Matthias Sammer spricht im Interview bei Eurosport über die Lage beim 1. FC Köln, dessen Trainer Peter Stöger und den Neuzugang Pizarro.
In zwei Tagen eröffnet der 1. FC Köln mit dem Auswärtsspiel in Stuttgart den achten Spieltag der Bundesliga. Während der einwöchigen Länderspielpause bestand aufgrund der sportlich schwierigen Lage des effzeh natürlich an vielen Orten Redebedarf – Stöger im Interview beim “Kicker” und bei der “Westdeutschen Zeitung” (dazu später mehr), Schmadtke beim “Kölner Stadtanzeiger” und auch Eurosport-Experte Matthias Sammer. Der ehemalige Sportdirektor von Bayern München stand beim Fernsehsender, der am Freitag das Duell in Stuttgart überträgt, Rede und Antwort zur Situation beim 1. FC Köln. Sammer glaubt dabei, dass der effzeh sich mittelfristig aus dieser aktuell misslichen Lage befreien dürfte.
Stöger der richtige Mann für den nächsten Entwicklungsschritt
Auf die Frage hin, ob ihn der Start der Domstädter schockiert habe, sagte Sammer: “Ich bin eher ein bisschen traurig, weil ich den Klub sehr genau analysieren konnte und die Mannschaft eigentlich den nächsten Entwicklungsschritt gehen wollte.” Das hat jetzt eher weniger gut funktioniert, aber die Art und Weise, mit den Niederlagen umzugehen, imponierte Sammer. “Es gibt Prozesse, die Zeit benötigen. Die Mannschaft unterläuft eine Entwicklung und versucht, den nächsten Schritt zu gehen.” Peter Stöger sei dabei, so Sammer, allerdings immer noch der richtige Mann – trotz der schlechten Bilanz. In einer solchen Phase sei es “elementar und entscheidend, Ruhe auszustrahlen.”
“Die ganze Entwicklung” sei “immer in Bezug auf die Vereinsführung” zu sehen. Es sei absehbar gewesen, dass Köln “gewissen Schwankungen unterlegen” würde, gerade aufgrund der internationalen Spiele. Diese Tatsache in Kauf zu nehmen und “den Rhythmus zu brechen”, daran seien viele Personen beteiligt und nicht nur der Trainer. Sammer ist allerdings davon überzeugt, dass man das beim effzeh hinbekomme. In solchen Phasen sei es wichtig, “nicht den Glauben und die Überzeugung zu verlieren”. Der Weg solle gemeinsam beschritten werden, wie der Eurosport-Experte betont. “Solange es in der Vereinsspitze nicht den Ansatz gibt, das in Frage zu stellen, ist eine Frage der Zeit, bis es wieder funktioniert.”
Stöger “für die Bundesliga etwas Besonderes”
Für Stögers bisherige Arbeit in Köln hat Sammer lobende Worte übrig: “Ich glaube, dass die Leistung in Verbindung mit seiner Persönlichkeit dem Verein gut getan haben. Ich erinnere an die Zeit vorher, diese Unruhe, Fluktuation, fehlende Kontinuität auf der Trainerposition. Das wünscht sich keiner mehr.” Daher solle man jetzt Stöger und sein Team “stützen, stärken und gemeinsam durch das kleine Tal durchmarschieren”.
Dass der Österreicher gegenüber dem “Kicker” sagte, dass der nächste große Schritt für ihn jetzt sei, “unbeschadet aus dieser Situation herauszukommen”, findet Sammer ebenfalls beachtenswert. “Die Menschlichkeit in dieser Antwort ist nicht hoch genug einzuschätzen. Er ist für die Bundesliga etwas Besonderes, ich wünsche ihm alles Gute. Er bekommt noch größeren Respekt, wenn er dieses Ziel erreicht.” Die nächste Aufgabe sei es jetzt, die “Balance zwischen Stabilität und Entwicklung” zu finden.
Pizarro? “Eine gute Verpflichtung!”
Neuzugang Claudio Pizarro soll dem 1. FC Köln dabei helfen – Sammer scheint die Idee zu gefallen. Pizarro sei ein “phantastischer Fußballer und ein wunderbarer Mensch”. Auf dem Feld gar “ein kleines Schlitzohr”, dessen Bedeutung für die Gruppe allerdings mindestens ebenso groß sein wird wie als Torjäger. Die “positive Art des Umgangs” schätzt Sammer besonders. Aufgrund der außergewöhnlichen Qualität des Peruaners (“Diese Drehungen, dieser Instinkt!”) käme dem 1. FC Köln und seinen vielen jungen Spielern zugute. Der ehemalige Werder-Stürmer sei genau der “Rhythmusbrecher”, den Sammer eingangs schon einmal angesprochen hatte.
Alles, was man braucht, damit es im Fußball funktioniert, funktioniert bei uns nicht optimal: das Verteidigungsspiel der Gruppierung. Das Offensivspiel.
Stöger selbst äußerte sich vor dem Stuttgart-Spiel ebenfalls zu Pizarro, dieses Mal im Interview mit der “Westdeutschen Zeitung“. Der Österreicher ging erneut auf die Gründe für die Verpflichtung des Peruaners ein: “Wir haben gefühlt viele Situationen im Strafraum, aus denen wenig entsteht. Also haben wir uns angeschaut, ob da noch jemand ist, der gerne noch kicken würde, der keinen Verein bekommen hat, weil er vielleicht zu hoch gepokert hat, verletzt war oder auch gefühlt zu alt ist. Und dann landet man schnell bei Pizarro.” Weiterhin sei es jedoch wichtig, dass der effzeh an den Defiziten arbeite, die zweifelsfrei vorlägen.
Stöger: “Wir haben derzeit zu viele Fehlerquellen”
Stöger dazu: “Alles, was man braucht, damit es im Fußball funktioniert, funktioniert bei uns nicht optimal: das Verteidigungsspiel der Gruppierung. Das Offensivspiel. Wir haben zu viele Fehlerquellen, die der Gegner derzeit auch besonders intensiv ausnutzt.” Der Österreicher verneint, dass man sich im Offensivspiel weniger Torchancen herausarbeite als noch im Vorjahr. Dennoch brauche es wieder “die Basics”, konkret Kompaktheit und festgelegte Mechanismen. Großartig Gedanken über eine unpassende Kaderplanung mache sich Stöger daher keine. “Was weg ist, ist weg. Was da ist, ist da. Mein Job ist es, daraus das Bestmögliche herauszuholen.”
Ähnlich zu seinen Worten im “Kicker” erweckt Stöger auch nicht den Eindruck, sonderlich unruhig oder gar nervös zu sein – trotz der schlechten Ausgangslage. “Die Hoffnung und der Glaube daran, dass wir das in dieser Konstellation korrigieren können, ist immer noch relativ groß. Die Zusammenarbeit mit den Spielern ist wie immer gut. Und das ist die Basis dafür, da wieder raus zu finden”, gibt sich der Trainer zuversichtlich. Aber, so realistisch ist Stöger auch, irgendwann würden auch die Ergebnisse zählen – und auch bei weiterem Misserfolg seine Arbeit in Frage gestellt werden. Doch Stöger vertraut auf das gute Verhältnis zwischen ihm und seiner Mannschaft und betont: “Wir haben eine richtig tolle Gruppierung, und die Qualität haben wir uns immer dadurch erhalten, dass wir nach dem Leistungsprinzip gegangen sind. Das hat die Trainingsqualität hoch gehalten, das hat auch die Fitness hochgehalten – und das hat die Qualität bestimmt. Das wird sich nicht ändern.”