Folge uns
.

Kolumnen

Ein Symbol namens Hector

Beim 3:1 der DFB-Elf über Polen stach besonders einer heraus: effzeh-Linksverteidiger Jonas Hector! Der Nationalspieler ist quasi das Gesicht des neuen Kölner Weges. Ein Gastbeitrag von Arne Steinberg.

Foto: Eduard Schmulenson

Beim 3:1 der DFB-Elf über Polen stach besonders einer heraus: effzeh-Linksverteidiger Jonas Hector! Der Nationalspieler ist quasi das Gesicht des neuen Kölner Weges. Ein Gastbeitrag von Arne Steinberg.

Länderspielpausen sind in der Wahrnehmung ja generell eher so die Montage unter den Wochentagen. Ein notwendiges Übel, das es zu überstehen gilt,  bevor wieder der angenehme Teil kommt, auf den man sich sowieso freut. Wenn dann aber Spiele der #DieMannschaft laufen, fokussiert sich der Blick wie automatisch auf die Leistungen der effzeh-Profis. Diese waren in der Vergangenheit zugegebenermaßen relativ rar gesät im DFB-Trikot, bis auf Lukas Podolski (mittlerweile Maskottchen) und ein paar Cameo-Auftritte vom jetzigen Co-Trainer der effzeh-U21 Patrick Helmes (immerhin vier als Spieler des Effzeh) musste man schon ziemlich weit zurückgehen, um kölsche Stützen der Nationalmannschaft zu finden.

Seit dem Wiederaufstieg des Effzeh schickt sich aber ein 25-jähriger Saarländer an, auf Dauer ein wichtiger Bestandteil der von Joachim Löw dirigierten Équipe zu werden – Jonas Hector, geboren im Jahr 1990 und damit eigentlich gar nicht mehr so jung, hat mittlerweile seit fast drei Jahren die Linksverteidigerposition beim Effzeh monopolisiert und die sportliche Konsolidierung des einstigen Chaosklubs mit zu verantworten. Nachdem der Effzeh ihn 2010 von seinem Jugendverein SV Auersmacher losgeeist hatte, wurde der damalige U21-Akteur unter einem gewissen Holger Stanislawski (mittlerweile Gouda-Verkäufer) in den Kader der ersten Mannschaft geholt.

Aus der Verbandsliga ins DFB-Team

Nach 61 Spielen und fünf Toren im Trikot der jungen Geißböcke in der Regionalliga West kam Hector in seiner ersten Profisaison auf 24 Einsätze – und das, obwohl er nie ein Jugendleistungszentrum durchlaufen und bis vor wenigen Jahren noch auf saarländischen Ascheplätzen zum Halbraumdribbling angesetzt hatte. Diese Erfahrungen aus der Verbandsliga ließen Hector bodenständig bleiben, nach der erstmaligen Berufung in den Kader durch Stanislawski brauchte er logischerweise einen gewissen Moment, um sich an die Ansprüche des Profifußballs zu gewöhnen. Seine ersten Einsätze fuhr Hector dann tatsächlich noch im defensiven Mittelfeld (darunter ein 0:2 im ersten Spiel in Aue, triste Zeiten waren das damals in Müngersdorf) und rotierte durchaus häufig zwischen Ersatzbank und Startelf, bevor er dann am 13. Spieltag der Saison 2012/2013 in einem 0:0 (auch in der Höhe verdient) gegen den MSV Duisburg seine Berufung als Linksverteidiger finden sollte.

Drei Jahre später ist Jonas Hector ein abgeklärter Profi, der in einem eminent wichtigen EM-Qualifikationsspiel für die deutsche Nationalmannschaft gegen Polen eine absolut überzeugende Leistung abruft und an allen drei Toren beteiligt ist. Die ersten beiden kommen durch seine offensive Interpretation der Außenverteidiger-Rolle zustande: Eine gute Ballkontrolle, ein Antritt und ein paar intelligente Pässe des Kölners bringen Deutschland mit 2:0 in Führung. Dass Hector erst sechs Länderspiele absolviert hat, merkt man ihm dabei kaum an.

Ohne Facebook zur Marke

Als Effzeh-Fan haben die Spiele der Nationalmannschaft natürlich mittlerweile einen anderen Reiz bekommen und der Fokus liegt weniger auf Lukas Podolski. Die Weltmarke LP10 tingelt aktuell durch die europäischen Ligen und versprüht gute Laune bei der Nationalmannschaft, während die andere kölsche Ikone durch eher leise Töne und sportliche Leistungen auf sich aufmerksam macht. Dabei könnten die Unterschiede zwischen Podolski und Hector kaum größer sein: hier ein international bekannter, ehemaliger (sic!) Spieler von internationaler Klasse, der aus seiner Liebe zu seinem Heimatverein nie einen Hehl gemacht hat, bereits in vier europäischen Topligen unterwegs war und dort mehr oder weniger seine Qualitäten unter Beweis gestellt hat. Seine große internationale Bekanntheit rührt neben seinen unbestrittenen sportlichen Leistungen auch daher, dass Podolski es zeit seiner Karriere verstand, sich selbst und seine Liebe zur Stadt Köln angemessen zu vermarkten. Dazu gehören regelmäßige Posts auf Facebook, Instagram und Twitter, die Marke “#poldi” ist bis in den entlegensten Winkel Brasiliens bekannt.

Auf der anderen Seite steht mit Jonas Hector ein bescheidener, bodenständiger Junge aus dem Saarland, dessen heimischer Dialekt mittlerweile unüberhörbar eine kölsche Färbung erhalten hat. Hector betreibt keine Vermarktungsmaschine unter dem Label JH14 und ist in keinem sozialen Netzwerk aktiv, er bleibt seinem Credo, dass private Dinge auch privat bleiben sollten, auch als Nationalspieler treu. Seine Zurückhaltung, ja fast schon Bescheidenheit kam auch zum Ausdruck, als effzeh-Ersatztorwart Thomas Kessler im Wintertrainingslager durch die vereinseigene Videoplattform Kölner Frauen dazu aufrief, dem Junggesellen Hector doch mal zu schreiben. Wer die Szene sah, bemerkte: Unser Linksverteidiger fühlt sich sichtlich unwohl im Rampenlicht und lässt lieber seine sportlichen Leistungen sprechen.

Das Aushängeschild einer Entwicklung

Das passt bestens zum Image, welches sich der neue Effzeh seit dem Abstieg 2012 verpasst hat: eine gewisse Bodenständigkeit und Ruhe, mit Fokus auf seriösen sportlichen Leistungen mit dem Ziel, sich wieder als ernstzunehmender Verein in der Bundesliga zu etablieren. Dass Hector eines der Aushängeschilder dieser Entwicklung ist, überrascht nicht und tut sowohl Verein als auch Fans extrem gut. Begehrlichkeiten werden durch seine internationalen Auftritte naturgemäß auch geweckt und es steht auch fest, dass irgendwann ein größerer Verein auf Hector herantreten wird. Dies wäre nichts anderes als eine Auszeichnung und der logische Schritt einer Entwicklung, welche zeitlich ungefähr mit dem Debüt von Jonas Hector kollidierte. Dem König des Halbraumdribblings würde ich trotzdem einen roten Teppich auslegen, damit er seine Karriere in Köln beendet. Kölner sind so…

Dieser Beitrag erschien zunächst auf Arne Steinbergs Blog unnatuerlichehandbewegung.com.

Mehr aus Kolumnen

.