Folge uns
.

Nachspiel

Kölsche Gute-Nacht-Geschichte

Wir träumen weiter von Europa, denn der effzeh spielt uns in den Schlaf. Dabei vergessen wir mal ganz schnell ein 0:0, das so niveauvoll ist wie Wein im Tetrapack.

Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Der eine oder andere effzeh-Fan träumte ja aus irgendwelchen merkwürdigen Gründen in den letzten Tagen sogar schon von der Champions League. Am Jahrestag des Double-Gewinns sollte ein großer Schritt in Richtung Europa gemacht werden. Davon war der Erste Fußballclub an einem kalten Freitagabend in Augsburg aber in etwa so entfernt wie Frauke Petry vom Friedensnobelpreis. Statt italienischen Träumen von Mailand und Madrid regierte die kalte Realität. Ein Spiel zum Abschalten.

In aller Kürze der Spielverlauf: Eine Minute war gespielt, schon hätte Dominic Maroh nach einer Ecke von Filip Mladenovic beinahe versenkt. Ging gut los. Wir konnten ja alle nicht ahnen, dass diese Szene das großartige spielerische Highlight einer höchst ungroßartigen Begegnung sein sollte. Danach passierte nichts, woraufhin sich noch weniger ereignete und schließlich gar nichts geschah. Den leidlichen Fernsehzuschauer hielt lediglich das Von-Thurn-Und-Taxis-Bingo am Leben. Schiedsrichter Tobias Welz schien auch nicht viel Lust auf das Gegurke auf dem Feld gehabt zu haben und pfiff sogar kurz vor Ablauf der 45 Minuten zur Halbzeit. Selten war man glücklicher über eine Halbzeitpause.

An einem Samstagnachmittag hätte man wohl auf die Konferenz geschaltet. Blöderweise waren die Spieltagsplaner aber so ungnädig das Duell der beiden Teams auf einen Freitag zu legen. So blieb als Alternative bloß Let’s Dance.  Dann also doch lieber effzeh.

In der zweiten Halbzeit hatten sich die beiden Teams wohl viel vorgenommen, denn statt nichts passierte nun doch ein kleines bisschen Fußball. Matze Lehmann rief gelbbelastet Erinnerungen an das WM-Finale 2010 wach und flog nach ein wenig Kung-Fu vom Feld. Hin und wieder verändern solche Platzverweise die Dynamik ganzer Fußballspiele. Nicht in Augsburg. Es passierte weiter wenig. Augsburg ein bisschen offensiver, der effzeh mit zehn Mann im Geiste von Helenio Herrera. Irgendwann war wohl Ende. 0:0. Überraschend.

Was nehmen wir jetzt eigentlich mit aus dem Spiel?

Peter Stöger wird sicherlich unfassbar glücklich sein, dass endlich mal wieder die Null stand. Man hätte an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch spitzfindig interpretieren können, dass sich der effzeh aufgrund seiner Ausrichtung und Spielweise durchaus zufrieden zeigte mit einem torlosen Unentschieden in Augsburg. Zum Beispiel als in der 89. Minute bei einem Jojic-Freistoß 30 Meter vom Tor entfernt nur zwei Spieler im Strafraum standen, um sich anzubieten, während der Rest hinten blieb, um das überlebenswichtige Unentschieden über die Zeit zu retten. Aber das ist wie gesagt nur reine Spekulation

Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Als Zuschauer hielt sich der Freudenpegel eher im Minusbereich. Das mit den Träumen vom Europapokal ist natürlich Quatsch. Doch man hatte ja andere Hoffnungen. So konnte der effzeh doch eigentlich ganz frei und offensiv aufspielen, so ohne Druck gesichert im Tabellenmittelfeld. Da hätten dann auch mal Talente wie Marcel Hartel Chancen erhalten können, ohne Druck und gesichert. Das Gegenteil war der Fall. Im Hinspiel gab es einen Bundesliga-Höchstwert von 44 Torschüssen. Fanden beide Trainer wohl blöd. Im Rückspiel gab es deswegen eigentlich keinen einzigen.

Yuya Osako und Milos Jojic erhielten immerhin jeweils eine Halbzeit lang die Chance zu beweisen, dass sie besser sind als die Darbietungen ihrer Alter Egos es in dieser Saison vermuten ließen. Diese Chance konnten allerdings beide nicht nutzen. Vielleicht stehen sie beide im nächsten Spiel aber auch gemeinsam auf dem Feld, weil sich Matthias Lehmann eine so unnötige Gelb-Rote Karte einhandelte, dass man sich fragen durfte, ob das Absicht war und sich Matze aufgrund seines fortgeschrittenen Alters einfach mal ein Spiel Pause gönnen wollte.

Nach dem Lehmann-Foul musste der blutende Tobias Werner mit Turban über das Feld laufen. Gemeinsam mit den beiden Augsburgern, die mit Gesichtsmaske antraten, wirkte die Elf von Hipster-Trainer Markus Weinzierl wie eine Truppe aus dem Lazarett. War irgendwie lustig. Man erfreute sich halt an den kleinen Dingen im Spiel.

Immerhin gab es im Fernsehen Fritz von Thurn und Taxis, der für die spielerischen Highlights sorgte, als er den eingewechselten Raul Bobadilla beispielsweise als Steak-Liebhaber betitelte und im Anschluss einen flammenden Appell hielt, was für ein Stier dieser Bobadilla doch sei. Oder als er Tobias Werner mit dem großen Dieter Hoeneß verglich (Kurzzeitig war Europa wieder im Kopf). Und vor Ort glänzten Kölner Fans, die sich zu Tausenden in einer lebensmüden Mission an einem Freitagabend ins bayrische Schwaben begeben hatten, um die WWK Arena komplett einzunehmen.

Irgendwann in der 70. Minute griff man bei Sky per Superzeitlupe irgendeine Szene aus der zehnten Spielminute oder so auf. Kommentator Fritz war auch sichtlich erstaunt. Schließlich zeigte die Zeitlupe, wie Anthony Modeste bei einer Ecke mit der Hand im Strafraum an den Ball kam. Niemand auf dem Feld hatte sich beschwert, niemand hatte es zuvor gesehen. Weil die armen Sky-Menschen aber nun auch nicht wussten, über was sie sonst berichten sollten (im Spiel war ja bekanntlich nichts passiert), wurden im Stile des Familien-Duells 100 Leute gefragt, was sie denn jetzt von dieser Szene halten würden. Die Augsburger Verantwortlichen gingen natürlich an die Decke aufgrund der schrecklichen Schiedsrichterentscheidung. Wo Jörg Schmadtke mit Lächeln und Sarkasmus reagiert, zeigte sich Stefan Reuter kleinkariert und rechthaberisch. Und natürlich hatten alle Augsburger die Szene schon während des Spiels gesehen.

Nach der Handspiel-Chose war dann alles vorbei. Als effzeh-Fan ist man dieser Tage ja zufrieden und ausgeglichen. Da freut man sich schließlich einfach, wenn man so gute Gründe zum Schlafen geliefert bekommt. Gute Nacht.

Mehr aus Nachspiel

.