Ein kleines Stadion, 7203 Zuschauer, ausverkauft, tiefer Rasen, jeder Schritt ist schwer, ab der ersten Spielminute, Flutlichtspiel, Dienstagabend, leichter Schneeregen. Wie soll man da ein ordentliches Fußballspiel abliefern? Zudem vollzieht der Heimverein einen mehr als cleveren Schachzug, scheinbar bei jedem Heimspiel. Die eigenen Fans werden auf der Haupt- und Gegentribüne platziert und liefern sich fast das komplette Spiel einen Wechselgesang. Die Gästefans stehen in der Kurve, in einem Stadion das noch eine Aschenbahn hat, also ca. 100 Meter vom Tor entfernt. Da helfen nur besondere visuelle Aktivitäten um auf sich aufmerksam zu machen, sollte man glauben. Es ist Pokalnacht, der Vollmond versteckt sich hauptsächlich hinter den tiefhängenden Wolken, die Stimmung ist trotzdem durchweg positiv, in beiden Lagern. Worms ist froh so weit gekommen zu sein und hofft auf seine Außenseiterchance, der effzeh sollte bei einem ähnlich engagierten Auftritt wie zuletzt gegen Lautern hier locker weiterkommen.
Ausgangslage
Beim Unentschieden im Ligaspiel wurde Bröker verletzt ausgewechselt und hat scheinbar noch Probleme mit seinem Rücken. Ishak ist auch angeschlagen. Beide fahren also nicht mit nach Worms. Stani muss also nur 2 Spieler aussortieren: Tese und Kübler. Der Trainer betont aber, dass die Zeit kommen wird, in der er noch beide braucht. Der Kader dürfte somit qualitativ gut genug besetzt sein, um den Regionalligisten aus dem Pokal zu werfen.
Beim Regionalligisten stehen wie beim effzeh junge Spieler im Vordergrund, hauptsächlich Studenten, die sich ihr Studium mit Fußball finanzieren, dementsprechend fit ist die Truppe. Und kicken können die auch. Der Trainer, Ronny Borchers, ehemaliger Bundesligaspieler bei Eintracht Frankfurt und Nationalspieler, hat die Wormatia nach 2 Fast-Abstiegen in die obere Tabellenhälfte der Regionalliga geführt. Ganz Worms freut sich auf einen Pokalfight. Damit er in der heimischen EWR-Arena stattfinden kann, wurde extra das Flutlicht nachgerüstet.
Spielverlauf
Man merkt, der effzeh ist gewarnt. Gegen die Hertha gelang den Wormsern ein früher Treffer, was ihrer Spielweise, hinten tief zu stehen und nadelstichartige Konter zu setzen, sehr entgegen kam. Das gilt es zu verhindern. Deshalb versucht man in den Anfangsminuten vor allem hinten sicher zu stehen, kein übermäßiges Risiko zu gehen. Weil das ist klar, wenn die Wormser hier in Führung gehen, wird es ein ganz schweres Spiel. Leider stellt sich dadurch nicht die geplante Sicherheit ein. Es kommt kaum zu nennenswerten Szenen vor den Toren, ein richtiger Pokalfight.
Für den verletzten Dominic Maroh kommt nach der Pause Kevin McKenna aus der Kabine. Maroh hat inzwischen Entwarnung gegeben und ist zuversichtlich in Aalen am Sonntag dabei zu sein. In der zweiten Hälfte merkt man dem effzeh an, dass sich weiterhin keine Sicherheit einstellen will. Im Gegenteil, der Regionalligist spielt sehr gut mit. Vor allem der Spieler mit der Nummer 10, Kevin Wittke, lässt die Defensivkräfte des effzeh einige Male dumm da stehen. Ein sehr auffälliges Spiel des Spielmachers. Wer soll jetzt schon ahnen, dass er zur tragischen Figur werden würde.
In der Verlängerung setzt sich das Spiel fort, außer dass der Regionalligist zu der klarsten Chancen des Spiels kommt. Anfang der ersten Verlängerung verkürzt Timo Horn geschickt den Winkel, so dass der freie Lukas Oppermann knapp am linken Pfosten vorbeischießt…
Was gibt es dramatischeres als dass ein KO-Spiel im Elfmeterschießen entschieden werden muss? Dieses muss. Das haben sich vor allem die Amateure verdient. Den dritten Elfmeter kann Timo Horn großartig parieren. Gegen eben jenen Kevin Wittke, der wohl ansonsten das Spiel seines Lebens gemacht hat. Der Pokal schreibt Geschichten. Nach zwei weiteren verwandelten Elfmetern ballert Sascha Bigalke den Ball an den linken Pfosten. Der nächste Schütze der Wormser, Marcel Abele, nagelt den Ball an die Latte und Miso Brecko sorgt mit seinem platzierten Schuss für den Einzug in die nächste Runde.
