Spielrhythmus Samstag – Mittwoch – Sonntag. Englische Woche. Das klingt nach großer, weiter Welt, nach internationalem Geschäft, nach Europapokal-Ehren, nach ganz großem Fußball. Dann kommt Aalen zum effzeh – und der effzeh schafft nur ein torloses Remis, das eher nach ranzigen Fish & Chips mit einem schalen Guinness schmeckte. Die große (Sinn-)Krise wurde ausgerufen. Wo ist die Leichtigkeit der Auftritte hin? Was macht eigentlich dieser österreichische Hansel an der Seitenlinie überhaupt? Verspielt der effzeh durch die Torflaute gar noch den sicher geglaubten Aufstieg?
Alles wie aus dem Pub geschickt. Durch ein frühes Tor des Kapitäns (God save Miso Brecko!), das eine Partie, die sich anschickte, zähflüssig wie Porridge zu werden, in die richtige Richtung lenkte. Über 90 Minuten beherrscht der effzeh den aufmüpfigen Aufsteiger aus Karlsruhe nach Belieben und fährt einen ganz wichtigen Sieg im Aufstiegsrennen ein. Es wurde auch Zeit. Diese Anstoßzeiten unter der Woche machen einen fertiger, als es die Engländer nach einem Elfmeterschießen sind!
Ausgangslage
Paderborn hatte sich zuhause im Spitzenspiel gegen den FC St. Pauli ebenso deutlich durchgesetzt wie Fürth gegen unsere türkis-roten Freunde von rheinabwärts. Die direkten Verfolger hatten also ihre Hausaufgaben gemacht. Vielleicht auch besser so – denn die zuletzt offenkundigen Patzer und Vorlagen konnten unsere rot-weißen Götter nicht in einen noch größeren Vorsprung ummünzen.
Die Karlsruher mussten zwar am vergangenen Wochenende im Heimspiel gegen Erzgebirge Aue einen Dämpfer in Sachen Aufstieg hinnehmen, konnten aber mit ihrer bisher gespielten Runde mehr als zufrieden sein. Drittbeste Defensive, heimstärkstes Team in der Zweiten Liga – für einen Neuling mehr als beachtlich. Die Vorzeichen für unseren glorreichen 1. FC Köln waren trotz der starken Badener (oder Badenser? Ich kann es mir nicht merken!) klar: Nach vier Unentschieden in den letzten fünf Spielen sollte ein Sieg her!
Personal
Zwar spielten die Amateure nahezu zeitgleich, doch Peter Stöger konnte fast aus dem Vollen schöpfen: Marcel Risse meldete sich nach seinem Muskelfaserriss, den er sich im Cottbus-Spiel zugezogen hat, wieder zurück und nahm auf der Bank Platz. In der Startformation tauschte Stöger im Vergleich zum Aalen-Duell gleich dreifach: Bard Finne, Kazuki Nagasawa und Adam Matuschyk begannen für Slawomir Peszko, Anthony Ujah und Yannick Gerhardt.
Die Gäste, bei denen das ehemalige Kölner Toptalent Reinhold Yabo sein Startelfdebüt im Müngersdorfer Stadion feierte, kamen nahezu unverändert in die Domstadt: Kai Schwertfeger ersetzte den am Oberschenkel verletzten Dennis Kempe. Die Grundausrichtung der Karlsruher in den bisherigen Spielen ließ nichts Gutes ahnen: Tief stehen, kontern – das kennen mir Kölsche ja nun zu gut!
Spielverlauf
Es startete, wie die Heimspiele des effzeh in dieser Saison in aller Regel starten: Unsere rot-weißen Götter beginnen druckvoll, dem Gegner fehlt der Zugriff und es werden Chancen herausgespielt und nicht für ein frühes, spielauflockerndes Tor genutzt. So auch gegen den KSC: Die wieselflinken Halfar und Nagasawa waren Dreh- und Angelpunkt der auf Gästekeeper Orlishausen zurollenden Angriffswellen. Gerade der Japaner sorgte am gegnerischen Sechzehner für einige Überraschungsmomente.
Weil der Gegner wieder extrem tief verteidigte, fehlten allerdings erneut klare Tormöglichkeiten: Die beste Chance hatte Matuschyk, dessen Distanzschuss Orlishausen über die Latte lenkte (9.), die anschließende Ecke köpfte Wimmer knapp am Tor vorbei. Es schien zu laufen wie schon gegen so viele Gegner in Müngersdorf: Die Anfangseuphorie verflacht ohne zählbaren Erfolg – und der Gast schwimmt sich frei. Dass das den Karlsruhern diesmal nicht gelang, lag vor allen Dingen an drei zuletzt kritisierten Spielern.
