne dass er zuvor die Zustimmung der Mitgliederversammlung einholen müsste. Voraussetzung dafür ist, dass eine “wirtschaftliche Notlage“ besteht, der Mitgliederrat zustimmt und der Beirat zuvor angehört wurde. Die von mir zur Abstimmung gestellte Satzungsänderung zielt also darauf ab, jeden Anteilsverkauf, bereits ab dem ersten Prozent, dem Zustimmungserfordernis der Mitgliederversammlung zu unterwerfen. Nur dann, wenn die Mitgliederversammlung als das höchste Organ unseres Vereins über die Frage eines Anteilsverkaufs entscheiden darf, können wir wirklich von einem mitgliedergeführten Verein sprechen.
Wenn wir den Weg eines mitgliedergeführten Vereins konsequent gehen möchten, dann müssen und sollten wir die Entscheidung über den Verkauf von Anteilen ausschließlich und ohne Hintertür in die Hände von uns Mitgliedern legen! -Victor Robertz
Was genau ist denn dann eine “wirtschaftliche Notlage”?
Die Satzung spricht davon, dass „ein umgehendes Handeln des Vorstands erforderlich ist, um einen drohenden schweren wirtschaftlichen Schaden vom Verein und/oder seinen Beteiligungsgesellschaften abzuwenden“. Eine nähere Definition liefert die Satzung dafür nicht, der Begriff eines „drohenden schweren wirtschaftlichen Schaden“ bleibt schwammig. Ist damit nur die Abwendung einer möglicherweise drohenden Insolvenz einer der Beteiligungsgesellschaften gemeint? Oder setzt der Begriff des „schweren wirtschaftlichen Schaden“ schon vorher an? Die Satzung schweigt hierzu.
Und auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit eines „umgehenden Handelns des Vorstands“ ist die Satzung aktuell noch nicht bestimmt genug. Die „Klarstellung“, dass ein „umgehendes Handeln nicht erforderlich sei, wenn eine Mitgliederversammlung unter Berücksichtigung einer angemessenen Vorbereitungszeit rechtzeitig stattfinden kann“ hilft uns hier nur bedingt weiter. Welche Vorbereitungszeit ist angemessen? Die üblicherweise benötigte Vorbereitungszeit für die Einberufung unserer jährlichen, ordentlichen Mitgliederversammlung? Oder darf man in einer solchen Ausnahmesituation (einer wirtschaftlichen Notlage) erwarten, dass die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in einer kürzeren Zeit vorbereitet werden kann?
All das sind erhebliche Unsicherheiten, die ich bei einer solch existenziellen Frage für unseren Verein, wie es der Verkauf von Anteilen ist, gerne vermeiden würde.
Was ist denn das Hauptanliegen, das du mit der Streichung der Klausel erreichen willst?
Durch die am Mittwoch zur Abstimmung gestellte Satzungsänderung können wir die Entscheidungskompetenz über den Verkauf von Anteilen wieder zurück in die Hände von uns Mitgliedern legen. Unser Präsident hat es in seinem Bewerbungsvideo für die Mitgliederversammlung noch einmal sehr schön auf den Punkt gebracht: „Der FC ist nicht nur euer Verein, er gehört euch auch“! Dem kann ich mich nur anschließen, und ich finde, dass wir dann auch so konsequent sein sollten und die Eigentümerrechte zurück in die Hände von uns Mitgliedern legen sollten. Das stärkste und wesentliche Recht eines Eigentümers ist es, über die Frage eines Verkaufs von Anteilen selbst zu entscheiden. Dieses Recht billigt uns unsere aktuelle Satzung – aufgrund der Notverkaufsklausel – so nicht zu.
Dein Antrag hat ein markantes Alleinstellungsmerkmal. Du stellst den einzigen Antrag auf dieser MV, der nicht vom Mitgliederrat und oder dem Vorstand eingebracht wird. Kannst du dir vorstellen, woran das liegt?
Sowohl Vorstand als auch Mitgliederrat betonen beide gerne und oft, dass der FC ein „mitgliedergeführter Verein“ sei und dass wir stolz darauf sein können. Der Vorstand hat den „mitgliedergeführten Verein“ bei seiner letzten Wahl in den Mittelpunkt seiner Kandidatur gestellt. Ebenso einige der amtierenden Mitgliederräte.
