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Nachspiel

Fazit: bitter. Puls: noch auf 180

Da wäre mehr drin gewesen. Der effzeh verliert unglücklich, unverdient und ungerecht sein Heimspiel gegen Hannover 96.

© Eduard Schmulenson
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von unserem Autor Arne Steinberg

Genau zwei Wochen nach dem mittlerweile fast schon obligatorischen Auswärtssieg beim FC Schalke bot sich für den Effzeh die Chance, mit einem Sieg gegen Hannover 96 (beileibe kein Team, welches auswärts regelmäßig Erfolgserlebnisse feiert) den Abstand nach unten weiter zu vergrößern. Ich rede jetzt bewusst nicht davon, dass man sich mit einem Sieg in der Spitzengruppe hätte etablieren können, alleine die Wortfolge „Effzeh“ und „Spitzenmannschaft“ bringt mich unweigerlich zum Stocken. Einerseits bin ich sie nur mit dem Zusatz „in der zweiten Liga“ gewohnt, andererseits ist sie übertrieben und nicht der Realität und der Zielsetzung des Vereins entsprechend. Mit einem Sieg hätte der Effzeh dennoch seine Bilanz auf stolze 17 Punkte nach neun Spielen ausbauen können. Diesen Punktestand erreichte man in den vergangenen Erstliga-Spielzeiten erst knapp nach Ostern. Dass es dann nicht so kam, hatte einen direkten und einen indirekten Grund. Doch der Reihe nach.

Im Vergleich zum Auftritt auf Schalke nahm Peter Stöger keine personellen Veränderungen vor und es sah dann tendenziell auch nicht so verkehrt aus, was der Effzeh auf den Rasen brachte. Immerhin spielte man ja gegen eine Mannschaft von Michael Frontzeck, gegen die die Erfolgsbilanzen kürzlich nicht allzu rosig aussahen. Dass dessen Team dazu noch in betörend schönen Trikots auflief, erschwerte die Aufgabe für den Effzeh. Dennoch begann rut-wieß engagiert und hatte gerade in der Anfangsphase einige gute Aktionen über das umtriebige Pärchen auf der linken Außenbahn bestehend aus einem motivierten und emsigen Leonardo Bittencourt und Nationalspieler Jonas Hector, der nach Meinung des Nationaltrainers Löw pro Spiel mindestens drei Scorerpunkte zu verzeichnen haben sollte. Der Effzeh kam zu Abschlüssen von eben jenem Bittencourt und Anthony Modeste, dessen akrobatischer Schuss während der Fallbewegung müllereske Züge hatte. Eine scharfe Flanke von Hector hätte Hannovers Kapitän Schulz fast ins eigene Tor geklärt, bevor Marcel Risse mit einem satten Schuss aus der Distanz das erste Mal Ex-Kölner Ron-Robert Zieler zum Eingreifen zwang. Zwischendurch schoss Olkowski aus kurzer Distanz den Ball an die Hand von Schulz, die Pfeife des Schiedsrichters Dankert blieb allerdings stumm. Die oft geführte Diskussion, ob strafbares Handspiel oder nicht, fand gerade bei solchen Szene nie eine definitive Antwort, von daher hätte die Entscheidung berechtigterweise in beide Richtungen gehen können.

© Eduard Schmulenson

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In der folgenden Szene verketteten sich allerdings die fehlerhaften Entscheidungen des Schiedsrichters zur bis dato extrem glücklichen Führung von Hannover 96. Dass der Eckball in der Entstehung vermeidbar war, war dabei noch das geringste Problem. Wie dem auch sei, Kiyotake brachte den Ball den kurzen Pfosten, an dem Christian Schulz möglicherweise schon ein Foul an Jonas Hector beging, dennoch konnte Hannovers Kapitän den Ball mithilfe von Anthony Modeste Richtung Tor verlängern. Timo Horn konnte zwar reagieren und brachte die Fingerspitzen noch an den Ball, sodass sich die Flugkurve des Balles dahingehend veränderte, dass Leon Andreasen den Ball nur noch mit dem Arm über die Linie drücken konnte. Dass dies nicht regelkonform war, ging dem Großteil der Stadionbesucher schon relativ unmittelbar danach auf, auch das verzweifelte und energische Reklamieren des Effzeh sprach Bände. Die Krönung war allerdings der nahezu nicht existente Jubel des Dänen. Dass er sich nach dem Spiel im Interview so äußerte, dass er nicht mehr wisse, wie er den Ball berührt habe und dass er nach dem Tor „zu müde zum Jubeln“ gewesen wäre, setzt schon einiges an Chuzpe voraus. Die an sich gute Leistung des Effzeh war nach diesem emotionalen Moment wie abgeschnitten und man hatte Glück, dass man nur mit 0:1 in die Pause gehen konnte. Auf jeden Fall hatte der „Kempa-Trick“ (O-Ton Schmadtke) den Spielverlauf gehörig auf den Kopf gestellt. In der Halbzeit sollte man dann tunlichst zusehen, seine Nerven soweit in den Griff zu bekommen, dass man nicht in jeder Situation überemotional reagiert.

