Die Vorbereitung läuft gut, Kapitza, der auch eine Einladung zu einem U21-Länderspiel erhält, fühlt sich fit wie lange nicht und kann sich berechtigte Hoffnungen auf einen Stammplatz machen. „An einem heißen Sommertag spielten wir unser letztes Vorbereitungsspiel bei der Zwoten von Borussia Mönchengladbach“, erzählt er. „Ich lief mit einem Gegenspieler einem langen Ball hinterher; ich grätschte, der Gladbacher fiel hin, genau auf mein Knie – Kreuzbandriss!“
Operation, Krankenhausaufenthalt, Reha – die nächsten Monate verbringt der junge Innenverteidiger weitab des Fußballplatzes. „Ich habe sehr viel nachgedacht in dieser Zeit“, sagt er. „War es das mit meinem Traum vom Profifußball? Sollte ich mich auf meine berufliche Karriere konzentrieren und nebenbei noch irgendwo Fußball spielen? Diese Gedanken beschäftigten mich tagein, tagaus.“
Er nutzt die Zeit, um das Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Brühl abzulegen. Gleichzeitig arbeitet er eisern in der Reha, er will so schnell es geht auf den Platz zurück. Nach der Winterpause ist es soweit, er kann wieder an den ersten Trainingseinheiten teilnehmen. Im Frühjahr stehen Vertragsgespräche mit dem 1. FC Köln an. Der Verein verzichtet darauf, die Option auf den einjährigen Profivertrag zu ziehen, und bietet Gregor Kapitza einen erheblich reduzierten Einjahresvertrag als Vertragsamateur an. „Ich war enttäuscht, weil ich mir ein wenig mehr Vertrauen gewünscht hätte“, gibt er zu. „Ich habe dann nach einigem Zögern das Angebot angenommen, weil ich es noch ein Jahr probieren wollte.“
Letzte Saison in Köln und Wechsel nach Essen
Die Saison 2000/2001 nimmt er mit Dominique Ndjeng, Giovanni Federico und Massimo Cannizzaro in Angriff, bestreitet aber nur knapp die Hälfte der Pflichtspiele der zweiten Mannschaft und weiß, er muss wechseln. „Ich wollte unbedingt in der Oberliga Nordrhein bleiben, die damals die dritthöchste Liga war“, erläutert er. „Ich habe eine Zeitlang bei Fortuna Köln unter Uwe Fuchs mittrainiert. Zur gleichen Zeit war auch Gledson, ein brasilianischer Testspieler, dort zu Gast, der wie ich Innenverteidiger war, und für den Uwe Fuchs sich dann entschied.“ Schließlich zieht es Kapitza nach Essen zum Uhlenkrug, wo der ETB Schwarz-Weiß beheimatet ist.
Weggefährten Kapitzas: Deisler und Federico | Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Gleichzeitig beginnt er bei der Raiffeisenbank Frechen-Hürth eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Dienstschluss dort ist um 16.45 Uhr, um 18.15 beginnt das Training in Essen. „Ich kenne jeden Schleichweg von Köln nach Essen und zurück“, erzählt er. „Trotz des vielen Verkehrs auf dieser Strecke bin ich nie zu spät zum Training gekommen. Ich hatte allerdings Materialien mit Lerninhalten, die ich mir einprägen musste, auf dem Beifahrersitz liegen, und jedes Mal, wenn es einen Stau gab, habe ich zu den Unterlagen gegriffen und gelernt.“ Er lacht. „Deswegen sage ich heute noch oft, dass ich meine Ausbildung auf der Autobahn absolviert habe.“
Trainer der Essener ist Frank Benatelli, der zwischen 1983 und 1992 fast 200 Bundesligaspiele für den VFL Bochum bestritt. „Er war ein fantastischer Trainer“, schwärmt Kapitza noch heute. „Er hatte einen unnachahmlichen Blick für Situationen im Spiel. So machte er bei einem Gegentor nicht von vornherein die Abwehr verantwortlich, sondern erkannte genau, wo die Fehlerkette angefangen hatte und wies uns in der Nachbesprechung auch darauf hin. Von ihm habe ich sehr viel gelernt.“
Beim ETB spielt Gregor Kapitza in einem starken Team mit Spielern wie dem viel zu früh verstorbenen Torjäger Mike Möllensiep, Michael Klauß, Daniel Kuhn und Werner Kempkens. „Ich hatte eine gute Zeit bei Schwarz-Weiß, war Stammspieler, im Team stimmte es, der Trainer war prima, nur die verkehrsreiche Strecke von Köln nach Essen störte“, erinnert sich der ehemalige Kölner.
Zurück nach Köln: Wechsel zum FC Junkersdorf
2004 schließt er seine Ausbildung zum Bankkaufmann ab und geht zurück nach Köln. Die berufliche Belastung erlaubt die langen Fahrten zum Training nicht mehr. Er wechselt zum FC Junkersdorf, der gerade in die Oberliga Nordrhein aufgestiegen ist und von Jörg Merfeld trainiert wird. Hier trifft Kapitza auf viele ehemalige FC-Spieler wie Marcus Voike, Stephan Glaser, Stefan Kuchem, Robert Ciolek und auch Torjäger Jonas Wendt, mit dem er sich im Training verbissene Duelle liefert.
Das erste Oberligator in der Geschichte des Vereins schießt aber kein Torjäger, sondern der Innenverteidiger Gregor Kapitza. Nicht nur mit seinen weiteren drei Toren trägt er zum Klassenerhalt in der Saison 2004/2005 bei. Vor der nächsten Saison verlassen einige Stützen des Teams den Verein; der FC Junkersdorf stemmt sich verzweifelt gegen den Abstieg in die Verbandsliga Mittelrhein – vergebens. Wolfgang Jerat übernimmt das Traineramt und beeindruckt den ehemaligen Essener. „Er ist sicherlich einˈTypˈ, aber er ist auch ein Klassetrainer! Von ihm habe ich taktisch ungemein viel gelernt“, stellt Kapitza fest.
Auf der nächsten Seite: Freude am Fußball beim SC Brühl