Wir sind in den vergangenen Jahren bereits einige Schritte hin zu einem mitgliedergeführten Verein gegangen. Wenn wir diesen Weg konsequent gehen wollen, dann sollten wir die Frage von Anteilsverkäufen bedingungslos in die Hände von uns Mitgliedern legen. Es gibt als wahrhaft mitgliedergeführter Verein keinen Grund dies nicht zu tun. Ich bin gespannt, wie sich Vorstand und Mitgliederrat am Mittwoch zu dem von mir eingebrachten Satzungsänderungsantrag äußern werden.
Ein vorheriges Zustimmungserfordernis von uns Mitgliedern kann – per se – jedenfalls niemals ein Hindernis für einen Anteilsverkauf darstellen. Es wird erst dann zu einem Hindernis, wenn wir uns gegen einen Anteilsverkauf entscheiden. – Victor Robertz
Es geht also “nur” darum, die Mitglieder als Souverän des Vereins vorher zu fragen und so einzubinden? Lähmt das den Verein in so einer prekären Situation nicht zusätzlich?
Nein, mir ist es total wichtig noch einmal zu betonen, dass unser Verein auch nach dieser Satzungsänderung absolut handlungsfähig bleibt. Die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung bedarf einer kürzeren Vorbereitungszeit als sie eine so umfassende Transaktion bedürfen würde. Wie lange sich eine solche Transaktion zieht, konnten wir am Beispiel von Hertha BSC zuletzt wieder sehen.
Die Einholung der Zustimmung der Mitgliederversammlung ist vor einem solchen Verkauf von Anteilen immer möglich. In dem Zeitpunkt, in dem ich das erste Mal rausgehe, um mich auf die Suche nach potenziellen Investoren zu begeben, wird auch die Einberufung und Abhaltung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung noch möglich sein. Nur dann, wenn ich bereits vorher erste Vorbereitungsmaßnahmen getroffen habe, indem ich beispielsweise schon erste, lose Gespräche mit potenziellen Investoren geführt habe, ohne dass ich zu diesem Zeitpunkt schon ernste Absichten zum Verkauf von Anteilen haben müsste, ist es denkbar, eine solche Transaktion abschließen zu können, bevor ich aus Zeitgründen die Zustimmung der Mitgliederversammlung einholen kann.
Unsere Satzung stellt dabei den Werkzeugkasten für einen amtierenden Vorstand dar: Wenn wir einem zukünftigen Vorstand dort die Möglichkeit eines Anteilsverkaufs ohne unsere vorherige Zustimmung geben, dann wird dieser von dem Werkzeug im Zweifel auch Gebrauch machen.
Wir können uns am Mittwoch dazu entscheiden, einem zukünftigen Vorstand ein solches Werkzeug gar nicht erst in die Hand zu geben. Ein amtierender Vorstand wäre dadurch gezwungen, uns Mitglieder bereits dann in einen gegebenenfalls einmal geplanten Anteilsverkauf einzubinden, wenn die erste lose Idee eines Anteilsverkaufs aufkommt. Er wäre gezwungen, bereits ab den ersten Anzeichen von möglichen Liquiditätsengpässen eine vorherige Zustimmung einzuholen, wenn er diese möglicherweise durch einen Anteilsverkauf auffangen möchte.
Ein vorheriges Zustimmungserfordernis von uns Mitgliedern kann – per se – jedenfalls niemals ein Hindernis für einen Anteilsverkauf darstellen. Es wird erst dann zu einem Hindernis, wenn wir uns gegen einen Anteilsverkauf entscheiden.
Dein Antrag klingt nach einer Fortführung des auch vom aktuellen Vorstand eingeschlagenen Wegs…
Ja, denn wenn wir den Weg eines mitgliedergeführten Vereins konsequent gehen möchten, dann müssen und sollten wir die Entscheidung über den Verkauf von Anteilen ausschließlich und ohne Hintertür in die Hände von uns Mitgliedern legen!
Danke Victor. Willst du abschließend einen Aufruf an die Leserschaft und die FC-Familie richten?
Sehr gerne! Liebe FC-Fans: Lasst uns am Mittwoch zeigen, dass wir über eine starke und engagierte Mitgliedschaft verfügen. Lasst uns diese existenzielle Frage gemeinsam am Mittwoch diskutieren und den bereits eingeschlagenen Weg eines mitgliedergeführten Vereins konsequent weitergehen. Ich bitte euch daher, am Mittwoch zahlreich zur MV zu kommen und für den von mir vorgeschlagenen Änderungsantrag zu stimmen!