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Nachspiel

Dreckig gegen das Kopfkino

Das vorbestellte Kackspiel beginnt wie im Horrorfilm, setzt sich mit einer Schwalbe vom alten Tünn fort und endet mit Opossum-Osako sowie einem eiskalten Slowaken. Wahnsinn!

Foto: Dirk Unschuld
Foto-Credits Dirk Unschuld

Foto-Credits Dirk Unschuld

Dass das Spiel zwischen Werder Bremen und dem 1. FC Köln nicht unbedingt Fußball-Feinkost bieten sollte, war eigentlich klar. Die Quoten bei den Wettanbietern für ein echtes Kackspiel waren extrem günstig. Dabei hielt die Begegnung in Bremen was sie versprach, fand aber ein überraschend gutes Ende für den glamourösen Ersten Fußballclub Köln. 

Man wird als Fan des wundervollsten Fußballsportvereins der Welt in den letzten Tagen und Wochen ja nicht wirklich mit Michelin-Stern-verdächtigem Feinschmecker-Fußball verwöhnt. Und so war ich auch nicht allzu traurig, als ich erfahren musste, dass ich erst eine Viertelstunde nach Anpfiff dazu kommen sollte mir das Gekicke meines Herzensvereins anzusehen. Vorher musste ich im Zuge der Arbeit noch des effzehs kleinen Stiefbruder aus der Südstadt tickern und ihm dabei zusehen wie er die kleine Stiefschwester des VfB Stuttgart mit 3:1 aus dem Südstadion schoss.

Während die Fortuna in der Schlussphase locker den Sieg über die Runden brachte, erfuhr ich nebenbei bereits, dass Kölns einzig wahrer Sportverein bereits nach weniger als 180 Sekunden in Bremen zurücklag. Eigentlich hatte ich da schon überhaupt gar keinen Bock mehr mir das Spiel anzusehen. Denn die Folgen einer Bremer 1:0-Führung waren ja bereits völlig offensichtlich. Ohne auch nur eine Spielminute verfolgt zu haben, schossen die altbekannten Szenen im Kopf hoch.

Spontan kamen die Bilder, wie der effzeh auf schwer bespielbarem Rasen hilflos einem Rückstand hinterherlief, wie er verzweifelt versuchte ein Loch in der tiefen gegnerischen Defensive zu finden, dabei aber nicht so verzweifelt wirkte, dass der Eindruck aufkommen könnte, die Mannschaft würde alles versuchen, um den Rückstand aufzuholen. Wie Dominique Heintz überlegt hohe Bälle nach vorne schlägt, die auf dem Stahlschädel von Jannik Vestergaard ihr Ende fanden. Wie Anthony Modeste verunsichert Form und Gegner hinterherrannte. Wie sich Marcel Risse Stockfehler leistete. Wie Timo Horn die Kohlen aus dem Feuer holte. All die Bilder waren schon im Kopf, da sie sich in den Vorwochen so oft auf dem Feld abgespielt hatten.

Foto: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

Als das Fortuna-Spiel aus war und ich schnell in die trostlose Gesellschaft geneigter effzeh-Leidensgenossen stieß, sollten sich alle Bilder innerhalb von Minuten bestätigen. Ich las sie in den Gesichtern meiner traurigen Mitmenschen ab. Die Gewissheit, dass wir noch 75 Minuten Scheißfußball vor uns hatten. Die Angst, dass der effzeh es gegen einen kriselnden Gegner aus dem Tabellenkeller wieder vergeigen sollte. Die Vorahnung, dass Anthony Ujah schon wieder noch ein blödes Tor erzielen sollte. Die Frage, wer so etwas wie ein Tor denn überhaupt beim effzeh schießen sollte. Das alles spielte sich in den Gesichtern ab, eine Viertelstunde nach Spielbeginn, als ich meinen inneren Schweinehund dann auch überwand und mit zusah.

