Das war ein Abend, an dem Fußball gearbeitet wurde. Schneegestöber, nass-kalte vier Grad Celsius, die sich selbst durch dickste Pullover und Daunenjacken fraßen und ein VfL Bochum, der nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Tobias Welz Freudentänze auf dem Rasen des Rheinenergie-Stadions vollführte. Und das zu Recht, denn die Spieler in Hellblau hatten Fußball gearbeitet und das erfolgreich, beendete doch ihr 2:0-Auswärtssieg beim 1. FC Köln eine Durststrecke mit fünf verlorenen Partien in Folge und fast 400 Minuten ohne Torerfolg.
Auf einen Torerfolg müssen die Kölner weiter warten, auch gegen den bisherigen Tabellenletzten war dies dem Team von Trainer Steffen Baumgart nicht vergönnt. Er, der den unwirtlichen äußeren Bedingungen mit gewohnt luftiger Kleidung trotzte, hatte das Spiel seiner Mannschaft wie üblich energisch anfeuernd von der Seitenlinie aus begleitet. Doch auch bei ihm schien sich in den letzten Minuten der Partie ein leiser Anflug von Resignation breit zu machen. “Wir müssen gucken, dass wir den Kopf oben halten und den Weg wieder ganz schnell finden“, sagte er nach der Begegnung. Man muss lange suchen, um in diesen Worten so etwas wie Zuversicht zu finden, nach überschäumendem Optimismus hört sich dies jedenfalls nicht gerade an.
Nach schwungvollem Beginn Elfmeter als Wirkungstreffer
Die ersten Minuten der Begegnung ließen sich für den 1. FC Köln recht gut an, eine Hereingabe von Linton Maina fand auf Umwegen zu Ellyes Skhiri, dessen Flachschuss jedoch von Bochums Keeper Manuel Riemann pariert wurde (1.). Sekunden später kam Davie Selke nach einer Flanke von Benno Schmitz zum Kopfball, der dann aber zu zentral geriet. Der flotte Angriffsschwung wurde dann jedoch jäh unterbrochen, als Timo Hübers Bochums Christopher Antwi-Adjei an der linken Strafraumkante am Fuß erwischte – Elfmeter. Marvin Schwäbe ahnt die richtige Ecke, doch irgendwie rutscht Kevin Stögers Schuss unter dem Körper des Kölner Keepers durch – 0:1.
Im Boxen würde man von einem Wirkungstreffer sprechen, den dieser Strafstoß für die gesamte Kölner Elf und hier besonders für Timo Hübers bedeutete, der die restliche Partie fahrig und unsicher absolvierte. Der Rest von Hälfte eins sah das Anrennen der Kölner, das im Gegensatz zu den sporadischen Kontern der Bochumer kaum wirkliche Gefahr heraufbeschwor, von Jeff Chabots Abschluss in der 18. Minute einmal abgesehen.
Nach der Pause ging es ähnlich weiter, Baumgarts Team rannte an, ohne wirkliche Torchancen herauszuspielen, die Bochumer konterten und bewiesen in der 76. Minute, dass sie durchaus in der Lage waren, ihre ehrliche Arbeit auch mit erstaunlichem Spielwitz zu garnieren. Kevin Stöger entschied sich bei einem Freistoß aus 22 Metern gegen einen direkten Abschluss und spielte stattdessen flach zu Takuma Asano im Kölner Strafraum, über den der Ball zu Erhan Mašović kam, der unhaltbar zum 0:2 einnetzte. Die Kölner rannten weiter an, bezeichnend war, dass der einzig gefährliche Schuss aufs Bochumer Tor in der 93. Spielminute durch Jeff Chabot abgefeuert wurde. Ein gebrauchter Abend ging für den 1. FC Köln mit dem Schlusspfiff von Tobias Welz zu Ende.
“Wir müssen gucken, dass wir den Kopf oben halten und den Weg wieder ganz schnell finden.” (Steffen Baumgart)
Die Kölner Stadionregie ist eigentlich bekannt für ihre situationsangemessene Musikauswahl, versäumte es jedoch nach Spielende, Kenny Loggins’ “Danger Zone” auf den Plattenteller zu legen. Dabei hätte dieser Song aus “Top Gun” gepasst wie die Faust auf’s Auge, machten die Kölner doch mit der erneuten Heimniederlage einen deutlichen Schritt in Richtung dieser “Danger Zone”, der Abstiegszone von Bundesliga eins. Je nachdem, wie die weiteren Ergebnisse dieses 24. Spieltags aussehen werden und angesichts der beiden nächsten Spiele gegen die beiden Borussias, könnte Anfang April der bedrohliche Bereich der Tabelle nur noch Nuancen entfernt sein und – wie auf einem Highway – schneller erreicht sein, als man denkt.
