Timo Hübers nahm einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche, bevor er den Reportern nach dem 1:1 des 1. FC Köln bei Eintracht Frankfurt zum Interview zur Verfügung stand. Der Schweiß lief ihm die Wangen hinunter, man sah, wie körperlich auszehrend das Spiel in der Gluthitze des Waldstadions gewesen sein muss. “Wir waren ab der 60. Minute gut platt”, gab der FC-Abwehrchef freimütig zu. Und doch hatten er und seine Mitspieler 119,21 Kilometer in der Partie zurückgelegt, nicht nur angesichts der hochsommerlichen Temperaturen ein hoher Wert, der die Gesamtlaufstrecke der Frankfurter noch einmal um zwei Kilometer überstieg. Langsam, geradezu bedächtig schlenderte Hübers anschließend in Richtung Kabine – und der ersehnten Linderung für seine malträtierten Füße entgegen.
FC-Chancenplus vor der Pause, Eintracht danach dominant
Nach Anpfiff der Partie durch Schiedsrichter Martin Petersen entwickelte sich eine Begegnung, die man eher als intensiv denn als gutklassig bezeichnen würde. Kölns Trainer Steffen Baumgart hatte mit seiner Aufstellung durchaus überrascht. So kam Youngster Mathias Olesen zu seinem ersten Startelfeinsatz in der Bundesliga und auch Steffen Tigges durfte sich von Beginn an als zentrale Spitze im Kölner Angriff zeigen. Die erste halbe Stunde war wild, ungestüm – und chancenarm. Dann aber nahm der 1. FC Köln das Ruder in die Hand und kam zu drei veritablen Torchancen durch Tigges nach Vorarbeit von Dejan Ljubicic (39.), Jonas Hector nach einer Ecke von Florian Kainz (41.) und Sargis Adamyan nach dem schönsten Angriffszug bis dato, dessen Vollendung aber durch Eintrachts Torwart Kevin Trapp vereitelt wurde (45.).
Nach der Halbzeit wendete sich das Blatt. Jesper Lindström bot sich nach einem feinen Pass von Mario Götze die erste große Gelegenheit zur Frankfurter Führung (50.), die Eintracht fuhr nun Angriff auf Angriff gegen das von Marvin Schwäbe gehütete Tor, doch es sollte bis zur 72. Minute dauern, bis Daichi Kamadas Freistoß ebenso glücklich, weil durch FC-Kapitän Jonas Hector unhaltbar abgefälscht, wie sehenswert den Weg in den Kölner Kasten zum 1:0 für die Frankfurter fand.
“Wir waren ab der 60. Minute gut platt.”
FC-Abwehrchef Timo Hübers
Doch mit Rückständen kann der 1. FC Köln unter Trainer Steffen Baumgart umgehen. Es war schließlich der eingewechselte Jan Thielmann, der einen abgewehrten Ball volley von der Strafraumgrenze zum 1:1 ins linke Eck des Frankfurter Tores nagelte (84.). Der Jubel der Kölner wurde jedoch jäh durch den VAR unterbrochen, der eine vermeintliche Abseitsposition von Florian Dietz untersuchte – geschlagene fünf Minuten lang. Schließlich blieb die Entscheidung stehen, der Kölner Ausgleich zählte. Marvin Schwäbe rettete noch einmal akrobatisch gegen Kristijan Jakic, dann pfiff Martin Petersen die Partie ab.
Erkenntnisse: Modeste wird vermisst, Hector stark
Auch wenn der 1. FC Köln gegen Ende der 1. Halbzeit zu Torchancen kam, wurde deutlich, dass Anthony Modeste fehlt. Man vermisst seine Körperlichkeit, die Präsenz im Sechzehner und seine unnachahmliche Fähigkeit, auch eher missglückte Flanken noch zu gefährlichen Versuchen auf das gegnerische Tor zu nutzen. Steffen Tigges, den man wohl perspektivisch zu seinem Nachfolger aufzubauen gedenkt, fehlt noch die Bindung zu seinen Mitspielern und doch blitzte ein-, zweimal auf, dass er durchaus vielversprechende Anlagen besitzt. So in der 5. Spielminute, als er sprintstark seine Frankfurter Gegenspieler bis zur Grundlinie überlief und von dort gefährlich in den Strafraum flankte. Oder als er wenig später Ljubicics Hereingabe nur knapp verpasste.
“Steffen Tigges ist ein Spieler, der mit viel Mentalität auf dem Platz steht und alles raushaut. Dafür haben wir ihn geholt.”
FC-Coach Steffen Baumgart
Auch Steffen Baumgart war nicht unzufrieden mit ihm: “Er ist ein Spieler, der mit viel Mentalität auf dem Platz steht und alles raushaut. Dafür haben wir ihn geholt”, sagte er nach der Partie. Jonas Hector machte ein richtig gutes Spiel, auch die beiden Innenverteidiger konnten gefallen, Ellyes Skhiri sowieso, wohingegen ihre übrigen Mitspieler sich leistungsmäßig eher im Durchschnitt bewegten. Die Spielweise des 1. FC Köln ist kraftzehrend, das merkt man den Spielern auch gerade nach einer Englischen Woche an. Regeneration tut not – und ein guter Plan für die Partie am Donnerstag.
Der Ausblick: Erst Fehérvár, dann Stuttgart
Am nächsten Sonntag erwartet der 1. FC Köln den VfB Stuttgart in Müngersdorf (15.30 Uhr). Eine Partie, die die Richtung angeben könnte, die der weitere Saisonverlauf der Kölner nehmen könnte. Die Schwaben stellen eine hochtalentierte Mannschaft, die große Schnelligkeit mit guter Technik zu paaren weiß, dies allerdings noch nicht adäquat in Ergebnisse umzusetzen wusste. Es steht zu hoffen, dass dies auch am Sonntag so bleibt.
Für den 1. FC Köln steht am Donnerstag zunächst das eminent wichtige Rückspiel um den Einzug in die Gruppenphase der Conference League an. Finanziell, sportlich, aber auch stimmungsmäßig könnte der Ausgang dieser Partie gravierende Folgen für die weitere Saison der Kölner haben. Und die Bundesligapartie gegen den VfB? Der legendäre Brian Clough sagte einmal über die Bedeutung der Liga für Nottingham Forest, damals gerade zum zweiten Male siegreich im Endspiel um den Europapokal der Landesmeister: “The league is our bread and butter.” Steffen Baumgart sieht das wohl ähnlich. Ereignisreiche Zeiten, die uns voller Spannung auf das blicken lassen, was da kommen mag. Wir werden sehen.