Sportberichterstattung ist keine so einfache Geschichte. In den meisten Fällen nimmt man sich ja die nötige Zeit, um ein Spiel zu analysieren, die wesentlichen Momente herauszuarbeiten und dann irgendwie einen Text daraus zu fabrizieren. Das Spiel des effzeh in Hoffenheim bot an sich wenig Kontroversität, sodass ich im sicheren Wissen um einen souveränen Auswärtssieg schon den roten Faden im Kopf und den Stift in der Hand hatte. Es war ja schließlich ein durchweg erwachsener Auftritt der rotgekleideten Geißböcke, fast fehlerlos in der Defensive, jederzeit Herr der Lage und mit ansehnlichen Umschaltbewegungen. Wie so oft fehlte nur der letzte Pass, was ja nicht zum ersten Mal in dieser Saison zu bemängeln war. In heller Vorfreude auf einen Auswärtssieg und damit erreichte 36 Punkte wartete ich nur auf den Abpfiff, um dann mit Schreiben zu beginnen. Doch dann kam die Nachspielzeit, ein Abwurf von Timo Horn und ein misslungenes Dribbling von Lukas Klünter.
Bereits nach dem Freitagsspiel wurde eine Diskussion darüber geführt, ob und inwieweit eine Mannschaft dazu gezwungen ist, den Ball ins Seitenaus zu spielen, wenn sich ein gegnerischer Akteur verletzt. Am Freitag ging es um Dante, der von Chicharito fair vom Ball getrennt und dabei für alle offensichtlich nicht schwer verletzt wurde. Im Anschluss spielte Leverkusen schnell nach vorne, Chicharito schloss ab und markierte das 2:0. Für mich abseits aller sonstigen Gedanken über die Leverkusener Mannschaft nichts Verwerfliches, da einzig und allein eine Instanz auf dem Fußballfeld zu entscheiden hat, wann das Spiel unterbrochen wird: der Schiedsrichter. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass diese Diskussion so schnell wieder an Fahrt aufnehmen würde, gerade nicht in der Endphase des Spiels des effzeh.
Bilder zum Spiel gegen Hoffenheim [g-carousel gid=”26030″ height=”75″ per_time=”5″]
Selbst um den Lohn gebracht
Timo Horn fing mal wieder einen misslungenen Angriffsversuch der Hoffenheimer ab und entschied sich dazu, mit einem schnellen Abwurf die Lücken in der Hoffenheimer Abwehr auszunutzen. In der Tat boten sich auf der rechten Seite viele Räume für den effzeh, wenn mich nicht alles täuscht sogar eine Überzahlsituation, aus der man eventuell das 2:0 hätte erzielen können. Debütant Lukas Klünter erhielt also den Ball und legte ihn sich mit seinem zweiten Kontakt etwas zu weit vor, weswegen er in einen Zweikampf gezwungen wurde, woraufhin er den Ball verlor und sich durch den Zusammenprall wehtat. Ganz zu schweigen davon, dass in der besagten Szene sogar eventuell ein Foulspiel der Hoffenheimer zu erkennen war, verhielt sich der effzeh im Anschluss an diese Szene alles andere als geschickt.
André Kramaric, ansonsten relativ wirkungslos, narrte mit einer simplen Körpertäuschung zwei Gegenspieler und brachte den Ball in den torgefährlichen Raum, wo Timo Horn den Ball nicht weit genug klären konnte. Der zweite Hoffenheimer Spieler im Sechzehner, Aktivposten Kevin Volland, war auch so ziemlich der einzige Spieler seiner Mannschaft an diesem Tag, der ein Tor schießen wollte, was er dann aufgrund der Kölner Unkonzentriertheit in der Nachspielzeit auch noch durfte. Mit dem Ausgleich gingen natürlich nicht nur die Hoffnungen auf einen (verdienten) Auswärtssieg flöten, auch die von mir bereits zurechtgezimmerte Argumentation von wegen Abgebrühtheit und Cleverness konnte ich mir an die Backe schmieren. Dabei bot der Auftritt des effzeh eigentlich alles, was man sich im Vorfeld erhoffen hatte.
