Lieber Anthony, Du wirst gerade noch in China sein, wenn Du diesen Brief liest. Es ist wohl für alle deine Kollegen und Dich mehr eine lästige Pflichterfüllung als ein wirklicher Genuss, nach einer langen, langen Saison noch einmal vier Tage umherzureisen und Termine wahrzunehmen, die eigentlich niemand braucht.
Viel lieber würdest Du mit deiner Mannschaft irgendwo richtig die Sau rauslassen, komplett ausrasten und einfach die ganze harte Arbeit vergessen, die Du in den letzten beiden Jahren in deinen Beruf gesteckt hast. Es ist ja nicht so, als wäre das nicht von Erfolg gewesen: 68 Bundesliga-Spiele und 40 Tore in zwei Jahren sprechen eine deutliche Sprache. Wir sind uns alle einig: Es ist eine unfassbare Bilanz, die Du da erreicht hast.
Und jetzt bist Du in China. Vielleicht kommst Du nie mehr richtig zurück nach Köln, vielleicht sogar nur, um die Umzugskartons zu packen. Vielleicht gehst Du nach Marseille, vielleicht nach London oder sonst wohin, wo man Dir das Geld zahlt, was Du verdienst. Beim 1. FC Köln lebst Du zwar auch nicht nur von Luft und Liebe, aber jeder kann verstehen, dass du für deine Familie sorgen willst. Das geht nun mal in England oder China besser als in Köln. Niemand wird Dir böse sein können, wenn Du den Verein verlässt.
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Denn Du hast uns die Hoffnung zurückgegeben. Nach 25 Jahren des Elends, in dem Stürmer beim effzeh eigentlich mehr stümperten als spielten, hast Du den ersten Bundesliga-Meister auf Rang fünf geschossen. Für jedes Jahr, dass der effzeh nicht in Europa gespielt hat, hast Du in dieser Saison ein Tor erzielt. Manche mit dem Fuß, einige mit dem Kopf, aber alle mit Herz.
Du bist 2015 zu uns gekommen, als uns gerade ein anderer Anthony verlassen hatte. Anthony Ujah hatte auch das Potenzial, zu einem Publikumsliebling zu werden, er folgte aber dem Ruf des Geldes. Seitdem war er in Köln nicht mehr allzu beliebt, doch dann kamst Du. Schnell wurde uns allen klar, dass wir keinen Ersatz, sondern eine Verstärkung bekommen hatten.
Seitdem wurden über Dich Lieder geschrieben und gesungen, sowohl in deiner Heimat Frankreich als auch in Deutschland. Zwischenzeitlich hatten wir es zu unserer Aufgabe gemacht, unter dem Hashtag #Modeste2018 deine Nominierung für die Nationalmannschaft zu fordern. Vielleicht hilft es Dir, wenn Du in deine Heimat zurückkehrst, um endlich für Les Bleus spielen zu können.
Als Du im letzten Saisonspiel gegen Mainz mit deinen Kindern eingelaufen bist, konnte man schon ahnen, dass es für Dich ein ganz besonderer Tag werden wird. Das Spiel war kaum vorbei, als Dich friedvolle Massen von effzeh-Fans umringten und den Kölner Messias der vergangenen zwei Jahre berühren wollten. Danach haben sie Dich auf Händen getragen und du hast geweint – es waren Bilder, die überall in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa für Bewunderung gesorgt haben. Eine Stadt liebt ihren Stürmer.
Egal, was in diesem Sommer passiert, Du wirst auf immer einen Ehrenplatz in unseren Herzen bekommen. Deine Tränen, deine Tore und dein Engagement werden wir Dir nie vergessen.
In ewiger Liebe,
die effzeh-Fans