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Interviews

FC-Legende Dieter Müller im Interview: “Der Abschied vom 1. FC Köln war vielleicht ein Fehler”

Beim 1. FC Köln ist er eine Legende, nun hat der einstige Torjäger Dieter Müller eine Biografie über sein bewegtes Leben geschrieben. Im Interview spricht er mit uns über seine Zeit bei den “Geißböcken” und welchen FC-Größen er viel zu verdanken hat.

Mainz, 26.09.2015 - ZDF Sportstudio - Katrin Müller-Hohenstein und Dieter Müller, welcher ein Bild aus seiner Zeit beim 1. FC Köln zeigt. PUBLICATIONxNOTxINxUSA Mainz 26 09 2015 ZDF Sports studio Katrin Mueller Hohenstein and Dieter Mueller which a Picture out his Time the 1 FC Cologne shows PUBLICATIONxNOTxINxUSA
Dieter Müller 2015 im ZDF-Sportstudio mit einem Bild aus seiner Zeit beim 1. FC Köln | Foto: imago images / Martin Hoffmann

159 Tore in 248 Bundesliga-Spielen für den 1. FC Köln, Deutscher Meister 1978, DFB-Pokalsieger 1977 und 1978, in denselben Jahren auch Torschützenkönig in Deutschland: Dieter Müller kann allein bei den „Geißböcken“ auf eine herausragende sportliche Bilanz blicken. Darüber hinaus war der einstige Torjäger noch Vizeeuropameister 1976 und wurde mit Girondins Bordeaux gleich zwei Mal französischer Meister (1984, 1985). Dazu prangt der Name des gebürtigen Hessens an einem ganz besonderen Rekord: Gegen Werder Bremen erzielte Müller im August 1977 gleich sechs Treffer in einer Partie – mehr als jeder andere in der Bundesliga-Historie.

Doch Müllers Leben außerhalb des Platzes war ein bewegtes: Seinen leiblichen Vater, einen ehemaligen Fußballspieler, lernt er erst im höheren Erwachsenalter kennen, wächst zunächst in bescheidenen Verhältnissen bei seinen Großeltern auf. Sein Adoptivvater Alfred Müller, ein betuchter Baulöwe und Förderer des talentierten Torjägers, stirbt früh und erlebt die große Karriere des Angreifers nicht mehr. Auch nach seiner Karriere spielt dem hochdekorierten Angreifer das Schicksal übel mit: Sein Sohn Alexander verstirbt mit nur 16 Jahren an Krebs, seine Schwester 2016 nach Alkoholproblemen. Wenige Jahre zuvor war Müller dem Tode selbst nur knapp von der Schippe gesprungen: Sein Herz steht 31 Minuten lang still, der einstige Nationalspieler überlebt nach einiger Zeit im Koma ohne größere Nachwirkungen.

Ein bewegtes Leben – über das die FC-Legende nun in Zusammenarbeit mit „kicker“-Journalist Mounir Zitouni eine Autobiographie verfasst hat. In „Meine zwei Leben“ erzählt Dieter Müller von den Rückschlägen und Nackenschlägen, aber auch von den Höhenflügen und Spielräuschen auf dem Platz, aus denen er positive Energie gewann. Spannende Einblicke in die glanzvollste Ära des 1. FC Köln mit Trainern wie Hennes Weisweiler, Rinus Michels oder Tschik Cajkovski inklusive. Über seine Zeit bei den „Geißböcken“, seine privaten und sportlichen Erlebnissen und noch viel mehr spricht Müller im großen effzeh.com-Interview.

Herr Müller, was hat Sie bewogen, das Buch nun auf den Markt zu bringen?

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Cover: Edel Books

In den Gesprächen mit vielen Menschen wurde immer wieder gesagt „Mensch, du hast ja so viel erlebt mit vielen Tiefen und Höhen, da bietet es sich doch an, wenn du mal ein Buch schreibst“. Darüber habe ich mir Gedanken gemacht. Zufälle im Leben gibt es ja nicht, denn in eben dieser Zeit habe ich dem „kicker“-Journalisten Mounir Zitouni, der in meiner Zeit als Präsident von Kickers Offenbach mein Spieler war, ein Interview gegeben, das eine sehr positive Resonanz erfuhr. Er sprach mich anschließend an und schlug vor, einen Verlag zu finden, der eine solche Biographie umsetzen kann. Zitouni hörte sich um und stieß unter anderem auf das Interesse des Edel-Verlags, der große Erfahrung hat. Ich habe einiges zu sagen, weil mein Leben mich vor große Herausforderungen gestellt hat. Dazu gehört unter anderem natürlich der Verlust meines Sohnes, so etwas nimmt man mit ins Grab. Ich habe ihn gepflegt, ein dreiviertel Jahr lang, da schaut man in die Abgründe der menschlichen Seele.

