Der 1. FC Köln nimmt bei seinem 13tägigen Aufenthalt in Santiago de Chile an einem Turnier teil, das nach einem 4:1-Endspielsieg gegen Lausanne Sports gewonnen wird. Marco Weller ersetzt in den letzten 13 Minuten Mittelfeldstar Dorinel Munteau und darf den Siegerpokal mit hochstemmen, merkt aber selber, dass sein Körper den Anstrengungen der vorigen Reha-Phasen nun Tribut zollen muss. So verwundert es nicht, dass Bernd Schuster von Wellers Leistungen wenig erbaut ist. Dessen Verhältnis zum Trainer kühlt in der Folgezeit merklich ab. „Als ich nach der Winterpause zur U21-Nationalelf eingeladen wurde, wollte er mich nicht fahren lassen“, erläutert Weller. „Er sagte, dass ich mir die Einladung nicht verdient hätte. Erst nach einem Telefonat mit DFB-Trainer Hannes Löhr bekam ich dann grünes Licht.“
Im Einsatz für die Amateure – Ende seiner Zeit beim FC
Die Erklärung dafür, warum Schuster wie auch einige andere Trainer daran Zweifel gehegt haben mögen, dass Wellers zahlreiche Ausfallzeiten nicht immer nötig gewesen wären, fand er viele Jahre später heraus. „Ein Freund zeigte mir ein Video von einem Hallenturnier in Krefeld, an dem ich mit der Traditionself teilgenommen hatte,“ erzählt er. „Ich hatte zu dem Zeitpunkt erhebliche Knieprobleme und habe schnelle Drehungen und Zweikämpfe weitgehend vermieden. Ich war daher erstaunt, als ich auf dem Video sah, wie rund ich lief und wie flüssig ich mich bewegte, von den Einschränkungen durch meine Knieschmerzen war nichts zu sehen.“ Er hält kurz inne. „Deshalb muss es für Trainer wie Neururer und Schuster im Training den Anschein gehabt haben, dass mir nichts fehlte und ich aufgrund dessen einiges mehr hätte leisten können. Lediglich Co-Trainer Günter Güttler ist es aufgefallen, dass ich nicht rund lief und dass irgendwas passieren musste.“
Der direkte Wiederaufstieg des 1. FC Köln ist inzwischen in weite Ferne gerückt, die zweite Mannschaft der Kölner ist allerdings in der Oberliga Nordrhein in arge Abstiegsnöte geraten. Schuster schickt Marco Weller zusammen mit seinen Mitspielern Stephan Glaser und Claudio Marasa runter zu den Amateuren, um das dortige Team zu verstärken und den Klassenerhalt doch noch zu sichern. Dies gelingt schneller als gedacht, ab April trainiert Weller wieder mit den Profis. Bernd Schuster sind die ansprechenden Auftritte des jungen Mittelfeldspielers bei den Amateuren nicht verborgen geblieben und möchte ihm eine neue Chance geben, im vorletzten Spiel der Saison beim Karlsruhe SC. „Vorher sollte ich noch mit den Amateuren gegen Straelen spielen, um für das Spiel beim KSC bereit zu sein“, erzählt Weller. „Mich plagten zu der Zeit wieder Knieprobleme und ich hatte deswegen eine kurze Zündschnur. Eins kam zum anderen, ich beging ein Frustfoul und sah die Rote Karte. Nichts war es mit dem Einsatz gegen den KSC, die Saison war für mich vorbei.“
„Ich hatte ein langes Gespräch mit Hannes Löhr, der mir zu einer Luftveränderung riet, weil es in meinem Alter und nach so langer Verletzungspause wichtig sei, Spielpraxis zu sammeln.”
Nicht nur das. Sein Vertrag läuft aus, der Verein ist nach wie vor von seinem großen Potenzial überzeugt und will verlängern, auch Ewald Lienen, der das Traineramt in der Folgesaison übernimmt, möchte Marco Weller halten. Der hat sich aber bereits anders entschieden. „Ich hatte ein langes Gespräch mit Hannes Löhr, der mir zu einer Luftveränderung riet, weil es in meinem Alter und nach so langer Verletzungspause wichtig sei, Spielpraxis zu sammeln,“ berichtet der frühere Siegener. „Dynamo Dresden, damals in der Regionalliga Nord/Ost beheimatet, war interessiert. Deren Trainer war Colin Bell, der zwei Jahre lang Co-Trainer bei den Profis gewesen war und mich aus der Zeit gut kannte. Ich unterschrieb bei Dynamo und zog nach Dresden.“
Der Wechsel nach Dresden – erneute Verletzungsprobleme
Beim achtmaligen DDR-Meister, siebenfachen Pokalsieger und Stammgast in den europäischen Wettbewerben ist der Ruhm dieser Erfolge längst verblasst. In den späten 90ern dümpelt der Traditionsverein in den Niederungen der Regionalliga Nord/Ost vor sich her und träumt von besseren Zeiten. Man setzt große Hoffnungen in den U21-Nationalspieler Marco Weller, der sich zum Taktgeber und Dirigent im Mittelfeld aufschwingen soll. Doch wie so oft plagen den Neuzugang vom 1. FC Köln Verletzungsprobleme. Eine hartnäckige Achillessehnenreizung hindert den früheren Siegener daran, sein Potenzial abzurufen. Er quält sich zum Training, beißt lange die Zähne zusammen, doch Anfang Dezember 1999 bestreitet er bei dem Kurzeinsatz im Spiel gegen Sachsen Leipzig seine letzte Partie für Dynamo.
Was folgt, kennt er nur allzu gut: Physiotherapie, Medikamente gegen die Schmerzen, Therapiemaßnahmen, um den Heilungsprozess der entzündeten Sehne in Gang zu setzen. Monate später stellt sich heraus, dass ein Knochensplitter, verursacht durch eine alte Knöchelverletzung, für die ständige Reizung der Sehne verantwortlich ist. An Fußball ist nicht zu denken, Marco Weller will einfach nur wieder gesund werden. Weit mehr als ein Jahr wird vergehen, bis er wieder auf den grünen Rasen zurückkehren kann.
Seine Zelte in Dresden hat er bereits nach seinem letzten Spiel abgebrochen und ist nach Herdorf zu seinen Eltern zurückgekehrt. Im Frühjahr 2001 sind die Beschwerden so weit abgeklungen, dass er wieder an eine intensivere Beschäftigung mit dem runden Leder denken kann. Das Training bei den Sportfreunden Siegen, seinem Jugendverein, absolviert er ohne größere Probleme und liefert dabei Kostproben seines großen Könnens, die die Siegener Verantwortlichen schließlich dazu bewegen, ihn unter Vertrag zu nehmen. Ende Mai, am letzten Spieltag der Regionalligasaison, bestreitet er sein erstes Spiel für die Siegener und erzielt das Siegtor zum 3:2-Auswärtssieg bei 1860 München.
Die Rückkehr nach Siegen – doch keine Besserung in Sicht
In der zweiten Partie der Saison 2001/02 gelingt ihm das Tor zum 1:0-Erfolg über den VfR Aalen, doch der vermeintliche Silberstreif am Horizont erweist sich erneut als trügerisch, die Verletzungsprobleme suchen ihn immer wieder heim. Der Rücken, die Knie und erneut die Achillessehne erlauben lediglich zwei Einsätze von Beginn an, eine Einwechselung bei der Partie gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern lässt ihn noch einmal für wenige Minuten das Trikot der Sportfreunde tragen, dann geht auch dieses Kapitel zu Ende.
Der langsame Abschied als Spieler und Neustart als Trainer