Erkenntnisse: Ausgecoacht, bemüht und erfolglos
Bochums Trainer Thomas Letsch hatte sich den gestrigen Gegner wohl sehr gut angeschaut. Dabei scheint ihm aufgefallen zu sein, dass die rechte Abwehrseite des 1. FC Köln mit Verteidiger Benno Schmitz eine Schwachstelle darstellen könnte, die es auszunutzen gelten sollte. So hatte er seinem Team wohl eine differenzierte Form des Pressings verordnet. Die Kölner wurden hoch angelaufen, die Räume sehr effektiv zugestellt – bis auf den Bereich der rechten Außenbahn bis etwa Höhe Mittellinie. Hier ergab sich reichlich Platz für den 1. FC Köln – und für die eigene Mannschaft besonders in personam des schnellen Christopher Antwi-Adjei. So fiel das 1:0 für den VfL, so ergaben sich weitere Konterchancen – immer im Bewusstsein, dass die Flanken des Kölner Benno Schmitz nur selten für Gefahr sorgen würden.
Dieser Kniff des Bochumer Trainers führte dazu, dass der Spielaufbau aus der Kölner Abwehr im Zeitlupentempo von statten ging – außer Schmitz war kaum jemand anspielbar und das Freilaufen war nicht die Stärke des FC an diesem Abend. Ellyes Skhiri und Jonas Hector mühten sich ab, Benno Schmitz machte viele Läufe auf der rechten Außenbahn, alleine der Erfolg blieb aus.
“Aber am Ende, das muss man ganz ehrlich sagen, reicht es nicht – und das ist nicht zum ersten Mal so.” (Steffen Baumgart)
Was war gut? Jeff Chabot. Er ließ nicht nur Philipp Hofmann, den ansonsten gefährlichsten Bochumer, nicht zur Entfaltung kommen, sondern kam mit seinen beiden Abschlüssen einem Torerfolg auch am nächsten. Sein Tackling gegen Takuma Asano in der 75. Minute zählte zu den wenigen Highlights auf Kölner Seite. Ansonsten: Tristesse. Maina und Kainz fanden nie ins Spiel, Selke war bemühte, wie seine Mannschaftskameraden auch. Steffen Baumgart drückte es später so aus: “Meine Mannschaft hat viel investiert. Ich bin weit davon entfernt, den Jungs einen Vorwurf zu machen. Aber am Ende, das muss man ganz ehrlich sagen, reicht es nicht – und das ist nicht zum ersten Mal so”, merkte er an – und traf damit den Nagel auf den Kopf. In der Sprache der Arbeitszeugnisse attestiert dies, dass jemand zwar guten Willens ist, dies jedoch nicht wirklich umsetzen kann. Das passt – jedenfalls für das gestrige Spiel.
Der nächste Gegner: Zu den Majas vom BVB
Am nächsten Samstag (18 Uhr 30) geht es nach Dortmund zur dortigen Borussia. Die Schwarz-Gelben haben einen Lauf – zumindest in der Bundesliga und können vor dem heutigen Ruhrgebietsderby auf eine Siegesserie von acht Erfolgen in Serie zurückblicken. Trainer Edin Terzic scheint die Stellschrauben gefunden zu haben, an denen zum Ziele eines nachhaltigen Erfolgs seines Teams zu drehen war. Ein Wiedersehen wird es geben mit Anthony Modeste, dessen Tore einer der Gründe für die erfolgreiche letzte Saison der Kölner waren, der aber nun seinen Stammplatz auf der Ersatzbank des BVB hat.
Und wie sieht es beim 1. FC Köln, Modestes altem Verein, aus? Dort werden wohl die psychologischen Fähigkeiten von Trainer Baumgart gefordert sein. In die Gruppe hineinzuhorchen und ein Gefühl davon zu bekommen, wo es in den Köpfen hakt, scheint wichtiger denn je zu sein. Die Torflaute muss beendet und Punkte müssen gesammelt werden. Man darf gespannt sein, wie die nächste Trainingswoche gestaltet werden wird. Aufzuarbeiten gibt es so manches: Abwehrverhalten, Torabschluss, Passspiel und so manches mehr. Egal wie, etwas Zählbares aus Dortmund mitbringen, das muss die Devise sein. Damit kein weiterer Schritt hin zur “Danger Zone” getan wird.