Offensiv ist beim effzeh aktuell der Wurm drin: Auch gegen verunsicherte Hoffenheimer verzweifelt die Stöger-Elf an der eigenen Treffsicherheit und dem Schiedsrichter.
366 Minuten sind es mittlerweile. 366 verdammte Minuten ist der glorreiche 1. FC Köln ohne Tor in einem Pflichtspiel. Und da sind die Nachspielminuten noch gar nicht einberechnet. Selbst wenn wir die schier unlösbare Aufgabe bei den Über-Bayern ausnehmen: Gegen Hannover, in Bremen und nun gegen Hoffenheim manifestierte sich eine Offensivflaute bei der Stöger-Elf.
Denn an Chancen mangelte es auch beim torlosen Remis gegen erschreckend harmlose und verunsicherte Gäste aus dem Kraichgau nicht. Doch egal, ob Philipp Hosiner im Duell gegen 1899-Keeper Oliver Baumann, Kazuki Nagasawa im Alleingang auf das Hoffenheimer Tor oder Anthony Modeste bei einer Vielzahl an Möglichkeiten – der effzeh scheiterte neben den üblichen Schwächen im Angriffsspiel vor allem an der fehlenden Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse. Ob zu hoch (Modeste, Nagasawa), zu unplatziert (Hosiner, Modeste) oder schlichtweg zu harmlos (Osako), im Abschluss präsentierten sich die „Geißböcke“ nicht torhungrig genug.
(0.) Jetzt geht es los mit #koetsg. Überraschend von Beginn an dabei für den #effzeh: @HosinerP – Come on #effzeh! pic.twitter.com/rpv1nRfZhv
— effzeh.com (@effzeh_com) October 31, 2015
Flaute nach Blitzstart
Insbesondere bei Torjäger Modeste scheint sich ein altes Phänomen eingeschlichen zu haben: Nach Blitzstart kommt die Herbstflaute! Der französische Neuzugang startete bereits in Hoffenheim stets überragend, um danach dann signifikant abzubauen. Nach seinem Wechsel in den Kraichgau traf Modeste in sieben Pflichtspielen gleich achtmal, in den elf Spielen bis zur Winterpause verzeichnete der bullige Angreifer daraufhin keinen einzigen Torerfolg mehr. Auch im zweiten Jahr beim beliebten Traditionsverein aus der Rhein-Neckar-Amazonas-Kongo-Region lief es für ihn nicht sonderlich anders: Sechs Tore bis Anfang November, danach traf der Franzose zunächst bis Jahresschluss nichts mehr.
In Köln mangelt es derzeit vor allem an der nötigen Ruhe vor dem Tor: Am Samstag war es Modeste anzumerken, dass er den nächsten Treffer im effzeh-Dress erzwingen möchte. Sowohl bei der Chance kurz nach der Pause, als Kevin Vogt ihn per Hacke mustergültig in Szene setzte (47.), als auch nach tollem Angriff in der 64. Minute hatte der Torjäger genügend Zeit und Platz, zog aber den schnellen und kräftigen Abschluss vor. Doch es wäre viel zu einfach, die derzeitige Flaute nur am (einstigen) Torgaranten festzumachen: Insgesamt präsentiert sich der effzeh aktuell nicht torgefährlich genug. Von der Außenbahn (Risse, Bittencourt) ist aktuell ebenso wenig Zählbares zu verbuchen wie bei den Mittelfeldspielern (Lehmann, Vogt) und Modestes Partnern (Osako, Hosiner) in der Offensive. Unsere fehlende Durchschlagskraft bei den immer noch unsäglich schwachen Standardsituationen darf auch nicht unberücksichtigt bleiben.
