Ralf Maes (Jg. 1959) hat in seiner Jugend als Torhüter bei verschiedenen Wuppertaler Vereinen gespielt, musste seine Laufbahn jedoch schon mit 17 Jahren als A-Jugendlicher beim Wuppertaler SV wegen andauernder Knieprobleme beenden. Dem Fußball blieb er jedoch fast sein gesamtes bisheriges Leben lang treu. Beim 1. FC Köln war Maes in den achtziger Jahren im Nachwuchsbereich aktiv und sorgte unter anderem dafür, dass Thomas Häßler und Bodo Illgner den Weg ans Geißbockheim fanden. Wie ihm das gelang, wieso Reiner Calmund der Grund für seinen Wechsel zum FC war und warum die Zeit bei den “Geißböcken” abrupt endete, darüber spricht er mit uns im ausführlichen “Lebenswege”-Spezial.
Herr Maes, Sie haben mit Unterbrechungen gut 40 Jahre im Nachwuchsfußball gearbeitet. Wie kam es dazu?
Nach dem frühen Ende meiner aktiven Laufbahn habe ich nach Möglichkeiten gesucht, dem Fußball verbunden zu bleiben, und da bot sich der Nachwuchsbereich an, zumal ich schon als 15jähriger meine erste Jugendmannschaft trainiert hatte. So habe ich von 1976 bis 1979 als Jugendtrainer beim SV Borussia 07/12 Wuppertal gearbeitet und bin dann zum Wuppertaler SV zurückgekehrt, wo ich als Jugendtrainer, stellvertretender Jugendleiter und Scout tätig war. Dort habe ich damals ein jährlich stattfindendes B-Jugendturnier ins Leben gerufen, an dem ausschließlich die entsprechenden Nachwuchsteams von Bundesligaklubs wie zum Beispiel Werder Bremen, der VfB Stuttgart, der Hamburger SV, der 1. FC Köln und Bayer Leverkusen teilnahmen.
Sie haben sich aber auch um die personelle Besetzung der Teams gekümmert.
Ja, parallel dazu habe ich beim WSV sehr viel im Scouting-Bereich gemacht. So haben wir beispielsweise zur Saison 1980/81 beim WSV eine ganz neue und enorm starke B-Jugendmannschaft zusammengebaut mit nur drei eigenen Jugendlichen und nicht weniger als 16 Neuzugängen. Bekanntester Spieler dieses Teams war Minas Hantzidis, der später als griechischer Nationalspieler an der WM 1994 teilnahm. Im Entscheidungsspiel um die Teilnahme an der deutschen B-Juniorenmeisterschaft haben wir dem späteren Deutschen Meister, Borussia Mönchengladbach, ein Unentschieden abgetrotzt und mussten uns erst im Elfmeterschießen geschlagen geben. Trauriger Fehlschütze war ausgerechnet Hantzidis.
Wie kam dann der Kontakt zum 1. FC Köln zustande?
