„Wir haben ein Halbjahr erlebt, was wir so bisher noch nicht hatten. Das Pensum war sehr hoch“, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart auf der Pressenkonferenz vor dem letzten Spiel im Jahr 2022 bei Hertha BSC. Damit unterstrich er abermals die seit geraumer Zeit bestimmenden Themen rund um den 1. FC Köln: die hohe Belastung und die mangelnde Frische der Spieler.
„Wir haben ein Halbjahr erlebt, was wir so bisher noch nicht hatten. Das Pensum war sehr hoch.“ (Steffen Baumgart)
Trotzdem lieferte der 1. FC Köln bei der Niederlage unter der Woche eines seiner stärksten Saisonspiele ab: Gegen den Nachbarn aus Leverkusen war man die deutlich überlegene Mannschaft, erarbeitete sich ein Chancenplus und spulte auch mehr Kilometer als der Gegner ab. Baumgart und sein Team schaffen es trotz des Pensums das Team immer wieder aufs Neue zu motivieren, die Grenzen des physisch Machbaren zu verschieben. Gegen Berlin muss dies ein letztes Mal in diesem Jahr gelingen. „Alles raushauen, das Herz auf dem Platz lassen“. Das Mantra des Effzeh-Trainers, welches er nicht müde wird, in allerlei semantischen Varianten zu wiederholen.
Gegnercheck: Hertha ein Wolf im Schafspelz?
Doch mit den Hauptstädtern trifft man nun auf eine deutlich ausgeruhtere Mannschaft, denn den 15 Pflichtspielen der Herthaner seit Saisonbeginn stehen beim FC 23 gegenüber. Trotz der höheren Belastung muss der Effzeh mit einem kleineren Kader agieren, der dazu zu Jahresende merklich ausgedünnt daherkommt. Zu den bekannten Ausfällen gesellt sich nun Benno Schmitz hinzu. Auf der positiven Seite könnte Timo Hübers wieder in den Kader rücken, auch wenn Baumgart ihm noch keine Rolle in der Startelf zutraut. Jan Thielmann wird erneut eine Option von der Bank sein, genauso wird auch Mathias Olesen langsam wieder an mehr Spielzeit gewöhnt. Die Herthaner hingegen müssen auf Stürmer Stevan Jovetic verzichten, können ansonsten allerdings auf alle Leistungsträger zurückgreifen.
Am vergangenen Dienstag mussten die Berliner eine bittere Last-Minute-Niederlage gegen Abstiegskonkurrent VfB Stuttgart verdauen. „Das ist naiv von uns und extrem bitter. Da müssen wir uns cleverer verhalten und gravierend verbessern“, kommentierte Hertha-Trainer Sandro Schwarz das entscheidende Gegentor gegen Stuttgart. Doch attestierte seiner Mannschaft ansonsten eine ordentliche Leistung im zweiten Durchgang. Über die Saison kommen seine Mannen allerdings nicht richtig in Tritt, können sich oftmals nicht für gute Leistungen belohnen. Acht Punkte verschenkte man in den ersten 14 Ligaspielen bereits in der Schlussviertelstunde. Nur viermal konnte man das 1:0 erzielen und mit einer Führung agieren. Mit elf Punkten steht man nach der Stuttgart-Niederlage auf dem Relegationsplatz. In Berlin scheint erneut alles auf eine schwierige Saison hinzudeuten und trotzdem gibt es immer wieder Stimmen, die der Schwarz-Truppe bloß Pech oder einen unglücklichen Spielverlauf attestieren. Auch FC-Trainer Baumgart schlägt in diese Kerbe: „Der Tabellenstand täuscht über die Leistung hinweg. Ich halte sie für deutlich stärker. Sie sind in der Lage, guten Fußball zu spielen, darauf müssen wir achten. Sie haben viele Spiele unglücklich verloren.“
„Der Tabellenstand täuscht über die Leistung hinweg. Ich halte sie für deutlich stärker. Sie sind in der Lage, guten Fußball zu spielen, darauf müssen wir achten. Sie haben viele Spiele unglücklich verloren.“ (Baumgart über Hertha)
Die Leistungen der Hertha-Mannschaft werden immer wieder von den Ergebnissen differenziert. Auf der einen Seite ein logischer und verständlicher Ansatz, doch „die Realität sind elf Punkte, das ist uns absolut bewusst“, warnt Sandro Schwarz vor dem Jahresabschluss. Selbst der Tabellenletzte Schalke 04 befindet sich lediglich zwei Punkte hinter den Herthanern, denen bei einer Niederlage gegen den FC somit gar das Überwintern am Tabellenende droht. Ob die Berliner wirklich ein Wolf im Schafspelz sind und sich für starke Leistungen lediglich nicht belohnen? Zweifel sind angebracht am aktuellen Leistungsvermögen der “Alten Dame” – getreu dem Motto: „Immer Pech ist Unvermögen“.
