Eine der wichtigsten Fragen in dieser Sommerpause betrifft die Spielstätte des effzeh. Baut man in Köln aus oder komplett neu? Wir haben mit Filmemacher Hermann Rheindorf über den “Mythos Müngersdorf” gesprochen.
Auch wenn die Saison beendet ist, dreht sich in Köln derzeit alles um den Fußball. Die Debatte um die Zukunft der eigenen Heimspielstätte beschäftigt den Verein, die Fans und auch bei der Stadt werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Zuletzt wurde bekannt, dass sowohl der Verein als auch die Kölner Sportstätten, eine hundertprozentige Tochter der Stadt Köln, mit Albert Speer und Partner denselben Stadtplaner mit verschiedenen Gutachten beauftragt haben. Erste Ergebnisse der Machbarkeitsstudien über Ausbau und mögliche Standorte für einen Neubau werden Ende Juli erwartet.
Die Ausgangslage: Der 1.FC Köln könnte im Moment deutlich mehr Karten verkaufen als die derzeit möglichen 50.000. Mit mehr als 90.000 Mitgliedern, 25.000 Dauerkarten-Besitzern und fast 10.000 auf der Warteliste klingen Mehreinnahmen in Millionenhöhe durch ein größeres Stadion mit 75.000 Plätzen verlockend. Die Anhängerschaft jedoch ist gespalten: Während große Teile der aktiven Fanszene ankündigen, bei einem Neubau vor den Toren der Stadt nicht um jeden Preis mitziehen zu wollen, freuen sich andere auf mehr verfügbare Karten und damit größere Chancen, auch mal eins der begehrten Tagestickets zu erhaschen.
Warum hängen so viele effzeh-Fans so sehr am Müngersdorfer Stadion?
Der historische Aspekt der Debatte wird vernachlässigt
Ein Aspekt, der in der Stadion-Debatte bislang vernachlässigt wurde, ist der historische. Schon seit über 90 Jahren ist Müngersdorf Kölns Heimat für den großen Sport und Schauplatz von Großveranstaltungen mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern. Der Mythos Müngersdorf, was macht ihn aus? Warum hängen so viele Menschen an dem Traditionsstandort? Filmemacher Hermann Rheindorf hat sich in seinem neusten Dokumentarfilm dieser Frage angenommen. In seiner „Kölner Stadionchronik “ beleuchtet er die 93-jährige Geschichte des Sportparks Müngersdorf, auf koelnprogramm.de erfährt man mehr über seine Projekte. Wir haben mit ihm über das Stadionerlebnis, Kosten-Nutzen-Rechnungen und Großmannsdenken gesprochen.
Was macht die Faszination Müngersdorf für diese Stadt aus?
Hermann Rheindorf: Seit 93 Jahren ist das Müngersdorfer Stadion Kölns Heimat für ganz großen Sport. Seitdem kommen dort regelmäßig viele tausende Menschen zusammen. Vorher gab es zwar auch schon einen großen Sportplatz in Köln, nämlich die Poller Wiesen. Dort war das bis dato größte Sportfeld Kölns. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs mussten in Deutschland und somit auch in Köln sämtliche Verteidigungsanlangen und Forts gesprengt werden. Die darum liegenden Äcker und Wiesen mussten vorher frei bleiben: Wäre Köln angegriffen worden, wären die Wiesen vor den Anlagen ein Schlachtfeld gewesen.
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[accordion title=”Zur Person” load=”show”]Hermann Rheindorf ist Journalist, Filmemacher und Arsch-huh-Sprecher. Seine „Kölner Stadionchronik“ kann man
hier bestellen oder bei Vimeo online streamen.[/accordion]
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Foto: Hermann Rheindorf
Und deswegen durfte dieser Bereich nicht bebaut werden. Da Deutschland nach dem verlorenen ersten Weltkrieg diese Verteidigungsanlagen nicht mehr haben durfte, wurden sie gesprengt oder abgerissen. Erst dann entstand die Möglichkeit, dort zu bauen. Es ist jetzt 93 Jahre her, dass das erste große Stadion – das 50 Jahre gehalten hat – dorthin gebaut wurde. Wenn man sich mit Müngersdorf als effzeh-Heimat oder als Spielstätten-Heimat identifiziert, dann interessiert man sich wahrscheinlich auch mal für die Frage, wie das denn so geworden ist, wie es heute ist. Wenn man als Traditionsverein in die eigene ruhmreiche Geschichte guckt, dann kommt man an Müngersdorf nicht vorbei.
Jeder – unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern – war mit großer Wahrscheinlichkeit schon mindestens einmal an diesem Ort, den du auch regelmäßig besuchst, wo deine Kinder hingehen. Das Müngersdorfer Stadion ist eins der öffentlichsten und bekanntesten Gebäude der Stadt, mit dem jeder auch besondere Erinnerungen mit verbindet. Große sportliche Erfolge, aber auch tolle Konzerte wie beispielsweise das der Rolling Stones. Jede Generation verbindet Erinnerungen mit diesem Ort. Das Stadion und diese Erinnerungen wiederum verbinden Generationen miteinander.
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