Das war eine kuriose Geschichte, aber dazu muss ich etwas ausholen. Beim B-Jugendturnier der Saison 1981/82 kam ich mit Michael Reschke, dem damaligen Trainer der teilnehmenden Leverkusener B-Jugend, ins Gespräch. Ich hatte kurz vorher erfahren, dass sich Bayer in fortgeschrittenen Gesprächen mit Minas Hantzidis befand. „Hallo Michael“, grüßte ich ihn. „Da habt ihr aber einen überragenden Neuzugang für die nächste Saison.“ Michael Reschke stutzte und fragte „Wieso?“ „Der Minas kommt doch zu euch!“ Reschke sah mich erschrocken an: „So ein Mist, weißt Du das doch schon? Ich hab‘ das befürchtet und schon gedacht, wenn das ‘rauskommt, schickt ihr uns wieder nach Hause!“ Ich habe ihn beruhigt und ihm gesagt, dass das völlig in Ordnung wäre, schließlich hätte Minas bei Bayer Leverkusen deutlich bessere Möglichkeiten, sich fußballerisch weiterzuentwickeln. Reschke guckte mich völlig entgeistert an und sagte: „Mensch, das finde ich jetzt unheimlich stark, dass Du so reagierst und kein bisschen sauer bist. Das rechne ich Dir hoch an!“
Wenige Wochen später bei einem DFB-Jugendlager in der Sportschule Wedau lief mir Michael Reschke wieder über den Weg. In unserem Gespräch erzählte ich ihm, dass ich mich beim WSV aus verschiedenen Gründen nicht mehr so richtig wohl fühlte. Reschke hatte dann wohl den Jugendleiter von Bayer, Reiner Calmund, angesprochen, der auch in Wedau herumlief. Calli nahm mich daraufhin zur Seite, wir sollten uns mal unter vier Augen unterhalten. „Hast Du nicht Lust, nach Leverkusen zu kommen, um bei uns im Nachwuchsbereich zu arbeiten?“, fragte er ohne Umschweife. Ich bejahte dies, wir tauschten uns danach noch eine Zeit lang aus, dann sagte Calmund: „Ich ruf‘ Dich nächste Woche an, Ich weiß nur noch nicht, ob Montag oder Mittwoch, aber ich ruf‘ auf jeden Fall an.“
Hat das Telefon in der Woche dann wie versprochen geklingelt?
Auf den Anruf warte ich noch heute. Wenige Wochen später hatte ich irgendwas mit dem 1. FC Köln zu tun und hatte Christoph Daum am Apparat. Wir haben ein bisschen gequatscht, dann erwähnte ich gesprächsweise, dass ich möglicherweise an den Mittelrhein wechseln würde, und habe Daum die Story von Reiner Calmund, Bayer Leverkusen und dem noch nicht erfolgten Anruf erzählt. „Was?“, rief Daum „Du willst weg vom WSV? Das kann doch gar nicht sein! Du hast dort doch so viel aufgebaut! Da kannst Du auch zu uns kommen! Wir suchen auch noch jemanden für den Organisationsbereich und für’s Scouting.“ Er beschrieb dann eine derartige Tätigkeit in schillernden Farben und fragte zum Schluss: „Könntest Du Dir das denn vorstellen?“ Ich habe das grundsätzlich bejaht. „Was machst Du denn eigentlich beruflich?“, wollte Daum dann wissen. Ich sagte ihm, dass ich gelernter Versicherungskaufmann sei. „Ich kann mich mal bei uns ‘rumhören, welche Möglichkeiten es da gibt. Ich meld’ mich wieder“, sagte er zum Schluss.
“Ich hab’ ein Gästezimmer, Du kannst dann bei mir wohnen”, sagte Christoph Daum.
Das war vormittags, abends rief Daum erneut an. „Hör’ mal, kannst Du morgen früh nach Köln kommen? Ich habe einen Termin mit dem Herrn Holzapfel ausgemacht, dem Regionaldirektor der DEVK, der ist bei uns Amateurabteilungsleiter. Der hat mir schon zugesagt, dass er uns unterstützen würde mit einer Einstellung, zumal die momentan Leute suchen. Wohnungssuche können wir mal versuchen, wenn Du auf die Schnelle nichts finden solltest, ist das auch kein Problem. Ich hab’ ein Gästezimmer, Du kannst dann bei mir wohnen.“
Gesagt, getan, ich bin dann am nächste Morgen nach Köln und habe mich dem Regionaldirektor Holzapfel getroffen, der mir eine Anstellung in der Rechtschutz-AG anbot, die die DEVK gerade erst gegründet hatte. Ich habe dann dort angefangen als allererster Rechtschutz-Sachbearbeiter – und gleichzeitig als Scout beim 1. FC Köln. Die Wohnungssuche war auch damals schon eine Katastrophe in Köln, so dass ich schlussendlich auf Daums Angebot zurückkommen musste und drei Monate in seinem Haus gewohnt habe, unter einem Dach mit ihm, Ursel, seiner ersten Frau, und seinem Cocker-Spaniel Filou.