Seine außerordentliche Treffsicherheit bleibt auch anderen Vereinen nicht verborgen, und so erhält er eine Reihe von Angeboten. Der 1. FC Saarbrücken wirbt um ihn und auch Darmstadt 98. „Ich hatte in Koblenz eine Klausel in meinem Vertrag, dass ich bei einer bestimmten Ablösesumme wechseln konnte, wenn ein höherklassiger Verein anfragen würde“, erklärt Assauer. „Nach den Gesprächen habe ich damals zu Saarbrücken tendiert, die sind aber dann abgesprungen. Das Darmstädter Angebot war jetzt nicht so verlockend, trotzdem habe ich den Vertrag unterschrieben.“ Er schläft eine Nacht über seine Entscheidung, seine Zweifel mehren sich. Schließlich bittet er die Verantwortlichen, den Vertrag zu annullieren. „Die Darmstädter haben sich damals wirklich vorbildlich verhalten,“ sagt Assauer. „Niemand konnte wissen, dass sie einen derart rasanten Aufstieg nehmen würden. Von der 3. Liga in die 2. Bundesliga und ein Jahr später in die Bundesliga!“
Jerome Assauer bei der TuS Koblenz in der Saison 2012/13 | Foto: imago/Eibner
Statt am Böllenfalltor schnürt er seine Fußballschuhe eine weitere Saison im Stadion Oberwerth für den TuS Koblenz. Nach einer guten Hinrunde bricht er sich Ende Februar erneut das rechte Wadenbein und fällt lange aus. „Das war damals eine sehr schwere Zeit für mich“, erinnert sich Assauer. „Ich hatte in Darmstadt abgesagt, um in Koblenz noch einmal eine gute Saison zu spielen, 15 bis 20 Tore zu erzielen und dann als ablösefreier Spieler mit den vielen Toren, die ich in den beiden Jahren erzielt hätte, wirklich gute Angebote zu erhalten. Das konnte ich nach dem Beinbruch natürlich vergessen.“
Erste Gedanken an eine Perspektive jenseits des Fußballs
Der Angreifer beginnt zu zweifeln und stellt seine Entscheidungsfindung auf den Prüfstand. „Ich sah, wie toll sich Darmstadt entwickelt hatte, war selber wegen des gebrochenen Beins zur Untätigkeit verdammt und musste daran denken, dass ich Teil davon hätte sein können, wenn ich nicht abgesagt hätte. Mental war das alles nicht ganz einfach damals“, sagt er. „Gott sei Dank hatte ich meine Eltern und meine Freundin, die mir in dieser Zeit sehr viel Rückhalt gegeben haben. Ich merkte aber auch, dass mein Körper es mir nicht leicht machte. Und deshalb wurde mir zum ersten Male wirklich bewusst, dass es noch ein Leben außerhalb des Fußballs gibt und ich mich darum kümmern sollte, eine Perspektive für die Zeit danach zu entwickeln.“
“Mir wurde zum ersten Male wirklich bewusst, dass es noch ein Leben außerhalb des Fußballs gibt und ich mich darum kümmern sollte, eine Perspektive für die Zeit danach zu entwickeln.”
In der folgenden Saison kehrt der gebürtige Kölner in seine Heimatstadt zurück und schließt sich der Viktoria an. „Wir spielten zwar in der Regionalliga, hatten aber eine Truppe, die absolutes Zweitliga-Format besaß“, erinnert er sich. Trainer Pele Wollitz steht ein starker Kader zur Verfügung mit Leistungsträgern wie Markus Brzenska, Jannik Löhden, Silvio Pagano, Lukas Nottbeck, Mike Wunderlich, Gaetano Manno und Tim Väyrynen.
Assauer absolviert 13 Spiele in der Hinrunde, erzielt dabei auch fünf Treffer, merkt aber, dass sein Körper den zahlreichen Verletzungen Tribut zollen muss. „Ich war nicht mehr der Alte, hatte keinen Antritt mehr und war nicht griffig. Ich habe Training wie Spiele nur mit Schmerztabletten durchstehen können“, gesteht er. „Wie bei meinem ersten Beinbruch bekam ich auch nach der erneuten Fraktur eine Schambeinreizung, die sich natürlich durch meine Einsätze nicht besserte.“
Jerome Assauer (rechts) bei Viktoria Köln in der Saison 2014/15 Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
In seinem letzten Spiel im Ligafußball bei den Amateuren von Borussia Mönchengladbach verursacht er einen Elfmeter und verletzt sich bei dieser Aktion so schwer, dass er nicht mehr weiterspielen kann. Pele Wollitz wird nach der 1:2-Niederlage entlassen, Jerome Assauer steht wieder eine längere Rehabilitationsphase bevor.
Sportinvalidität und Einstieg in den späteren Beruf
Zur Rückrunde nimmt er einen erneuten Anlauf, will unbedingt wieder spielfähig werden. Die Schmerzen kehren jedoch zurück, aus der Reizung wird eine Schambeinentzündung, die schließlich chronisch wird. Er probiert es Tag für Tag, 18 Monate lang, will nicht wahrhaben, dass seine Laufbahn so enden soll. Er bekommt in dieser Zeit immer wieder Angebote von interessierten Vereinen, die seine Torjägerqualitäten nicht vergessen haben. Aber alle Versuche sind vergeblich, der Körper spielt einfach nicht mehr mit. „Ich habe gemerkt, es ging nicht mehr“, sagt Assauer. „Nach reiflicher Überlegung habe ich dann eine Vernunftentscheidung getroffen und die Schuhe an den berühmten Nagel gehängt.“
Berufliche Perspektiven und Weltmeister im Kleinfeldfußball