Um die Auswahl der für den FC in Frage kommenden Spieler effektiver zu gestalten, waren zwei Dinge neu: Zum einen hatte ich mit Hilfe der Regionalberichterstattung des Kicker ein Punktesystem entwickelt, das folgendermaßen funktionierte: In den Mannschaftsaufstellungen waren die Spieler fettgedruckt, die in der betreffenden Partie eine gute Leistung gezeigt hatten.
Dies wurde entsprechend von uns bepunktet, wobei eine zusätzliche Nennung eines dieser Spieler im Spielbericht mit einem weiteren Punkt belohnt wurde. So entstand ein Pool von interessanten Spielern aus den Regionalligen West, Südwest, Nord, Süd und Nordost.
Dies ergänzten wir dadurch, dass wir in allen Regionen Deutschlands nebenamtliche Scouts rekrutierten, die auf Honorarbasis arbeiteten. Ein Beispiel: Beim Lüneburger SK, einem Verein aus der Regionalliga Nord, arbeitete damals Manni Nitschke als Trainer. Für einen bestimmten Betrag hat er hat für uns dort interessierte Spieler gescoutet und uns einen standardisierten Bericht geschrieben.
Live-Scouting mit Joti Stamotopoulos und Ewald Lienen (Foto: privat)
Wir haben zu diesem Zweck einen Beobachtungsbogen ausgearbeitet, der nach Kriterien wie z.B. Schnelligkeit, Spielverständnis, Kopfballspiel und Zweikampfverhalten strukturiert war. So entstanden damals die Anfänge einer systematisierten Datenbank für das Scouting im Nachwuchsbereich bis hin den FC-Amateuren, die Jupp Kijak für uns auf Access-Basis programmiert hat.
Wie haben die Verantwortlichen auf diesen bis dahin in Köln ungewohnten Ansatz des Scoutings reagiert?
Durchaus unterschiedlich. Immer wenn der damalige Präsident, Claus Hartmann, mich mit dem Laptop unter dem Arm sah, fragte er frotzelnd: „Na, suchen Sie wieder nach neuen Spielern mit dem Computer?“ Worauf ich ihm dann entgegnete, dass ich neue Spieler mit den Augen suchen würde. Dagegen zeigten Wolfgang Loos und Bernd Cullmann als Geschäftsführer und Manager des FC ein großes Interesse an unserem Ansatz, ebenso Trainer Peter Neururer.
In der Zeit haben wir von der Nachwuchsabteilung Scoutingsitzungen abgehalten, an denen auch der jeweilige Profitrainer teilnahm. Und mit der Zeit wuchs die Datenbank und auch die Anzahl der Regionalscouts. Ich kann mich erinnern, dass wir damals in Sachsen nur sehr dünn vertreten waren. Ralf Hauptmann brachte mich auf die Idee, seinen Vater anzusprechen, der damals als Trainer in Riesa arbeitete. Er hat dann für uns jede Woche in den Oberligaspielen seiner Mannschaft auch die Augen für interessante Spieler offengehalten.
Neben den Regionen Deutschlands muss dann ja auch irgendwann das Ausland in den Blick genommen worden sein. Auf welche Weise geschah dies?
Dazu muss man wissen, dass bewegte Bilder aus ausländischen Ligen damals im deutschen Fernsehen eher selten gezeigt wurden. Um also unser Scouting auf europäische Nachbarländer auszuweiten, mussten wir jemanden in dem betreffenden Land finden, der uns Bildmaterial zusammenstellte.
Für die belgische Liga z.B. haben wir damals mit Jean-Claude Poensgen einen deutschsprachigen Fussballinteressierten gefunden, der uns Videoausschnitte von Spielen der belgischen Liga zusammengestellt hat. Zu Wochenbeginn bekam ich dann von ihm einen großen Karton mit zehn, zwölf Videocassetten zugeschickt, die wir dann ausgewertet haben. Wie der Zufall es wollte, arbeitete Jean-Claude übrigens wieder eine Zeit für mich bei der KAS Eupen.
Später haben wir dann acht oder neun Schüsseln auf dem Dach des Geißbockheims anbringen lassen, mit denen wir europäische Fernsehsender empfangen und uns Spiele dort anschauen konnten. Sogar Partien der brasilianischen Ligen konnten wir damit verfolgen.
Ich habe dann immer mehr für die Profiabteilung gearbeitet. Und da gab es eine Reihe von Spielern, deren Verpflichtung ich durch meine Spielbeobachtungen unterstützt habe wie Jonas Hector, Christian Timm, Moses Sichone, Milivoje Novakovic, Anthony Ujah und Patrick Helmes, um nur einige zu nennen.
Mit Herbert Zimmermann und Heinz Hornig arbeitete Marti lange Zeit im Scouting des 1. FC Köln (Foto: Christof Koepsel/Getty Images for DFB)
So wuchs mit der Zeit auch unser Scoutingteam weiter, Herbert Zimmermann kam zu uns und war für Südamerika zuständig. Leverkusen war dort sehr erfolgreich, also vereinbarten wir, dort auch zu scouten. Da „Zimbo“ nicht die ganze Zeit durch Südamerika reisen konnte, übernahm er auch andere Scoutingtätigkeiten hier.
Heinz Hornig scoutete für uns in bestimmten Bereichen, vor allem auch in Belgien. Mittlerweile ist er über 80 und hat noch eine lange Zeit für das NLZ gearbeitet. Mit Heinz verbinden mich schöne Erinnerungen, wir rufen uns immer wieder gegenseitig an, ich schätze seinen Rat, seine Erfahrung und seine Freundschaft sehr.
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