Wie fallen die erste Reaktionen aus?

Es sind schon unheimlich viele Resonanzen auf das Geschriebene bereits da und erfreulicherweise heißt es „Tolles Buch“. Zum Glück hat noch keiner gesagt: „Das ist nix.“ Hervorgehoben wird auch, dass es auch interessant und lustig ist. Es sind ja auch viele Anekdoten drin, zum Beispiel mit Tschik (Trainer Zlatko Čajkovski, Anm. d. Red.) oder mit Wolfgang Overath. Ich denke, es ist ein ganz gutes Buch geworden.

“Der FC hat zu der Zeit nach einem guten Mittelstürmer gelechzt.”

Das bekommt man hier in Köln bereits mit, es kommt nicht nur bei den Fans des 1. FC Köln gut an. Dann schauen wir doch mal auf Ihre FC-Karriere: Wer hat Sie eigentlich seinerzeit in Offenbach entdeckt und war verantwortlich, dass Sie 1973 von Offenbach nach Köln kamen. War es Karl-Heinz Thielen?

In Offenbach war Gyula Lorant mein Trainer und mit dem kam ich nicht zurecht. Der war furchtbar, das war menschenverachtend, was er gemacht hat. Mein väterlicher Freund damals war Herbert Widmayer, den ich von der Jugendnationalmannschaft kannte. Er hat Karl-Heinz Thielen den Tipp gegeben. Der FC hat zu der Zeit nach einem guten Mittelstürmer gelechzt. Sie hatten gerade 1973 das Pokalfinale gegen Netzers Gladbacher verloren, wo ihnen ein solcher Spielertyp fehlte. Und Thielen hat immer ein „Näschen“ gehabt, nicht umsonst war er als Manager ja sehr erfolgreich. Er hat mich geholt und war letztlich für den Wechsel verantwortlich.

Bildnummer: 06986888 Datum: 24.08.1974 Copyright: imago/Ferdi Hartung Dieter Müller (1. FC Köln); 307 Fussball Herren vsw vneg xmk 1974 quer o0 1. BL, Saison 1974/1975, GER, Porträt, Aufnahmedatum geschätzt Image number 06986888 date 24 08 1974 Copyright imago Ferdi Hartung Dieter Mueller 1 FC Cologne 307 Football men Vsw Vneg xmk 1974 horizontal o0 1 BL Season 1974 1975 ger Portrait date estimated

Dieter Müller (1. FC Köln) in der Saison 1974/75 | Foto: imago images / Ferdi Hartung

Auf was für eine Mannschaft sind sie dann im Sommer 1973 beim 1. FC Köln gestoßen?

Es waren großartige Spieler! Wolfgang Overath hat mich nach einigen Trainingseinheiten rund um die Japanreise im Sommer direkt zur Seite genommen und gesagt: „Dieter, du bist eigentlich genau das, was wir brauchen.“ Eine sehr, sehr enge Bindung hatte ich zu Heinz Flohe. Ihm habe ich wirklich viel zu verdanken. Wolfgang aber auch, der sicher ein anderer Typ war. Während er der Weltklassespieler war, der aber trotzdem menschliche Qualitäten hat, war „Flocke“eher der Kumpeltyp. Beide haben mir auf jeden Fall viel geholfen.

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Wie sind Sie mit dem Trainer „Tschik“ Čajkovski klar gekommen, der auch ein Typ für sich?

Tschik war ein toller Trainer, der aber eigentlich keinen richtigen Trainingsplan hatte. Overath hat mal zu ihm gesagt: „Hey Tschik, was machst du da für ne Scheiße?“ Unvorstellbar! Wir haben mal bei den Queens Park Rangers gespielt und Tschik hatte sich mal wieder nicht vorbereitet. Wir sind dann nur ein bisschen durch den Park gelaufen – Wolfgang hat ihn dann erinnert, dass er sich doch noch was anderes einfallen lassen sollte. „Hey Tschik, du hast nicht alle Tassen im Schrank, nun lass dir mal was einfallen.“ So war das damals. (lacht) Man muss aber sagen: Der Tschik hatte ein gutes Herz und sehr viel Ahnung von Fußball gehabt, aber was das Training anging: Nun ja! Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen, heute gibt es zehn Trainer im Stab, die da was machen. Aber ich habe Tschik wirklich einiges zu verdanken, er war auch sehr gut zu mir. Mit Rudi Schlott habe ich auch noch gearbeitet, das war okay, aber er war eher der Lehrertyp. Dann kam der große Hennes Weisweiler, der seiner Zeit damals um zwanzig Jahre voraus war.

Auf der nächsten Seite: Die Zeit des 1. FC Köln in der Radrennbahn und sein Verhältnis zum großen Hennes Weisweiler
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