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Nachspiel

Mehr Podolski wagen

Der effzeh kommt beim SV Darmstadt nicht über ein torloses Unentschieden hinaus. Da wünscht man sich doch manchmal die Kaltschnäuzigkeit eines Podolskis zurück. Unser Nachspiel.

Foto-Credits: Dirk Unschuld
Foto-Credits: Dirk Unschuld

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Zum Auftakt des 14.Spieltags holt der effzeh einen weiteren Punkt in Darmstadt. Warum mit etwas mehr Podolski der Sieg drin gewesen wäre, erklärt unser Nachspiel.

Darmstadt, Flutlicht, Freitagabend. Hier und da ein bisschen Nebel, Temperaturen rund um den Gefrierpunkt. Ein Stadion, dessen leicht morbider Charme Fußballromantikern das Herz in die Höhe springen lässt. Unüberdachter Gästebereich, Ehrenämtler, die dafür sorgen, dass das Hochglanzprodukt Bundesliga hier einigermaßen störungsfrei ablaufen kann. Dazu zwei Mannschaften, deren vorrangiges Saisonziel darin besteht, so früh wie möglich 35 Punkte zu erreichen. Zugegeben, wer da ein großes Spektakel erwartet hätte, schaut wohl sonst nur Messi, Suarez und Neymar bei der Arbeit zu. Trotzdem war es für die mitreisenden effzeh-Fans eines dieser Spiele, von dem man schon Wochen vorher erzählt, Darmstadt in der Bundesliga, was für eine Geschichte.

Im Gegensatz zum letzten Aufeinandertreffen der beiden Teams in der Bundesliga anno domini 1982, welche das damalige Spitzenteam aus der Domstadt mit 4:2 für sich entschied, war der Unterschied zwischen beiden Mannschaften tabellarisch in diesem Jahr nicht allzu groß und dennoch hätte der effzeh es schaffen können, mit einem Sieg auf einen europäischen Startplatz zu springen. Dass man es nicht verdient hätte, auf einem solchen zu stehen, zeigte die Partie in Darmstadt, welche (für einige wenig überraschenderweise) mit einem torlosen Unentschieden enden sollte. Wäre man ein Spitzenteam, hätte man in den vorherigen Partien beispielsweise gegen Hannover und Hoffenheim locker-flockig den Gegner in Adiletten aus dem Stadion geschossen.

Bald jubeln sie wieder... Foto-Credits: Dirk Unschuld

Bald jubeln sie wieder…
Foto-Credits: Dirk Unschuld

Überbordende Erwartungshaltung ist ja in Köln bekanntermaßen immer ein Thema und wir tun gut daran, dass wir nach wie vor Schritt für Schritt dahingehend machen, den effzeh weiter in der Bundesliga zu etablieren – Fans wie Verantwortliche. Dass zu diesem Prozess auch mal wieder ein 0:0 der schlechteren Sorte in Darmstadt gehört, sorgt naturgemäß nicht für Begeisterungsstürme des rot-weißen Lagers, ist aber in der Form einfach folgerichtig. Natürlich war der effzeh näher dran, dass Spiel in Darmstadt zu gewinnen, doch es zeigten sich wiederholt Schwächen auf, die eine bessere Platzierung der Mannschaft verhindern.

