Das Strahlen im Gesicht von Steffen Baumgart verblasste spätestens in der vierten Spielminute der Partie seiner Kölner gegen den VfL Wolfsburg. Eine Fehlerkette in der Abwehr hatte es ausgerechnet dem Ex-Kölner Yannick Gerhardt erlaubt, den Ball zum 1:0 für die “Wölfe” in Marvin Schwäbes Gehäuse unterzubringen. Vorher jedoch funkelten die Augen des FC-Trainers angesichts einer überwältigenden, das ganze Stadion umfassenden Choreo zu Ehren des 75. Geburtstags des Geißbockclubs.
Zentrales Element waren dabei die Vereinsfarben rot und weiß. Zu diesem Zweck hielten die mehr als 45.000 Kölner Fans begleitet von BAPs „FC, jeff Jas!“ Pappen in den FC-Farben hoch. Auf den vier Tribünenseiten waren zudem unterschiedliche Motive eingearbeitet. Im Osten die Wappen der Vorgängervereine des FC, des Kölner BC 01 und SpVgg Sülz 07, im Norden das Abbild von Gründungspräsident Franz Kremer, im Westen seine unvergessene Frage: “Wollen Sie mit mir deutscher Meister werden?” und im Süden schließlich das Kölner Vereinsemblem mit Dom und Geißbock. Gänsehaut pur – nicht nur bei Steffen Baumgart.
Zwei vermeidbare Gegentore für den FC
Dies sollten jedoch die einzigen Gänsehaut-Momente bleiben in einer Begegnung, die über weite Strecken zerfahren und zäh war und zudem durch einige seltsame Entscheidungen von Schiedsrichter Frank Willenborg geprägt wurde. So auch bei Gerhardts Führungstor in der 4. Spielminute, dem ein zumindest zweifelhaftes Zweikampfverhalten des Torschützen Jeff Chabot gegenüber vorausging. Danach stürmten die Kölner an, kamen jedoch lediglich zu einigen Halbchancen oder wurden in vielversprechenden Situationen vom Schiedsrichter zurückgepfiffen, wie etwa Jonas Hector kurz vor der Pause.
Nach der Halbzeit intensivierten die Kölner ihre Bemühungen, hatten auch durch Hübers’ Distanzschuss und Tigges zwei veritable Torchancen, mussten jedoch wenig später einen berechtigten Elfmeter hinnehmen, als Hector Kilian Fischer foulte. Maximilian Arnold verwandelte sicher – es stand 0:2 (66.). Der eingewechselte Tim Lemperle legte noch für Davie Selke auf, doch Koen Casteels im Tor der Wolfsburger parierte auch diesen Ball (89.). Timo Hübers’ Treffer in der Nachspielzeit fand wegen Abseits keine Anerkennung, danach war Schluss.
Erkenntnisse: Vorne schwach, hinten fahrlässig
Der 1. FC Köln verlor die letzten beiden Spiele mit 0:3 und 0:2, schlimmer muss jedoch anmuten, dass in beiden Spielen kaum Torchancen erarbeitet wurden. Dies konnte auch Trainer Steffen Baumgart nicht entgehen: “Wir haben es nicht geschafft, uns die Torchancen zu erarbeiten, wie wir uns das erhofft haben. Das war auf Schalke so, das war in Stuttgart so, und es ist meine Aufgabe, das wieder zu verbessern,” sagte er selbstkritisch nach der Partie.
In der Tat, die mangelnde Torgefährlichkeit im Sturmzentrum ist ein großes Problem. Besonders Steffen Tigges zeigte in beiden Partien so gut wie gar nichts, das seine Aufstellung rechtfertigen konnte. Davie Selke stand zum ersten Mal in der Startelf, riss auch keine Bäume aus, war jedoch – wenn man es so ausdrücken möchte – eine Spur weniger ungefährlich als Sturmpartner Tigges.
“Wir haben es nicht geschafft, uns die Torchancen zu erarbeiten, wie wir uns das erhofft haben. Das war auf Schalke so, das war in Stuttgart so, und es ist meine Aufgabe, das wieder zu verbessern.” (Steffen Baumgart)
Sargis Adamyan konnte nach seiner Einwechslung ebenfalls nicht auf sich aufmerksam machen und sucht immer noch nach seiner Form. Tim Lemperle hingegen, der in der 78. Minute für Steffen Tigges ins Spiel kam, deutete an, dass er eine Alternative auch für einen Einsatz von Anfang an sein könnte. Alleine die Vorarbeit zu Selkes Chance kurz vor Schluss sorgte für mehr Torgefahr als viele der Angriffsbemühungen vorher.
Die Kölner Probleme beschränkten sich jedoch nicht auf die mangelnde Torgefahr im Angriff, auch die Defensivleistung ließ zu wünschen übrig. Den Wolfsburgern wurde deutlich zu viel Platz gelassen und das, obwohl Steffen Baumgart in der vorigen Trainingswoche einen Schwerpunkt auf enges und zupackendes Abwehrverhalten gelegt hatte. Zudem war eine altbekannte Schwäche des Teams erneut kaum zu übersehen – die mangelnde Schnelligkeit. Außer Maina, Ljubicic und Hübers verfügt der FC über keine Spieler, die tempomäßig wirklich mithalten können. Hier muss im Sommer Abhilfe geschaffen werden, sonst werden ambitioniertere Ziele kaum zu erreichen sein.
Das nächste Spiel: Zu den Eisernen nach Berlin
Am kommenden Samstag (15 Uhr 30) reist der 1. FC Köln nach Köpenick, um dort die Klingen mit den Eisernen von Union Berlin zu kreuzen. Urs Fischers Team verlor am Abend deutlich gegen Bayern München. Die Gefahr, dass man von Kölner Seite den kommenden Gegner unterschätzen könnte, tendiert wohl trotzdem gegen Null, da die Eisernen dennoch voll um die Champions League Plätze mitspielen.
Steffen Baumgart kündigte es an, es gibt viel zu tun auf den Trainingsplätzen rund um das Geißbockheim. Abwehrverhalten, Umschaltspiel, Abschlüsse – die Liste ließe sich problemlos weiter fortsetzen. Möglich, dass Florian Kainz, Benno Schmitz und Denis Huseinbasic wieder zur Verfügung stehen – gerade erstgenannter täte dem lahmenden Angriffsspiel sicherlich gut. Baumgart wird seinen Spielern auch zu einem Blick auf die Tabelle raten, dort ist unschwer zu erkennen, dass die Abstiegszone näher rückt. Gerade deswegen wäre es Gold wert, etwas Zählbares aus der Alten Försterei mitzubringen. Gewiss kein leichtes Unterfangen – aber auch nicht unmöglich.