So richtig unterschied sich das Niveau nicht von dem Duell zwischen der Fortuna und den Kickers in der dritten Liga. Technische Fehler auf beiden Seite, ein nur schwer zu bespielender Rasen, ein unsicher wirkender Schiedsrichter (wobei man sagen muss, dass die weibliche Schiedsrichterin Riem Hussein ihre Sache beim Fortuna-Spiel gut machte), zwei noch unsicherer wirkende Mannschaften. Es war kein Genuss,  was im Weserstadion auf den Rasen geackert wurde.

Eigentlich war es ein Kackspiel mit Ansage, das durch das Kopfballtor von Jannik Vestergaard nach drei Minuten, als der Däne sein Größenvorteile gegenüber Dominic Maroh nutzte und eine abgefälschte Flanke von Clemens Fritz einnickte, eine Wendung bekam, die allen effzeh-Fans spontan Magengeschwüre verpasste. Wer nicht nur die furiosen Spiele gegen Leverkusen, Mönchengladbach oder Wolfsburg verfolgt hatte, der wusste, dass der effzeh sich gegen weniger offensive Mannschaften ja nicht so ganz leicht tut.

Die Körpersprache der Mannschaft von Peter Stöger vermittelte in der ersten Hälfte den Eindruck von akuter Hilflosigkeit. Nach vorne lief reichlich wenig. Anthony Modeste haute seine beste Chance in den kühlen Weser-Himmel, Yuya Osako fiel vor allen Dingen durch seine im Profifußball sehr selten gewordene höchst faire Geste auf, als er Schiedsrichter Guido Winkmann vor einem vermeintlichen Kölner Eckball darauf hinwies, dass er selbst den Ball als letztes berührt hatte.

Foto-Credits Dirk Unschuld

Foto-Credits Dirk Unschuld

Anthony Ujah ließ sich auf der Gegenseite nicht ganz so fair nach einem minimal Körperkontakt von Dominique Heintz relativ theatralisch zu Boden fallen, scheiterte aber im anschließenden Elfmeter, den der effzeh natürlich mal wieder gegen sich zugesprochen bekam, an einem bärenstarken Reflex von Timo Horn, weil der Bremer Angreifer alle Fußball-Gesetze (Gefoulter schießt nicht selbst, schon gar nicht gegen den Ex-Klub mit dem Ex-Torhüter, schon überhaupt gar nicht, wenn der Elfer selbst zweifelhaft war) missachtet hatte. Die Gedankenbilder wurden von vorher wurden immer realer.

So richtig Lust auf mehr machte der wenig überraschend unterdurchschnittliche erste Durchgang jedenfalls nicht. Peter Stöger hatte wohl auch einen dicken Hals und wechselte zur Pause gleich zweimal, als er Simon Zoller und Yannick Gerhardt für die einmal mehr glücklosen Anthony Modeste und Kevin Vogt brachte. Mit dem Doppelsturm Zoller und Osako stand daraufhin die geballte Torgefahr auf dem Feld, die fortan immer häufiger mit hohen Bällen bedient wurde, weil der effzeh trotz aller Bemühungen und Feldvorteile erwartungsgemäß keinerlei Mittel fand gegen eine Bremer Defensive, die in dieser Saison bislang die zweitmeisten Gegentore zugelassen hatte. Es regierte die Harmlosigkeit.

Kurz nachdem Werders Felix Kroos die riesige Möglichkeit auf das vorentscheidende 2:0 vergeben hatte und Timo Horn seinem Team mal wieder die Kohlen aus dem Feuer geholt hatte, schlug der effzeh dann in der 79. Spielminute doch irgendwie zu. Marcel Risse gelang von der rechten Seite in seinem gefühlt 165. Versuch des Spiels eine vernünftige Flanke in die Mitte, wo Yuya Osako aus kürzester Distanz Bremens Keeper Felix Wiedwald anzuschießen, um dann danach zwischen jenem Bremer Torhüter und der Torlinie wie ein Opossum absichtlich in den Zustand zeitweilig aufgehobener Lebendigkeit zu verfallen und dadurch Dusan Svento (zu dem später noch mehr)  die Möglichkeit zu eröffnen irgendwie mit dem rechten Fuß die Kugel über die Linie zu mogeln.