Da wäre zum einen die Tatsache, dass sich der effzeh phasenweise an die Spielweise des Gegners anpasste und munter die Bälle hin und her bolzte. Das wäre ja an sich nicht so schlimm, wenn man nicht in mehreren Szenen gesehen hätte, dass flache, vertikale Bälle, mit denen eine Darmstädter Verteidigungslinie überspielt wurden, die meiste Gefahr heraufbeschworen hatten. Sich an die Gegebenheiten in Darmstadt anzupassen war sicherlich hinsichtlich Platzzustand und Drumherum erforderlich, doch während des Spiels wäre es höchstwahrscheinlich erfolgsversprechender gewesen, wenn man sich noch mehr auf die eigenen Qualitäten besonnen hätte. Mit zunehmender Spieldauer im ersten Durchgang konnte man diese unter Beweis stellen, als Risse aus aussichtsreicher Position das Tor verfehlte (15.), Yannick Gerhardt im Strafraum den Ball nicht aufs Tor brachte (20.), Mathenia einen Flachschuss von Matze Lehmann überragend parierte (24.) und schließlich Osako an einer guten Flanke Leo Bittencourts vorbeiflog (32.). Dass Anthony Modeste momentan ein wenig die Selbstverständlichkeit im Abschluss abgeht, zeigte er in zwei aufeinanderfolgenden Szenen in Minute 37 und 39, als er in aussichtsreichen Positionen den Ball nicht traf. Eine Führung zu diesem Zeitpunkt hätte die Aufgabe um ein Vielfaches leichter gemacht, da das Auftreten des effzeh in dieser Phase durchaus ansprechend war. Die angesprochenen flachen Pässe sorgten für gute Ballbesitzmomente, einzig die letzte Aktion passte nicht, womit wir beim zweiten großen Problem dieses Spiels wären.

Die beiden größten Tormöglichkeiten des effzeh im zweiten Durchgang wurden zwar vernünftig herausgespielt, allerdings fehlte im Abschluss die Klarheit. Jojic setzte sich direkt nach seiner Einwechslung für Osako gut durch und man hoffte schon darauf, dass er endlich mal an einem (wichtigen) Tor beteiligt sein würde – doch auch er kam nicht wirklich zum Abschluss. Der Rebound fiel Simon Zoller vor die Füße, der das Unmögliche probierte und per Hacke abzuschließen versuchte, obwohl eine Ablage auf Modeste wahrscheinlich die bessere Entscheidung gewesen wäre. Zurecht echauffierte sich Stöger nach Spielende im Interview mit der familienfreundlichen TV-Anstalt Sky über diese Aktion, denn einen Abschluss à la Rabah Madjer kann man entweder machen, wenn man Rabah Madjer heißt oder bereits 4:0 führt.

Doch auch die Darmstädter kamen zu Möglichkeiten, die sie jedoch auf andere Art und Weise erspielten: das Muster der langen Bälle und der englische Stil konnten auch dieser Partie bewundert werden. Dass dies mindestens genauso effektiv wie die optisch ansprechendere Spielweise des effzeh hätte sein können, zeigten die beiden Abschlüsse von Rosenthal und die Direktabnahme von Sandro Wagner, der als Zielspieler der Darmstädter fast mehr Zeit in der Luft verbrachte als auf dem Boden.

Gegen Ende der Partie hoffte man noch verzweifelt auf den Lucky Punch, welcher sich allerdings nicht einstellen sollte. Unter dem Strich steht also ein weiteres torloses Unentschieden, in dem der effzeh einiges richtig, aber auch vieles falsch gemacht hat. Ein wenig mehr podolskihafte Stringenz im Abschluss und man hätte das Spiel gewonnen. Einfach draufhalten, ohne sich groß Gedanken zu machen.

Für den effzeh dauert der Entwicklungsprozess jedoch an und es ist wohltuend zu wissen, dass die Hälfte der notwendigen Punkte (vielleicht sogar bereits etwas mehr) schon vor dem Monat Dezember eingefahren wurde. Vergangene Saison überschritt der effzeh die 20-Punkte-Marke Ende Januar. Ein Blick in die letzte Abstiegssaison zeigt jedoch auch, dass diese Statistik wie so viele nichtig sein kann – 2012 stieg der effzeh ab, obwohl man bereits im Dezember 21 Punkte erreicht hatte.

Man kann es also drehen und wenden, wie man will, der effzeh ist nach wie vor auf einem guten Weg und es braucht weiterhin Geduld und Ruhe, um sich davon nicht abbringen zu lassen. Dass die kritischen Stimmen nach immerhin vier Spielen ohne Niederlage trotzdem zu vernehmen sind, deute ich mal als Wohlstandskritik.

Apropos Chancenverwertung: effzeh-Legende Deyverson scheint aus seinem halben Jahr beim geilsten Klub der Welt einiges mitgenommen zu haben.

https://twitter.com/therealfanatix/status/670528023918190592

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