Mit Simon Zoller kehrte nach langer Verletzung ein wichtiger Faktor zurück, woraufhin vor allem Leo Bittencourt als vorrangig aktiver Offensivspieler entlastet wurde. Nachdem er kürzlich seine Torgefahr entdeckt hatte, durfte er in Hoffenheim eine etwas veränderte, zentralere Rolle als freies Radikal um Anthony Modeste einnehmen. Diese Rolle füllte Kölns Nummer 21 auch mit viel Fantasie und Spielfreude aus und trug dazu bei, dass der effzeh über weite Strecken die torgefährlichere Mannschaft war. Bereits im ersten Durchgang boten sich einige Gelegenheiten, um in Führung zu gehen (Modeste!), der solide und unaufgeregte Auftritt sorgte jedoch dafür, dass man positiv gestimmt in den zweiten Durchgang ging. Dort kamen dann die Hoffenheimer zu mehr Abschlussaktionen, bei denen sich in erster Linie Kevin Volland hervortat. Gerade als das Spiel etwas offener zu werden drohte, ging der effzeh jedoch in Führung: eine gute Bewegung von Bittencourt ermöglichte es Hector, relativ unbedrängt den Ball im Sechzehner zurückzulegen- in den Raum, aus dem einfach die meisten Tore fallen. Simon Zoller hatte dort keine Mühe, das Führungstor zu erzielen. Im Anschluss daran griffen dann die üblichen Mechanismen: der effzeh verteidigte tiefer, Hoffenheim rannte etwas blind an und brachte zusätzliche Offensivspieler. Eigentlich, so sah alles aus, schien der effzeh die Angriffsversuche im Griff zu haben, weswegen die Szene vor dem 1:1 umso ärgerlicher erscheint. Es war in meinen Augen nicht nötig, den Ball so früh abzuwerfen, Klünters Ballkontrolle war ebenso unglücklich. Am meisten ärgere ich mich allerdings darüber, dass man es nicht geschafft hatte, den Solo-Angriff von Kramaric zu unterbinden.
Aufregen über Hoffenheim bringt auch nichts
So sind es am Ende doch eher zwei verlorene Punkte, die jetzt zwar nicht allzu sehr wehtun, weil das Polster auf die gefährliche Zone immer noch komfortabel erscheint. Darüber hinaus waren die Unterschiede zwischen dem effzeh und der TSG auch zu groß, als dass man an diesem Tag davon hätte sprechen können, dass der effzeh ein Abstiegskandidat sei. Mit ein wenig mehr Zielstrebigkeit hätte man früher für eine Entscheidung sorgen müssen, was ja auch in dieser Saison nicht zum ersten Mal Bestandteil der Nachbetrachtung ist.
Abschließend noch ein paar Worte zum Thema Fair Play: ich bin der Meinung, dass es jetzt falsch wäre, sich aufgrund der Szene aus der Nachspielzeit über die Hoffenheimer Unsportlichkeit aufzuregen, den Ball nicht ins Aus zu spielen. In einer vergleichbaren Situation hätten die effzeh-Spieler zuhause bei Rückstand in der Nachspielzeit auch weiter nach vorne gespielt. Von daher wäre es jetzt falsch, die Schuld für den Ausgleich beim Schiedsrichter oder höheren Mächten zu suchen. Es gehört, und auch da wiederholen wir uns zum x-ten Mal, zum Lernprozess dieser Mannschaft dazu, über 90 Minuten konzentriert zu bleiben, gerade wenn die Führung gegen einen unterlegenen Gegner knapp ist.
Trotzdem hätte mir meine vorher zurechtgelegte Argumentation über den erwachsenen Auftritt und den Auswärtssieg in Hoffenheim besser gefallen.