Allerdings ist das nach einer Fehlentscheidung dieser Größenordnung wirklich schwierig, wie es auch im zweiten Durchgang zu beobachten war. Der Effzeh büßte einiges an Kreativität und Tempo ein, hatte nach einem Doppelwechsel nach 57 Minuten (Jojic und Zoller für Gerhardt und Olkowski) dennoch Chancen auf den Ausgleich. Zieler hielt einen aus kurzer Distanz abgegebenen Kopfball von Anthony Modeste in starker Manier, kurz darauf faustete er einen dankbar geschossenen Freistoß von Jojic aus dem Eck. Emotional wurde es erneut nach 69 Minuten, als der sehr körperbetont spielende Sané (der erst erstaunlich spät die gelbe Karte sah) den Ball an den (angelehnten) Arm bekam. Noch unter dem Eindruck dieser Szene stehend ließ sich Modeste fast zu einer Tätlichkeit gegen Schulz hinreißen, hier war Dankert auch nicht zwingend auf der Höhe. Der Franzose hätte schon für den Versuch des Nachtretens bestraft werden können. Philipp Hosiner hatte nach einem scharfen Risse-Pass im Eins-gegen-Eins gegen Zieler die Chance auf den Ausgleich, scheiterte aber ebenfalls. Gegen Ende der Partie holte der Effzeh dann die Brechstange raus und in zwei aufeinanderfolgenden Szenen hatte H96 großes Glück: Modestes Kopfball hielt Zieler überragend, Sörensens Kopfball nach der anschließenden Ecke ging knapp über den Kasten. Verzweifelte lange Bälle waren dann das letzte Mittel, welches die Niedersachsen aber bis zum Schlusspfiff clever verteidigten.

© Eduard Schmulenson

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Woran hat es gelegen? Es ist natürlich immer bitter, wenn eine Schiedsrichterentscheidung einen solch großen Einfluss auf ein Spiel hat. Dass das Tor irregulär war, ist unstrittig (dies war der direkte Grund für die Niederlage). Dass man damit erst einmal umgehen muss, ist schwer, gerade für eine junge Mannschaft wie die des Effzeh. Man kann der Mannschaft in diesem Spiel vom Engagement her keinen großen Vorwurf machen, die starken Emotionen sorgten allerdings auch dafür, dass der Effzeh den Faden verlor. Dies ist aber allzu menschlich (und der der indirekte Grund für die Niederlage).

Ohne diese Szene hätte der Effzeh das Spiel höchstwahrscheinlich ganz anders bestritten. Dass viele vom Torschützen Andreasen forderten, er hätte sein Handspiel zugeben müssen, ist verständlich. Allerdings muss man eine solche Entscheidung in Sekundenbruchteilen unter enorm hohen Druck fällen. Dass sich der Däne statt für das Fair Play für Opportunität entschied, muss man weder verstehen noch gutheißen, allerdings lässt es sich durchaus nachvollziehen. Für mich spricht sein „Jubel“ nach dem Tor Bände. I-Tüpfelchen eines ansonsten eher unterdurchschnittlich guten Tages war dann Frontzeck, der sagte dass man „sich für nichts entschuldigen“ bräuchte. Kann man so sehen, muss man aber nicht zwingend. Nach dieser in der Entstehung höchst unglücklichen Niederlage tritt der Effzeh in zwei Wochen zum nächsten Bundesligaspiel zuhause die TSG Hoffenheim. Der nächste Gegner aus München spielt ja bekanntlich in seiner eigenen Liga.

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