Ausgangslage: Schlaraffenland Winterpause
Die jüngste Vergangenheit spricht vor dem Duell für die „Geißböcke“: In den letzten fünf Partien ging man nicht als Verlierer vom Platz und verbuchte elf Punkte auf der Habenseite. In der letzten Saison fuhr man zwei 3:1-Siege ein und versüßte sich damit den Start in die jeweiligen Halbserien. Diesen Erfolgskurs fortzusetzen, wird für den FC von eminenter Bedeutung sein. Mit derzeit 17 Punkten „halten wir uns im unteren Drittel auf. Ein Sieg in Berlin wäre wichtig“, gibt FC-Coach Baumgart vor der Partie zu verstehen, dass nach der bitteren Pleite gegen Leverkusen auch die Kölner die Augen nach unten richten müssen. Mit angesprochenen Leverkusenern und in Augsburg gastierenden Bochumern könnten zwei Teams mit einem Sieg und einer gleichzeitigen Niederlage des FC in der Tabelle vorbeiziehen. Plötzlich würde man auf Rang 14 überwintern und wäre bei der Liga-Fortsetzung im Januar deutlich mehr unter Druck.
Helfen, dass die Lage nicht derart kritisch wird, sollen am Samstag im Berliner Olympiastadion von Beginn an Kingsley Schindler, Ondrej Duda und Steffen Tigges, denen Baumgart bereits mehr oder weniger deutlich einen Startelf-Einsatz versprach. Primär Duda zeigte zuletzt eine aufsteigende Formkurve und durfte unter der Woche gegen Leverkusen dank des Kurzeinsatzes ein wenig verschnaufen. Trotz des unglücklichen Auftritts gegen Bayer 04 spielt Schindler eine solide Saison und wird Benno Schmitz auf der rechten Außenbahn eins-zu-eins ersetzten. Das größte Fragezeichen beim Effzeh liegt weiterhin im Sturmzentrum. Ob nun Tigges oder Adamyan ihr Glück in vorderster Front versuchen, beide strahlen keine große Gefahr im Abschluss aus, selbst wenn sie von den Mitspielern in Szene gesetzt werden. Ein Umstand, der vielen FC-Fans flau im Magen liegt und wo bereits Forderungen nach Verstärkungen laut werden. Diese könnten, trotz klammer Kassen beim Effzeh, in der Winterpause erfolgen. Prinzipiell sehnt man sich beim 1. FC Köln das „Schlaraffenland“ Winterpause herbei. Mit Ellyes Skhiri wird lediglich ein WM-Fahrer in Katar im Einsatz sein. Der Rest des Kaders kann die Kraftspeicher auftanken, die Verletzten ihre Blessuren auskurieren, auch wenn zunächst noch eine kurze Promo-Tour durch die USA ansteht. Im neuen Jahr wartet auf die Domstädter ein deutlich entspannterer Rückrunden-Spielplan, bei welchem man sich dann vollends auf die Bundesliga konzentrieren kann.
Schlüsselspieler
Auf Seiten der „Geißböcke“ hatte das Comeback von Jonas Hector gegen Bayer Leverkusen enormen Einfluss auf das Spiel. Der Kapitän brachte Ruhe und Ballsicherheit in das Kölner-Spiel, wurde selbst bei einem Fernschuss gefährlich und kurbelte das Spiel über die linke Seite gewohnt spielfreudig an. Zusammen mit Florian Kainz sollte er auch im Spiel gegen die Berliner erneut den Motor des FC-Offensivspiels bilden.
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Jonjoe Kenny kennt sich mit starken offensiven linken Seiten aus. Seines Zeichens ist der Engländer Rechtsverteidiger und Dauerbrenner bei den Herthanern (alle Spiele der Saison über 90 Minuten). Gegen den FC Bayern zeigte er im letzten Heimspiel eine starke defensive Leistung. Kann er die Kreise der angesprochenen Hector und Kainz diesmal eindämmen, wäre den Berlinern in Defensive bereits viel geholfen.
So könnte der FC spielen
Schwäbe – Schindler, Chabot, Kilian, Hector – Skhiri – Kainz, Duda, Huseinbasic – Maina, Tigges