Zum einen unterband der in der ersten halben Stunde bärenstarke und überraschend präsente Matuschyk einige Kontersituationen. Und zum anderen sorgte in der 29. Minute das Zusammenspiel zwischen Helmes und Brecko für den ersehnten ersten Treffer seit der Schlussphase gegen Cottbus. Nach Matuschyks Hereingabe kontrollierte der 30 Jahre alte Angreifer die Kugel am Strafraum hervorragend und passte in den Lauf des startenden Kapitäns. “Magic Miso” blieb aus Elfmeterposition eiskalt und traf wie schon im Hinspiel.
Wer dachte, das Spiel würde sich durch den Treffer grundlegend verändern, sah sich getäuscht. Zwar agierte der effzeh nach vorne nicht mehr mit der brachialen Gewalt, kontrollierte aber dennoch das Geschehen auf dem Rasen nach Belieben. Die bemühten Karlsruher erwiesen sich als harmlos und offensiv limitiert. Halfar verpasste per Freistoß vom Strafraumeck das 2:0 doch deutlich, so dass bis zur Pause nichts mehr Zählbares für den glorreichen 1. FC Köln hinzu kam.
Im zweiten Durchgang zog sich der effzeh zu Beginn mehr zurück und lauerte auf den entscheidenden Fehler der Karlsruher, die das Tor von Timo Horn trotz nun aktiverer Spielweise kaum gefährden konnten. Den Sieg unter Dach und Fach brachte in der 58. Minute dann Helmes: Nachdem er in der ersten Hälfte noch Torvorbereiter war, profitierte er nun von Halfars Uneigennützigkeit, der zuvor einen schlampigen Pass der Karlsruher abfing und dann vor Orlishausen auf den kölschen Sturmführer ablegte.
Der Rest war Schaulaufen: Helmes (64.), Lehmann (66.) und Matuschyk (85.) verpassten den dritten Kölner Treffer, die Karlsruher brachten das Ding ordentlich, aber weitgehend harmlos über die Bühne. Auf dem Papier steht der dritte Sieg in diesem Jahr, der vierzehnte in dieser Saison – und das dritte Spiel in Folge ohne Gegentor. Timo Horn musste zuletzt vor 292 Minuten hinter sich greifen.
Spieler im Fokus
Kazuki Nagasawa “Ein starkes Passspiel, laufstark und mit schnellen ersten Schritten sowie ein bissiges Zweikampfverhalten lassen darauf schließen, dass der 22-Jährige kein schlechter Griff zu sein scheint” – so mein Urteil nach den ersten Trainingseindrücken. Das stellte er bei seinem Startelfdebüt unter Beweis – “Tsubasa” kann kicken und macht eine Menge richtig auf dem Platz. Könnte mit Leistungen wie gegen Karlsruhe zum Fanliebling werden!
Adam Matuschyk Präsent, dominant, spielstark, den Abschluss suchend. Einen “Matu” in dieser Verfassung wünscht sich jeder Trainer. Warum er aus seinem vorhandenen Repertoire allzu häufig nur den phlegmatischen Adam mit Alibipässen und Verantwortungsallergie auspackt, wird (s)ein ewiges Rätsel bleiben. Mehr solche Auftritte wie gegen den KSC bitte, leeven Jung – du kannst es doch!
Patrick Helmes Führungstreffer vorbereitet, Torflaute beendet – manche Bewegungen des Stürmers sehen zwar noch sehr rostig und nicht allzu elegant aus, bei solcher Effektivität dürfte das allerdings eher unter E wie egal abgelegt werden. Wurde häufiger ins Kombinationsspiel einbezogen und ließ sich dort auch häufiger miteinbeziehen. Dazu offenbar der einzige, der bei uns eine halbwegs taugliche Ecke schlagen kann.
Fazit
Schaut auf die Tabelle, Jünger der Kirche des heiligen Hennes, schaut auf die Tabelle! Der glorreiche effzeh hat durch das 2:0 gegen den KSC einen großen Schritt in Richtung Bundesliga gemacht. Sechs Zähler Vorsprung auf Relegationsplatz drei, satte zehn Punkte auf die dahinter lauernde Konkurrenz aus Kaiserslautern und St. Pauli. Die Quoten für unsere Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs dürften in den Wettbüros gegen 1 laufen.
Gegen Karlsruhe offenbarte sich das Grundproblem vieler unserer Heimspiele: Es gab das frühe Tor, den “Dosenöffner” (ratatatata, meint Frank Buschmann!). Fehlt dieser Treffer, wird es zäh, weil der Gegner zumeist den Mannschaftsbus im eigenen Strafraum parkt. Brecko brach gegen Karlsruhe diesen Bann und erlöste die knapp 46.700 Zuschauer im Müngersdorfer Stadion. Respekt auch an dieser Stelle dafür – zu dieser unchristlichen Zeit eine derartige Kulisse zu stellen, das gibt es derzeit wohl nur in Köln!