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Ehrentribüne

Lebenswege beim 1. FC Köln: Stefan Oventrop – oder ganz einfach: Ove

Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Stefan Oventrop, der die Schuhe noch nicht an den Nagel gehangen, aber beruflich einen äußerst interessanten Weg eingeschlagen hat.

Stefan Oventrop heute | Foto: Inka Englisch

Oventrop kommt erst in drei der letzten vier Oberligaspielen von Beginn an zum Einsatz, zu dem Zeitpunkt ist aber schon klar, dass er den Verein verlasssen wird . „Der Bonner SC hatte mir ein Angebot gemacht. Der Verein wollte in der Saison 2007/2008 aus der Oberliga aufsteigen und hatte enorm investiert“, sagt er.“  Damalige Zweitligaspieler wie Hilko Ristau von Rot-Weiß Essen und Dirk Caspers von Alemannia Aachen sowie erfahrene Kicker wie Adama Niang, Mirhudin Kacar und Orhan Özkaya bilden das Gerüst eines nominell starken Teams.

Wieder muss Stefan Oventrop erfahren, dass in der Oberliga Erfahrung und körperliche Robustheit jugendlichem Elan und technischem Können vorgezogen werden und kommt nur auf 18 Einsätze. Im Spiel gegen Germania Dattenfeld wird er als rechter Außenverteidiger eingesetzt und beeindruckt den Co-Trainer von Alemannia Aachen II, Franz Stolz, so sehr, dass die Kaiserstädter ihm einen Zweijahresvertrag für ihre Zweitvertretung anbieten.

Zwei Jahre in der Kaiserstadt

Die erste Mannschaft der Alemannia spielt 2008/2009 in der 2. Liga und strebt den Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga an. „Ich unterschrieb, da das für mich die Chance war, noch einmal an einer Profikarriere zu schnuppern“, erklärt der ehemalige FC’ler. Er will jedoch nicht alles auf die Karte ‚Fußball‘ setzen und  absolviert in der Zeit bei der Alemannia eine zweijährige Ausbildung zum Bürokaufmann bei der Sporthopädie Wallenborn.

Auch fußballerisch fängt die Zeit in Aachen gut an. In seinem ersten Spiel, das mit einem 6:1-Sieg gegen Jugendsport Wenau endet,  erzielt Oventrop die ersten beiden Tore – jeweils aus der Distanz. „Als 10-Jähriger war ich Fan vom BVB, besonders Lars Ricken hatte es mir angetan“, erinnert er sich. „Als er im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin eingewechselt wurde und den Juve-Keeper Peruzzi mit einer Bogenlampe aus 30 Metern zum entscheidenden 3:1 überlupfte, spornte mich das an, es ihm nachzutun. Das hat auch wirklich einige Male geklappt.“

AACHEN, GERMANY - AUGUST 08: Marco Hoeger of Aachen celebrates with the fans after winning 2-0 the Derby Cup 2010 match between Alemannia Aachen and Bayer Leverkusen at the Tivoli Stadium on August 8, 2010 in Aachen, Germany. (Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Oventrops Wegbegleiter in Aachen: Marco Höger, heute Vizekapitän des 1. FC Köln | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Das 3:0 bei dem 6:1-Sieg in Wenau erzielt der 18-jährige Marco Höger. „Marco war schon damals ein technisch überragender Spieler, der zudem den Ball im Zweikampf hervorragend abschirmen konnte“, sagt Oventrop. „Allerdings wirkte er nicht ganz austrainiert. Nach der Saison 2008/2009 bekam er einen gesonderten Trainings- und Ernährungsplan, den er auch entsprechend befolgte, und startete danach richtig durch.“

Von der Alemannia zum SC Brühl

Auch heute hat „Ove“ noch Kontakt zum jetzigen Vizekapitän des 1.FC Köln. „Er hat vor allem mit Schalke einiges erreicht, hat international gespielt und ist trotzdem ein absolut geerdeter Typ geblieben, der weiß, wo seine Wurzeln sind“, berichtet er. „In seiner ersten Champions-League-Saison bei Schalke hat er zu Silvester einen großen Saal in der Nähe des Doms gemietet und ein tolles Fest veranstaltet für 150 Gäste, alte Schulfreunde, ehemalige Mannschaftskameraden, Weggefährten und Freunde von früher.“

In der zweiten Saison in Aachen holt Oventrop wieder das Verletzungspech ein, eine Innenmeniskusverletzung und ein Bänderriss im Knöchel tragen dazu bei, dass er nur auf 17 Saisonspiele kommt. Zudem versteht Trainer Eric van der Luer die Zweitvertretung der Alemannia als Talentschmiede und setzt vor allem auf Spieler, die jünger sind als der inzwischen 23-jährige Ex-FC’ler.

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So verlässt Oventrop Aachen 2010 und schließt sich dem damaligen Verbandsligisten SC Brühl an. Vor allem aber trifft er eine lebensverändernde Entscheidung,  er macht sich selbstständig. „Ich habe erkannt, dass ich im Profifußball keine Karriere mehr machen werde“, sagt er. „Deswegen habe ich mich umorientiert und habe nach der abgeschlossenen Ausbildung zum Bürokaufmann eine  Weiterbildung zum Versicherungsfachmann absolviert. Dies war der Beginn eines Zeitraums von  sieben Jahren, in denen ich selbstständig in der Finanz- und Versicherungsbranche tätig war.

Zurück zu den Wurzeln

Das Jahr in Brühl ist fordernd: Tagsüber arbeitet er in dieser Zeit als Finanzberater, fährt danach zum Training und arbeitet nachts am Kölner Flughafen bei UPS, um sozialversichert zu sein. Nach einem Jahr wechselt Oventrop dann zu Deutz 05 und gibt damit dem jahrelangen Werben seines Heimatvereins nach. „Ich hatte den Verantwortlichen gesagt, dass ich zurückkomme, wenn sie in die Landesliga aufsteigen und einen Kunstrasenplatz anlegen würden“, berichtet er. „Der Aufstieg wurde geschafft, der Kunstrasenplatz wurde aber erst zur Rückrunde fertig.“

Die Folge war, dass die Hinrundenheimspiele auf einem Aschenplatz gespielt werden mussten. „Die Kickerei auf diesem Untergrund und meine Vorstellungen von Fußball waren nicht vereinbar“, erklärt Oventrop. „Ich habe auch mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten. Das habe ich nie getan, wenn ich von etwas überzeugt war. Deshalb galt ich bei vielen Trainern als schwieriger Charakter.“

Ich habe auch mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten. Das habe ich nie getan, wenn ich von etwas überzeugt war.

Nach fünf Spielen der Saison 2011/2012 hört Stefan Oventrop zum ersten Mal mit dem wettkampfmäßigen Fußball auf. „Die Bolzerei auf Asche war einfach nicht meins“, sagt er. „Zudem war ich zeitlich durch meine Versicherungsagentur sehr eingespannt und reiste oft in Sachen Finanzen und Versicherungen durch ganz Deutschland.“ Gelegentlich spielt er den kommenden drei Jahren in der zweiten oder dritten Mannschaft der Deutzer, wenn im Team seines Bruders der elfte Mann fehlt oder die alten Kumpels ihn „bequatschen“.

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