Irgendwo im Odenwald klingelte das Telefon. Der Winter war fast vorbei, es nahte der Frühling, eine Zeit, in der Profiklubs ihre Transferplanungen vorantreiben. Der Anrufer war Steffen Baumgart und er machte mit gewohnt deutlichen Worten klar, dass sein Arbeitgeber, der 1. FC Köln, an einer Verpflichtung seines Gesprächspartners interessiert sei. “Ich war schon überrascht, als der Anruf kam. Ich kannte Steffen Baumgart ja nur aus dem TV”, gesteht Denis Huseinbasic. “Aber ich wusste schon, was ich kann.”
Das wusste auch der Trainer der Kölner, denn seine Scouts hatten den inzwischen 21jährigen Mittelfeldspieler intensiv beobachtet und auch Baumgart hatte sich persönlich vor Ort von den Fähigkeiten des Deutsch-Bosniers überzeugt. Und doch kam seine Verpflichtung für viele Anhänger des Geißbockklubs überraschend. Überraschend, weil dem normalen Fußballinteressierten weitgehend unbekannt, erstaunlich, weil bislang ausschließlich in Liga 4, in der Regionalliga Südwest aktiv. Der Schritt von dort hin zur Beletage des deutschen Fußballs ist gewaltig – und wird nur selten gewagt. Vom Spieler, aber auch vom Verein.
Ein großer Sprung von Liga 4 zu Liga 1
Warum der Spieler den Schritt wagt, wird klar, wenn man seine ersten Statements nach dem Wechsel betrachtet – er weiß, was er kann, aber auch, was er noch lernen muss, um den Sprung zu schaffen: “Ich kann den letzten Pass spielen, aber auch selbst Tore erzielen. Zudem habe ich eine gute Mentalität”, beschrieb er seine Stärken. “Ich weiß aber auch, dass der Schritt in die Bundesliga groß ist und ich hart an mir arbeiten muss.”
“Ich kann den letzten Pass spielen, aber auch selbst Tore erzielen. Zudem habe ich eine gute Mentalität.” (Denis Huseinbasic)
Der Verein musste den Abgang von Salih Özcan hinnehmen, zudem schwebt immer noch das Damoklesschwert eines Wechsels von Ellyes Skhiri über dem Klub. Damit würde das Mittelfeld des 1. FC Köln sein Zentrum verlieren, den Maschinenraum des Teams, ohne den die Erfolge der vergangenen Saison kaum vorstellbar gewesen wären. Vorsorge musste getroffen werden, und genau da kam der schlaksige Deutsch-Bosnier ins Spiel, der als Sechser, Achter oder Zehner einsetzbar ist und durch diese Flexibilität Steffen Baumgart einige Optionen eröffnet.
Talentiert, jung und doch schon abgeklärt
Gebürtig stammt Denis Huseinbasic aus Erbach, der Kreisstadt des südhessischen Odenwaldkreises. Für den dortigen Verein, die SpVgg Erbach, schnürte er die ersten Fußballschuhe, bevor er im Alter von 10 Jahren zum SV Darmstadt 98 wechselte. Dort fiel er den Scouts der Frankfurter Eintracht auf, für die er bis zum Ende seiner U17-Zeit auflief. Huseinbasic wechselte anschließend nach Offenbach, wo er zunächst für die U19 der Kickers aktiv war und seit 2020 zum Stamm des Regionalligisten gehört. Insgesamt 58 Partien bestritt er in der 4. Liga und erzielte dabei 9 Treffer.
“Denis Huseinbasic ist ein hoch veranlagter junger Spieler mit großem Entwicklungspotenzial.”
