Folge uns
.

Nachspiel

Individuelle Qualität als Unterschied

Wir haben uns auf die Suche nach dem größten Unterschied zwischen dem effzeh und Leverkusen am Sonntag gemacht. Das Spiel in der Taktik-Analyse.

Photo by Sascha Steinbach/Bongarts/Getty Images)

Der effzeh verlor am späten Sonntagnachmittag sein Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen. Die Gäste schielen nach wie vor auf die direkte Qualifikation auf die Champions League, obwohl sie zwischenzeitlich aufgrund verletzungsbedingter Schwierigkeiten ein paar Punkte ließen. Dementsprechend kann man Leverkusen zu den besseren Mannschaften in der Bundesliga zählen, die auch in anderen Sphären als der effzeh unterwegs ist. Dies betrifft natürlich nicht nur das Saisonziel, sondern auch Etat und Gehaltskosten – einen Spieler vom Kaliber eines Chicharito nur wegen der Aussicht auf den Kölner Dom nach Leverkusen zu locken hätte wohl nicht funktioniert. Dass der effzeh im zweiten Bundesligajahr nach Wiederaufstieg jetzt nicht daherkommt und jeden Gegner dieser Kragenweite mit 4:0 aus dem Stadion fiedelt, ist für jeden einigermaßen vernünftigen Beobachter der Bundesliga per se keine Überraschung. Jedoch, und auch das sollte sich am Sonntag zeigen, kann der effzeh seine Gegner in schöner Regelmäßigkeit vor Probleme stellen, obwohl es natürlich auch noch Aspekte gibt, die zu verbessern sind.

Temporäres Kollektivversagen bringt Leverkusen in Front

Peter Stöger brachte mit der bereits aus der Hoffenheim bekannten Startaufstellung im 4-4-2 keine taktische Revolution an den Start und seine Mannschaft zeigte zu Beginn, dass die Arbeit an der Weiterentwicklung des Spiels Früchte trägt. Der effzeh verzeichnete in der gesamten Partie längere Ballbesitzphasen, deren Ziel es wahr, mit langen Bällen und Flanken den Zielspieler Modeste einzusetzen, damit dieser a) den Ball sichern oder weitergeben oder b) selbst zum Abschluss kommen konnte. Als häufiger auftretendes Mittel zeigten sich ebenfalls die langen Eröffnungen von Heintz aus seiner Position als linker Innenverteidiger über die Abwehr, gleichermaßen spielte Marcel Risse als rechter Verteidiger häufiger einen hohen Longline-Ball. Ansonsten wurde das Spiel in erster Linie über das Duo Gerhardt und Bittencourt ins letzte Drittel getragen. Insbesondere der Deutsch-Brasilianer zeigte sich sehr spielfreudig, stark in Dribblings und engen Situationen. Seine Entscheidungsfindung unter Druck und in engen Räumen kommt meiner Meinung nach im Zentrum besser zu Geltung als auf der linken Außenbahn. Sein niedriger Körperschwerpunkt prädestiniert ihn dazu, mit Tempo an seinen Gegenspielern vorbeizugehen, was er in einigen Situationen unter Beweis stellte. Umso bitterer ist seine Sperre in den nächsten drei Wochen nach seinem Foul gegen Mehmedi in der Nachspielzeit.

So spielte der effzeh im ersten Abschnitt:

So fielen die Gegentore:

In einem ausgeglichenen und relativ munteren Spiel ging Leverkusen mit einer 2:0-Führung in die Pause, weil der effzeh innerhalb von fünf Minuten zwei Situationen nicht angemessen verteidigen konnte. Beim 1:0 konnte Jonathan Tah einen Ball über zwei Verteidigungslinien hinweg spielen, da er in dieser Szene nicht energisch genug angelaufen wurde. Leverkusen hatte in dieser Szene den Raum vor der Kölner Viererkette mit drei Spielern besetzt, Bellarabis Laufweg nach außen stellte Heintz vor Probleme. Der ehemalige Lauterer entschied sich dazu, auf Calhanoglu auszurücken und den Spielmacher zu stellen. Hätte er verzögert und abgesichert, wäre Calhanoglu zwar die Möglichkeit eingeräumt worden, sich Richtung Kölner Tor zu drehen, allerdings hätte Jonas Hector dann auch weiter nach innen rücken und Calhanoglu höchstwahrscheinlich einer Passoption berauben können. Heintz’ Entscheidung setzte dann allerdings eine Reaktion in Gang, deren Ergebnis für den effzeh nicht mehr zu verteidigen war. Calhanoglu bediente den startenden Bellarabi, der geschickt verzögerte und damit Maroh mehr oder weniger dazu brachte, den Raum aufzugeben, in den Julian Brandt stieß und mit einer Direktabnahme die Führung erzielte. Zu diesem Tor muss man sagen, dass das wohl nicht alle Bundesliga-Mannschaften so gut hätten ausspielen können. Fünf Minuten später fiel das 2:0, das ebenfalls vermeidbar war: Kramers Lauf und Vertikalpass sendeten Brandt auf die Reise, der in den Raum hinter Rechtsverteidiger Risse stieß und Maroh von seiner Position weglockte. Normalerweise hätte Risse dann den Posten seines Partners einnehmen müssen, er blieb allerdings in seinem Raum und sicherte Marohs Ausflug nicht ab. Brandts Pass erreichte Bellarabi, der normalerweise niemals den Ball im Sechzehner kontrollieren darf. Der von Maroh verwaiste und von Risse nicht eingenommene Raum wurde dann von Chicharito genutzt, der aus kurzer Distanz Timo Horn überwand. Dieses Tor entstand aufgrund inkonsequenter Verteidigungsarbeit und der fehlenden Absicherung durch Risse.

