“Das Medium “Film” ist besonders anschaulich”
Warum hast du einen Film darüber gemacht?
Rheindorf: Wenn man sich fragt, wie war das denn damals, dann vermittelt das Medium „Film“ besonders anschaulich. Man kann in einer historischen Zeitreise wunderbar nachvollziehen, wie im Grunde genommen eine Veranstaltung die andere ablöst. An den Bildern kann man erkennen, in welchen Zeiten das eben war. Das gilt besonders während der Kriegszeit: Gerade sah man noch ein „Länderspiel der Nazis“ und kurz darauf fährt der amerikanische Jeep ins Stadion ein. Man kann in die verschiedenen Epochen schauen, wie sich das Gefühl ändert, wie sich das Aussehen der Leute ändert. Und plötzlich kommt man in der Gegenwart an und dort hakt dann irgendwann die eigene Erinnerung ein und so wird man selbst mit den eigenen Erinnerungen Bestandteil der Dokumentation. Das macht diese Doku über das Stadion so interessant für die Menschen.
Was ist denn deine liebste Erinnerung an das Müngersdorfer Stadion?
Rheindorf: In den 70er Jahren war ich immer in der Südkurve, Eingang 19 bis 21. Es zog mich dort immer wieder hin, weil dort die Fans gesungen haben. Wenn man als Kind oder Jugendlicher zum ersten Mal dort ist, orientiert man sich doch immer an denen, die für Stimmung in der Bude sorgen. Damals waren das diese beiden Eingänge, dort konnte man fast immer für fünf Mark eine Jugendkarte bekommen. Auch bei Auswärtsspielen am Bökelberg oder im alten Haberland-Stadion in Leverkusen ging man einfach zum Kassenhäuschen und holte sich dort eine Karte. In dieser Zeit lag der Zuschauerschnitt noch bei 15.000 Besuchern pro Spiel. Und wenn man zu Hause gegen eine graue Maus wie den VfL Bochum oder den MSV Duisburg spielte, dann kamen vielleicht 8000 Leute. Da kamen wir uns vor wie die Avantgarde! Das hatte für mich nichts mit Eventcharakter, sondern das, was dort stattfand war immer echt – keine Inszenierung.
Wenn die eigene Stadt eines der modernsten Stadien hat, dann ist das schon ziemlich beeindruckend.
Das Stadionerlebnis in den 1970er Jahren
Damals gab es auch so gut wie keine Werbung. Wir waren ab zwei Stunden vor Anpfiff im Stadion und er wurde ab und zu mal eine Durchsage gemacht, aber es war kein Werbemarathon und durchgängige Musik gab es auch nicht. Es war einfach echt. Wenn wenige Leute da waren, war es relativ ruhig, wir kamen uns manchmal vor wie der letzte Mohikaner. Der effzeh hatte damals auch nur 2000 Mitglieder.
Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Das Stadion von 1974 fanden wir als Kinder richtig cool, weil es unfassbar groß aussah. Das war das erste komplett überdachte Stadion Deutschlands. Das war damals für uns das Nonplusultra! Auch wenn die Tartanbahn für uns keine Funktion hatte, so machte das Stadion damit einen machtvollen Eindruck. Wenn die eigene Stadt eines der modernsten Stadien hat, dann ist das schon ziemlich beeindruckend. Als Kind bildest du dir etwas darauf ein. Das sind meine Jugenderinnerungen an dieses Stadion.
Du verfolgt die aktuelle Diskussion über Ausbau oder Neubau – was sagt dein Herz?
Rheindorf: Ich spüre natürlich das Dilemma. Und darum finde ich es ganz wichtig, dass man klärt, was eigentlich alles an dieser Ausbau-Frage hängt. Kann man das technisch machen? Ja, das kann man – wenn auch für astronomisch anmutende Summen. Der effzeh äußert ja nicht zum ersten Mal den Wunsch nach einem größeren Stadion. Schon vor drei Jahren war das ein Thema, doch damals plante man nur in die Richtung eines Fassungsvermögens von 65.000 Leuten. Doch damals sah man schnell ein, dass die Zeit noch nicht reif war. Man hat das damals aber simuliert, wie das aussehen könnte. Daran kann man sich ja heute orientieren, wenn man mit 75.000 Besuchern rechnet. Eine Erweiterung auf 65.000 Zuschauer wird aktuell mit 80 Millionen Euro Baukosten taxiert, eine Aufstockung auf 75.000 auf mehr als 100 Millionen, also fast so viel wie das gesamte Stadion vor 13 Jahren gekostet hat.
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