Spieler im Fokus
Timo Horn – einziger fehlerfreier und konstant guter Kölner auf dem Feld
Adil Chihi – er will, er kann, aber warum tut er nicht? sehr unglückliches Spiel, hält den Ball zu lange und versucht immer die komplizierten Dinge vor den einfachen, vergibt die wohl größten Kölner Chancen
Sascha Bigalke – ähnlich wie Chihi, seine Einwechslung hat das Spiel belebt, aber spielt gefühlte 10 x den direkten Ball in die Spitze auf Ujah, der je von 3 Gegenspielern umzingelt war, anstatt nach außen, wo der Außenstürmer komplett frei stand
Mannschaft – man kann ihr den Willen nicht absprechen, sie hat die taktische Marschroute umgesetzt, sich leider keine Sicherheit geholt und vorne auf schwer bespielbarem Platz zu wenig Kreativitiät gezeigt.
Fazit
Ein gutes Turnierpferd springt nur so hoch, wie es muss. Bei der Kohle, die der effzeh jetzt unplanmäßig bekommt und der weiter existierenden Chance, noch weiter zu kommen, ist doch völlig egal wie man gespielt hat. Bei der Auslosung ist eine Kugel mit “1. FC Köln” im Topf, das ist wichtig. Der Rest interessiert höchstens die Statistiker!
Stimmen zum Spiel
Holger Stanislawski: Wir sind heute glücklich im Elfmeterschießen weitergekommen und damit weiter im Topf. Wir haben das Spiel ganz gut begonnen und dann nach und nach einige Dinge falsch gemacht, den Ball zu lange gehalten. Worms ist dann immer stärker geworden und hintenraus war es ein offener Schlagabtausch. Insgesamt können wir natürlich mit der gezeigten Leistung nicht zufrieden sein.
Ronny Borchers: Wir haben heute über 120 Minuten außergewöhnlich gut gespielt. Traurig ist es für die Jungs, die daneben geschossen zu haben. Ich habe hier in Worms mal den Auftrag erhalten, die Fans zurückzugewinnen. Am Freitag habe ich das Spiel in Köln gesehen und war beeindruckt wie die Fans dort mit der Mannschaft umgegangen sind. Genau so beeindruckt war ich heute, zwar ein paar tausend Zuschauer weniger aber der Umgang unserer Fans mit der Mannschaft war herausragend. Es hat den Jungs Riesenspaß gemacht und für unser Selbstvertrauen war das sehr gut.
Matthias Lehmann: Wir haben nicht nur dreckig gewonnen, wir haben uns richtig schwer getan. In der ersten noch etwas besser als in der zweiten Halbzeit. Wir sind weitergekommen, das ist was zählt.
Christian Eichner: Die erste Halbzeit waren wir besser. Wenn man aber die restliche Spielzeit betrachtet muss man klar sagen, dass Wormatia die besser Torchance hatte und wäre sicherlich auch nicht unverdient weitergekommen. Das war ein Klassiker, wie er jedes Jahr, normalerweise in der ersten Runde stattfindet. Je länger du kein Tor schießt, desto schwieriger wird so eine Partie. Ich war dankbar, dass das Elfmeterschießen nach 5 Schützen vorbei war, bin mirt nicht ganz sicher wann ich zuletzt einen Elfmeter geschossen habe.
Timo Horn: Ich hatte gehofft, dass wir das Spiel schon in den 90 Minuten entscheiden. Wir haben es am Ende unnötig spannend gemacht. Worms hatte am Ende die ein oder andere Gelegenheit selbst das Spiel zu entscheiden. Wir haben es nicht geschafft unser Spiel aufzuziehen. Das war ein deutlicher Rückschritt gegenüber dem letzten Spiel gegen Kaiserslautern. Letztlich zählt aber im Pokal weiterzukommen, das wird uns sicher Selbstvertrauen geben für die nächsten Spiele.
Tore: 1:0 Rösner, 1:1 Chihi, 2:1 Bauer, 2:2 Lehmann, 2:3 Matuschyk, 3:3 Steil, 3:4 Brecko
1. FC Köln: Horn – Eichner, Wimmer, Maroh (46. Mc Kenna), Brecko – Strobl (117. Matuschyk), Lehmann – Royer (62. Bigalke), Chihi, Clemens – Ujah
Wormatia Worms: Knödler – Böcher (106. Gopko), Rösner, Steil, Bauer – Abele, Wittke – Ammann, Toch (70. Oppermann), Bektasi – M. Röser (109. Feucht)
Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
Gelbe Karten: Brecko
Zuschauer: 7203 (ausverkauft)