Für den zweiten Durchgang blieb Peter Stöger nicht mehr viel übrig, als den bis dato unglücklichen, aber keineswegs abfallenden Kevin Vogt durch einen offensivstärkeren Spieler auszutauschen. Filip Mladenovic kam und besetzte fortan die linke Seite.

So agierte der effzeh in Aufbausituationen in der zweiten Halbzeit:

Bis zur 80. Minute verlief das Spiel sehr einseitig, der effzeh verzeichnete lange Ballbesitzphasen und spielte sich einige Gelegenheiten heraus. Leverkusen kam bis zehn Minuten vor Schluss in keine aussichtsreiche Kontersituation. Diesen Umstand gilt es vor allem deswegen hervorzuheben, weil der effzeh ab der 67. Minute nur noch mit einem Sechser (Yannick Gerhard) agierte und mit Hosiner auch einen zweiten Stürmer brachte. Doch keiner der insgesamt 18 Torschüsse sollte den Erfolg bringen. Der effzeh versuchte es zwölf Mal aus dem Leverkusener Strafraum heraus, woran sich zeigt, dass die Mannschaft über Strategien verfügt, den Ball in den torgefährlichen Raum zu bekommen. Dies funktioniert überwiegend über den Flankenfokus (Bsp. Kopfball Zoller nach Risse-Flanke). An Bernd Leno war allerdings kein Vorbeikommen, weswegen die Leverkusener Führung bis zum Abpfiff Bestand hatte.

ROBERTO PFEIL/AFP/Getty Images

Bernd Leno überzeugte gegen den effzeh
ROBERTO PFEIL/AFP/Getty Images

Das war gut:

Wie bereits angesprochen ist der effzeh in Ballbesitz keine akut gefährdete Mannschaft mehr, wenn es um Ballverluste und Umschaltmomente geht. Man ist mittlerweile in der Lage, eigenen Ballbesitz konstruktiv zu nutzen und auch gegen stärkere Gegner durchzubringen. Hier tun sich insbesondere Hector und Bittencourt hervor, die beide als unkonventionelle Spielertypen den Spielaufbau des effzeh bestimmen. Wohl kaum ein Linksverteidiger in der Bundesliga nimmt so viel Einfluss auf das Spiel seiner Mannschaft wie Hector beim effzeh. Weiterhin muss der Mannschaft zugestanden werden, dass Leverkusens Qualität in der Offensive eben nicht über 90 Minuten an die Kette gelegt werden kann.

Das war schlecht:

Die Inkonsequenz bei den Gegentoren ist ärgerlich, aber so etwas passiert. Ankreiden muss man dem Team von Peter Stöger, dass erneut die Chancenverwertung und die Entscheidungsfindung vor dem Tor bereits über längere Zeit nicht stimmen, weswegen Schmadtke auch im kicker zurecht davon sprach, dass man zu wenig Tore schieße. Der betriebene Aufwand und der Ertrag stehen in keinem Verhältnis. Teilweise gehen dem effzeh auch Tempo und Passsicherheit aus dem defensiven Mittelfeld ab. In diesem Aspekt muss sich der effzeh auf jeden Fall verbessern, da Kevin Vogt und auch Matthias Lehmann zwar solide Bundesligaspieler sind, jedoch ihre Stärken eher in der Arbeit gegen den Ball haben.

 

Mehr aus Nachspiel

.