(Christian Keller)
Huseinbasic ist ein ausgesprochen laufstarker Mittelfeldspieler, ballsicher und mit einem guten Auge für seine Mitspieler ausgestattet. Trotz seines jugendlichen Alters agiert er abgeklärt und passsicher auf dem Spielfeld und lässt erkennen, warum die Kölner ihn für ihr Profiteam verpflichtet haben. “Denis Huseinbasic ist ein hoch veranlagter junger Spieler mit großem Entwicklungspotenzial. Wir trauen ihm deshalb den enormen Sprung von der vierten in die erste Liga zu”, sagte Christian Keller dann auch bei der Bekanntgabe des Transfers.
Eine gute Vorbereitung von Huseinbasic
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, mehr als sechs Wochen nach seiner Verpflichtung hat der junge Mittelfeldspieler die Saisonvorbereitung der Profis hinter sich, die vielen schweißtreibenden Konditionseinheiten, das anstrengende Trainingslager in Donaueschingen – und hat sich bislang sehr wacker gehalten. “Die Intensität des Trainings ist hier natürlich ungleich anspruchsvoller als in der Regionalliga und das Tempo ist noch einmal deutlich höher”, gibt er zu: “Aber ich gewöhne mich langsam daran.”
In den Vorbereitungsspielen auf die neue Saison deutete der frühere Offenbacher einige Male an, dass ihm der Sprung in die Eliteklasse früher als gedacht gelingen könnte. Zum 12:1 gegen die TuS Mondorf steuerte er einen Treffer selber bei und gab die Vorlagen zu zwei weiteren Treffern der Kölner. Gegen Austria Lustenau brachte er nach seiner Einwechslung frischen Wind in das Spiel seines Teams, beim 1:1 gegen die Grasshoppers aus Zürich gelang ihm der Pre-Assist zum Ausgleichstreffer durch Maximilian Schmid.
Bei seiner Heimkehr an den Bieberer Berg schoss er die Kölner in Führung und gehörte beim glücklichen 2:0-Sieg zu den auffälligsten Spielern in einer müde wirkenden Kölner Mannschaft. Lediglich gegen den AC Mailand und beim 5:0-Sieg im letzten Vorbereitungsspiel gegen NEC Nijmegen kam er nicht zum Einsatz und musste sich mit der Zuschauerrolle begnügen.
Mit Zuversicht in die Zukunft
Wie geht es nun weiter mit ihm? Schon unmittelbar nach seiner Verpflichtung war zu lesen, dass es seitens des FC die Überlegung geben könnte, Huseinbasic für ein Jahr in die 2. Liga auszuleihen, um ihm dort Spielpraxis zu verschaffen. Als möglicher Leihklub wurde Jahn Regensburg genannt, Christian Kellers ehemaliger Verein und Gegner der Kölner in der 1. Runde des DFB-Pokals.
“Ich sehe keine Leihe, weil er wie auch Florian Dietz überzeugt.”
(Steffen Baumgart)
Dies scheint zumindest vorerst vom Tisch zu sein, Steffen Baumgart zeigt sich von den bisherigen Leistungen des jungen Mittelfeldspielers durchaus angetan und erteilte den Gedanken an eine Leihe Huseinbasics eine Absage: “Ich sehe keine Leihe, weil er wie auch Florian Dietz überzeugt”, ließ der Kölner Trainer wissen. “Klar haben wir noch bis Ende August Zeit, und wir werden immer wieder darüber reden, aber jetzt will ich beide hier behalten.”
Die Zeit wird es also weisen, wie es mit Huseinbasic weitergeht beim 1. FC Köln. Doch der Anfang ist gemacht – ein guter zudem, so dass der gebürtige Erbacher mit Zuversicht in die Zukunft blicken kann. Es kann durchaus sein, dass die Kölner die erste Pokalrunde und auch die Play-Offs zur Conference League überstehen, um dann nachhaltig auf drei Hochzeiten zu tanzen. Um die Belastung klug zu steuern, käme dann eine maßvolle Rotation in Frage – und mit ihr die Einsätze eines talentierten, flexibel einsetzbaren Mittelfeldspielers namens Denis Huseinbasic.