Ruhe in Köln, Abstiegsangst in Augsburg – der FCA befindet sich in einer Negativspirale und trifft jetzt auf gefestigte Kölner. Ein Blick auf die typischen Mechanismen im Abstiegskampf.
Es ist irgendwie beruhigend, dass man beim effzeh mittlerweile weit davon entfernt ist, sich in der Endphase der Saison mit dem Kampf um den Klassenerhalt beschäftigen zu müssen. An vielen Standorten landauf und landab geistert momentan das berühmte “Abstiegsgespenst” umher, viele Teams stehen in ihren Ligen vor dem “Abgrund” und überall gibt es “nur noch Endspiele”. Dass in einer solchen sportlichen Extremsituation, in der es auf jeden Punkt ankommt, immer dieselben Mechanismen greifen, verdeutlicht sich am Beispiel des FC Augsburg, dem Gegner des 1. FC Köln am Karsamstag/Ostersamstag/Bundesligasamstag. Der FCA ist seit sechs Spielen sieglos, die letzten drei Partien gingen allesamt verloren. Die starke Serie des FC Ingolstadt sorgt sogar dafür, dass in Augsburg der direkte Abstieg wieder als reale Gefahr erscheint. Ein Szenario, das effzeh-Fans aufgrund der jüngeren Vergangenheit bestens bekannt sein dürfte.
In Augsburg greift die Panik um sich
Und siehe da: In Augsburg wurde nach dem letzten Wochenende der Trainer angezählt, Manuel Baum wird jedoch trotz intensiver Diskussionen um seine Person die Mannschaft bis Saisonende betreuen – so zumindest der Plan. “Der Verein steht geschlossen hinter Manuel Baum”, ließ Geschäftsführer Stefan Reuter verlauten. Bei der 0:2-Niederlage in Berlin blieb die vielfach geforderte “Reaktion auf dem Platz” allerdings aus. Dazu Baum: “Wir müssen nun alle Kräfte bündeln, um im nächsten Spiel wieder ein Erfolgserlebnis zu schaffen.”
Es folgte die öffentliche Zurschaustellung von Rückendeckung für den Trainer, die aber den Gepflogenheiten des Geschäfts zufolge nicht mehr sein könnte als eine Durchhalteparole – schon wird spekuliert, dass der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreiche. Die sportlichen Verantwortungsträger beim FCA entschieden sich aber dennoch, Baum weiter zu beschäftigen. Interessant war jedoch auch, was Torwart Marwin Hitz nach der Niederlage in Berlin gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte: “Wir brauchen wirklich einen kompletten Neustart, weil alles, was wir bisher versucht haben, hat nicht annähernd Früchte getragen.” Das scheint nicht wirklich zusammenzupassen mit dem, was sein Chef anschließend sagte.
Abstiegskampf: Kurztrainingslager, zusammenrücken, Arsch aufreißen
Der öffentliche Tenor lautet nun wie immer, dass Baum “jetzt liefern” müsse – wieder so eine abgedroschene Formulierung, die in diesem Zusammenhang herangezogen wird. FCA-Verteidiger Hinteregger fand während der Woche auch noch deutliche Worte gegenüber dem Kicker. “Wir müssen uns den Arsch aufreißen”, gab der Österreicher zu Protokoll. Damit sollte der Klassenerhalt doch eigentlich ein Selbstläufer sein! Doch damit nicht genug: Der FCA absolvierte vor dem Spiel gegen den effzeh ein Kurztrainingslager, um alle Möglichkeiten für eine ideale Spielvorbereitung ausschöpfen zu können. Enger zusammenrücken, Abschalten vom Drumherum, den Kopf freibekommen – man kann sich daraus zusammenreimen, wie der FCA diese Maßnahme an die Öffentlichkeit verkaufte.
Wird Bobadilla rechtzeitig fit?
Doch kommen wir zum Sportlichen. Wichtig aus effzeh-Sicht: FCA-Stürmer Raul Bobadilla litt unter der Woche immer noch unter Wadenproblemen, sein Einsatz am Samstag dürfte fraglich sein. Dies könnte dem effzeh insofern in die Karten spielen, als dass der ehemalige Gladbacher als Zielspieler und physisch starker Stürmer dem effzeh in den Aufeinandertreffen der letzten Jahren immer wieder Probleme bereitete. Doch die Personalsituation war für Manuel Baum auf der Pressekonferenz der Augsburger kein wirkliches Thema: Der Coach fordert eher, dass seine Mannschaft die Fehler aus den letzten Wochen abstellen solle.
Der Umgang mit negativem Druck in der Saisonendphase ist dabei natürlich nicht mit dem zu vergleichen, was der effzeh momentan verspürt: 40 Punkte sind erreicht, Europa als Krönung noch möglich, die Mannschaft trotz allem stabil. Wenn ein Gegner wie Augsburg in einer Negativspirale dringend Punkte benötigt und dazu noch nicht den Eindruck macht, mannschaftsintern extrem gefestigt zu sein, kann ein seriöses und kontrolliertes Auftreten des Gegners viel bewirken.
Für den effzeh gilt: Die eigene Qualität durchbringen
Baums Kölner Kollege setzt darauf, dass seine Mannschaft entweder kämpferisch oder spielerisch dagegenhalten müsse – die Spielweise der Augsburg ist natürlich körperbetont, aber ohne die nötige Zweikampf- und Laufbereitschaft funktioniert es in der Bundesliga nicht. Was es ausmacht, gegen ein spielerisch überlegenes Team antreten zu müssen, konnte die Mannschaft von Peter Stöger noch in der letzten Woche gegen Gladbach erfahren, wo man völlig verdient verlor. Und so muss es der Ansatz des 1. FC Köln sein, durch physische Präsenz dem Gegner gleich von Beginn an zu signalisieren, dass man dagegenhält – um dann, nach den gewonnen Zweikämpfen, zielorientiert nach vorne zu spielen.
Dann dürfte der effzeh davon profitieren, dass mit Yuya Osako der Verbindungsspieler zurückkehrt, der laut Stöger in den vergangenen Wochen ein “spielbestimmender Faktor” gewesen war. Mit Osako dürfte der effzeh eine größere Ballsicherheit aufweisen, die gerade in einem solchen Spiel von enormer Bedeutung ist: Augsburg wird darauf hoffen, dass der effzeh keine Spielkontrolle wird ausüben können. Probates Mittel in diesem Zusammenhang ist intensives Anlaufen, bei eigenem Ballbesitz lange Bälle. Das Ziel: Möglichst viel Hektik schaffen und damit dem effzeh die Kontrolle entreißen.
Spielkontrolle erlangen, Spiel gewinnen
Spielkontrolle kann man jedoch auch über den offensiven Umschaltmoment ausüben und hier verfügt der effzeh über quasi ideale Spielertypen: Modeste als Zielspieler, der immer an der Kante zum Abseits lauert und Osako als Passgeber, dazu Clemens und vielleicht auch Bittencourt als Tempomacher über die Flügel.
Es dürfte also ein Spiel werden, in dem der effzeh entscheidet, in welche Richtung es geht. Stöger hofft zwar darauf, dass seine Mannschaft entweder über das Kämpferische oder über das Spielerische kommt, es wird jedoch eine Mischung aus beidem brauchen. Schafft es der effzeh, die Spielkontrolle an sich zu reißen, dürfte er das Spiel gewinnen. Und da sollten auch Durchhalteparolen, Kurztrainingslager und öffentliche Bekenntnisse zum Trainer der Augsburger keine Rolle spielen.