Gepostet von 1. FC Köln Fanservice am Samstag, 31. Oktober 2015
Pech vorm Tor, Pech an der Pfeife
Und wenn einen die Unbeschwerheit und das Zutrauen vor dem gegnerischen Tor schon verlassen haben, dann bleiben einem – frei nach dem Motto „Haste schon kein Glück, kommt auch nach Pech dazu“ – auch die Fehler der Schiedsrichtergilde nicht erspart. Nach dem Skandal-Tor von Leon „Handröösen“ Andreasen gegen Hannover, das Bastian Dankert fröhlich anerkannte, stand nun Günter Perl im Fokus des Zorns der effzeh-Anhänger. Zunächst übersah er, wie viele andere im Stadion vermutlich auch, Strobls elfmeterreifes Handspiel bei Modestes Kopfball (58.), dann verweigerte er der Stöger-Elf in der Nachspielzeit einen recht klaren Foulelfmeter. Insgesamt war vor allem die Frage „Hand oder nicht“ wieder eine sehr umstrittene. Während bei Hoffenheim mehrmals die Pfeife trotz Handverdachts stumm blieb, pfiff Perl einen aussichtsreichen Angriff der Kölner wegen einer vermeintlichen Armberührung Modestes zum Ärger von Trainer, Spieler und Fans ab. In Köln-Müngersdorf scheint offensichtlich ein anderes Regelwerk zur Anwendung zu kommen.
Trotz allem Ärgers über die Schiedsrichterentscheidungen der letzten Heimspiele: Vor allem gegen Hoffenheim hatte der effzeh den Sieg auf dem eigenen Fuß, konnte allerdings auch beste Gelegenheiten nicht nutzen. Gegen ein erschreckend schwaches Hoffenheim, das sichtlich verunsichert über den Platz stolperte, hätte vermutlich ein einziger Wirkungstreffer gereicht, um den K.o. herbeizuführen. Es sollte aber an diesem Nachmittag nicht sein. Das hat natürlich Gründe: Gerade gegen Gegner auf Augenhöhe geht dem effzeh weiterhin die Durchschlagskraft ab. Der Wille ist dem Team nicht abzusprechen, doch an den notwendigen Mitteln, einen defensiveren Gegner auszuspielen, mangelt es immer noch.
Dennoch steht der effzeh – und das darf angesichts der aktuellen Flaute nicht vergessen werden – weiterhin komfortabel da. Das Polster, das sich die Stöger-Elf mit effektiveren Auftritten als zuletzt angefressen hat, ist noch üppig. Nach elf Spielen trennen acht Punkte unsere „Geißböcke“ von einem direkten Abstiegsplatz. Damit dieses nicht bedrohlich schmilzt, muss das Team sich bald wieder für ihre engagierten Auftritte belohnen. Das hieße, dass auch die Flaute von 366 Minuten nicht mehr großartig anwächst.
Was sonst noch auffiel
- Nr. 5 lebt: Dominic Maroh dürfte sich bald wieder von Beginn an auf dem Platz wieder finden. Der einstige Abwehrchef, nach einer langwierigen Muskelverletzung aus der Startelf gerutscht, wurde für den wackligen, aber nicht verletzten Sörensen in die Partie gebracht. Ein ungewöhnlicher Wechsel für Stöger, deutet aber die Unzufriedenheit mit dem Dänen an, der insbesondere im Aufbauspiel überfordert wirkte.
- Die 100 ist voll: Der effzeh dürfte sich in diesem Fall eher nicht darüber freuen, aber mit dem torlosen Remis gegen Hoffenheim machten unsere „Geißböcke“ das 100. 0:0 in der Bundesliga-Geschichte des Vereins perfekt. Nach dem Rekord aus der vergangenen Saison war es in dieser Spielzeit allerdings das erste Mal der Fall, dass beiden Teams bei einer effzeh-Partie kein Treffer gelang.
- Werner Spinner verfolgte die Partie in Hongkong mit dem dort ansässigen Fanklub:
Auch die Anfeuerung des #effzeh Fanclubs in Hongkong – mit Ehrengast Werner Spinner – hat nichts genutzt. #KOETSG pic.twitter.com/KMmHDFaDvI
— 1. FC Köln (@fckoeln) October 31, 2015