© effzeh.com

© effzeh.com

Schiedsrichter Guido Winkmann zögerte kurz, sah dann aber ein, dass er die Aktion von Yuya Osako als Paradebeispiel mit auf den DFB-Schiedsrichterlehrgang zum Thema “Passives Abseits” mitnehmen kann und gab den glücklichen Treffer, der irgendwie verdient war, irgendwie aber auch aus dem Nichts kam. Zugetraut hätte man dem effzeh so ein Dreckstor jedenfalls nicht mehr, denn Dreckstore tauchten im Kopfkino aus den Szenen der letzten effzeh-Wochen definitiv nicht auf.

Weil nach dem Ausgleichstreffer klar war, dass es sich nun wieder um ein Ergebnis handelte, mit dem beide Trainer leben konnten (Peter Stöger kann immer gut mit einem Unentschieden leben, egal gegen welches Team), passierte auch nicht mehr allzu viel. Bremen war froh, dass der effzeh den Schwung des Führungstreffers nicht ausnutzten und sich stattdessen wieder zurückzog. Der effzeh war froh, dass er es endlich mal wieder geschafft hatte überhaupt ein Tor zu erzielen. Und so stand am Ende ein Unentschieden, das keinem der Teams schadet, sie aber auch nicht nennenswert nach vorne bringt. So lieben wir das.

Und sonst so?

  • Als ich noch während meiner Fortuna-Tickerei las, dass Peter Stöger die mangelnde Kreativität der letzten Wochen mit Dusan Svento in der Startformation bekämpfen wollte, war ich schon kurz davor dem Spiel komplett fern zu bleiben. Doch der Slowake, war einer der wenigen Lichtblicke, zeigte seine vielleicht beste Leistung im effzeh-Dress und schoss das aus Kölner Sicht goldene Tor des Tages. Dafür gab es die Standing Ovations vor dem Fernseher, als er kurz vor Schluss für Frederick Sörensen ausgewechselt wurde.
  • Die Schiedsrichter sehen derzeit bei Spielen mit Kölner Beteiligung meistens eher mittelmäßig aus. Das vermeintliche Foul an Anthony Ujah, das zum Elfmeter führte, bezeichnete sogar Bremens sportlicher Leiter Rouwen Schröter als “kein Foul”. Auch über den im Fünfmeterraum liegenden Yuya Osako kann man streiten, wobei wir hier aus höchst objektiver Sicht natürlich nur sagen können, dass Winkmann wenigstens hier richtig lag.
  • Jörg Schmadtke wurde in der zweiten Hälfte vom Schiedsrichter auf die Tribüne geschickt. Was genau passiert war, ist nicht genau klar. Vielleicht hat er sich ja über die Tatsache beschwert, dass der effzeh in der ersten Hälfte benachteiligt wurde.
  • Nächste Woche wartet Borussia Dortmund. Das ist nicht nur deshalb geil, weil Borussia Dortmund eben ein toller Gegner ist, sondern weil der effzeh in solchen Duellen eben auch zwei Klassen besser spielt. Es ist nicht nur so, dass der Spielstil solcher Gegner dem Team von Peter Stöger mehr liegt, irgendwie scheint es sogar so, als würde man gegen derartige Mannschaften sogar mehr wagen, weil man bei solchen Duellen ja sowieso nichts zu verlieren hat. Vielleicht deuten die Siege gegen Schalke, Leverkusen oder Mönchengladbach aber auch einfach darauf hin, dass der effzeh sich einfach auf Champions-League-Niveau bewegt und solche kleinen Teams wie Bremen, Augsburg oder Darmstadt nicht ernst nimmt. Klingt definitiv realistischer.

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