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Interviews

„Ich bin der effzeh-Historienonkel”

Gestern haben wir sein neues Buch besprochen, heute kommt er selbst zu Wort: Dirk Unschuld im Gespräch mit effzeh.com.

© Dirk Unschuld.privat

effzeh.com: Und was sind heute in der Regel Deine Aufgaben, wenn Du gerade kein Buch schreibst?

Unschuld: Mittlerweile bin ich eine Art „FC-Historienonkel“ für alles. Möchte ein FC-Fan die Rückennummer von Paul Steiner wissen, sucht das Millowitsch-Theater alte Geißböcke für die Deko, plant die Marketingabteilung einen Retro-Fanartikel herauszubringen oder weiß jemand nicht, aus welchem Jahr das FC-Kölschglas der Oma ist, dann komme ich ins Spiel und die Fan/Kundenbetreuung leitet die Fragen an mich weiter. Die ersten Jahre habe ich das ehrenamtlich gemacht, mittlerweile arbeite ich auf Teilzeitbasis für den FC weil der Aufwand stetig zunahm. Hauptberuflich bin ich im Bereich der Behindertenbetreuung tätig.

© effzeh.com

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effzeh.com:  Wenn man wie Du die große Vereinshistorie vor Augen hat: Erscheint einem dann nicht eine einzelne Niederlage wie die gegen Paderborn ganz klein, wie eine Randnotiz der Geschichte, weil man ja aus dem Rückblick weiß, dass es nach jeder noch so großen Krise immer weiterging oder tut es immer gleich weh?

Unschuld: Ich liebe diesen Klub, da schmerzt jede Niederlage, auch wenn man sich nach all den Rückschlägen der letzten zweieinhalb Jahrzehnte ein dickes Fell zugelegt hat. Klar bemühst du dich, vor allem wenn du kurz vor dem 40. Geburtstag stehst, das Ganze auch sachlicher zu sehen – das gelingt mir aber nicht so wirklich. Die Damen und Herren, die seit Jahren in S16 meine Nachbarn sind, haben zum Glück kein Problem damit und ticken genauso. Das beruhigt doch sehr (lacht).

effzeh.com: Nehmen wir einmal an, die FC-Geschichte wäre endlich, also mit einem Anfang und einem Ende. Welchen ersten und welchen letzten Satz würdest Du wählen, wenn Du sie einer späteren Generation erzählen würdest?

Unschuld: Aber eins, aber eins das bleibt bestehen – der 1. FC Köln wird niemals untergehen! Das haben die Spieler nach dem verlorenen Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1960 auf der Rückfahrt gesungen, so zu sehen im Film „60 Jahre 1. FC Köln“. Somit stellt sich die Frage nach der Endlichkeit der FC-Geschichte nicht!

effzeh.com: Mit welcher Elf des FC konntest Du Dich am meisten identifizieren?

Unschuld: Irgendwie kann ich mich mit jeder Elf identifizieren, die den Geißbock auf der Brust trägt. Vom subjektiven Gefühl her fühle ich mich den Teams der 1940er bis 1960er Jahre sehr verbunden, auch wenn ich diese nie habe spielen sehen.

effzeh.com:  Wie kommt das dann?

Unschuld: Mich fasziniert einfach der damalige Fußball, auch von seinem „Drumherum“ her. Zudem habe ich mich mit diesem Zeitraum schon immer sehr intensiv auseinandergesetzt, da ist dann irgendwie eine besondere Beziehung zu den ersten zwei Jahrzehnten der FC-Geschichte entstanden. Fußballerisch sozialisiert wurde ich in den 1980er Jahren, ich verehrte wie viele andere Kinder Litti, Toni Schumacher oder Tony Woodcock.

effzeh.com: Erkennst Du in der Vergangenheit Parallelen zu der derzeitigen Umbruchsituation? Hast Du schon einmal Ähnliches erlebt?

Unschuld: Natürlich hat es immer extreme Umbrüche in der FC-Geschichte gegeben. Denken wir nur an den Tod von Gründungspräsident Franz Kremer im Jahre 1967, dessen Nachfolger, nach der interimistischen Führung von Werner Müller, Oskar Maaß wurde, der einen ganz anderen Führungsstil pflegte als Kremer. Auch nach der langen und zuweilen sehr erfolgreichen Ära von Peter Weiand gab es große Veränderungen, so dass schließlich Dietmar Artzinger-Bolten FC-Präsident wurde. Mit heute kann man das aber nicht wirklich vergleichen. Dazu hat sich der Fußball auf- und neben dem Platz zu dynamisch und weitreichend verändert. Ich bin der Überzeugung, dass eine starke und kompetente Geschäftsführung, sowohl im sportlichen als auch im wirtschaftlichen Sektor im heutigen Profifußball das A und O ist. Und genau in diesem Bereich, so mein Eindruck, ist der 1. FC Köln des Jahres 2014 so gut aufgestellt, wie schon ganz lange nicht mehr.

effzeh.com: Wie sähe Deine Elf aus, wenn Du sie mit den besten FC-Spielern aller Zeiten zusammenstellen könntest?

Unschuld: So eine „ultimative“ FC-Elf empfinde ich immer als etwas ungerecht. Man muss einfach viel zu viele gute und unvergessene Protagonisten außen vor lassen.

effzeh.com: Ok, dann keine Elf,aber ein unverzichtbarer Name vielleicht?

Unschuld: Wolfgang „Bulle“ Weber dürfte keinesfalls fehlen! Ich schätze ihn sehr, als Mensch, Sportler und Freund.

effzeh.com:  Ich kann sie mir bei Dir als FC-Historiker nicht verkneifen, verzeih mir also die Abschlussfrage: War früher wirklich alles besser?

Unschuld: Ich liebe es, in den „alten Zeiten“ zu „graben“, mit alten Artefakten die Geschichte haben und für Geschichten stehen zu arbeiten, mich damit auseinanderzusetzen – und doch bin ich froh, im Hier und Jetzt leben zu dürfen.

effzeh.com: Vielen Dank, lieber Dirk.

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