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Interviews

Thomas Kessler: „Aufstiege mit dem FC kann man einfach nicht toppen”

Thomas Kessler ist mehr als ein Ersatzkeeper. Wir sprachen mit dem Torwart über die grandiose Aufstiegssaison, seine Rolle im Team als Ersatztorwart und den vermutlich schnellsten Sprint seiner Karriere.

Foto: Vladimir Rys/Bongarts/Getty Images

Eine meiner frühesten Fußballerinnerungen beschäftigt sich mit Thomas Kessler. Mein Namensvetter stand damals noch für seinen Heimatverein Grün-Weiß Brauweiler im Tor, ich spielte beim glorreichen SC Rondorf – und hatte die Chance, vom Elfmeterpunkt zu treffen. Nur verwirrte mich die Tatsache, dass der gegnerische Keeper denselben Namen hatte und von außen auch dementsprechend angefeuert wurde. Der Ball ging mitten auf das Tor, der gute Thomas musste sich nichtmals sonderlich anstrengen. Obwohl ich seitdem gefühlt keinen Elfmeter mehr verballert habe (ich schieße jedoch auch selten!), ist das Erlebnis bis heute eine klaffende Wunde in meiner Karriere.

Warum ich das erzähle? Mir ist einfach keine bessere Einleitung eingefallen, nachdem wir den werten Herrn Kessler, der in letzter Zeit als Stürmer für Furore sorgte, zum effzeh.com-Gespräch einluden – und er dies gerne annahm. Mit dem Torwart, der seit 2002 für den effzeh spielt, sprachen wir über die grandiose Aufstiegssaison, seine Rolle im Team als Ersatztorwart und den vermutlich schnellsten Sprint seiner Karriere.

Foto: Christof Koepsel/Getty Images

Foto: Christof Koepsel/Getty Images

Hallo Kess, vielen Dank für das Interview. Wie ist das nochmal zustande gekommen?

Ich habe beim Stöbern auf eurer Effzeh-Facebookseite ein Bild übernommen, ohne die Quelle zu nennen. Normalerweise wird man da ja in Deutschland öffentlich an den Pranger gestellt und muss seinen Doktortitel wieder abgeben. (lacht) Wir konnten uns ja zum Glück auf dieses Interview einigen…

Du bist sehr aktiv bei Facebook, teilst dort deine Meinung mit. Wie wichtig ist der Kontakt zu den Anhängern über die sozialen Netzwerke? Liest du auch anderswo, was die Fans schreiben? Hand auf’s Herz: Wie oft hast du schon auf effzeh.com geklickt?

Ich schätze diesen Austausch mit den Fans über Facebook sehr. Zum einem kann man dort vielen Menschen ein wenig den Einblick hinter die Kulissen eines Sportlers gewähren, zum anderen hat man auch mal die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu erreichen, ohne die Presse dafür in Anspruch zu nehmen. Eure Seite war mir bis vor kurzem leider gar nicht so präsent – was sich aber natürlich inzwischen zu Recht geändert hat.

Gratulation auf jeden Fall zum hochverdienten Aufstieg. Wie hart war die Feierei? Schon erholt oder braucht es noch ein bisschen Urlaub in der Sommerpause dafür?

Die Freude über unser erreichtes Ziel war natürlich zu Recht sehr groß. Die Erlösung nach der gewonnenen Meisterschaft war riesig. Man kann schon davon sprechen, dass man als Spieler des 1. FC Köln mehr als froh ist, nächste Saison dieser Stadt wieder etwas für den unglaublichen Rückhalt gerade in den letzten zwei Jahren zurück geben zu können. Wir werden diese Pause nutzen, um unsere Akkus wieder bis zum Anschlag aufzufüllen, damit wir nächstes Jahr die Klasse halten.

Du hast gegen Ende der Saison nochmals Einsatzzeit bekommen und deine Sache sehr gut gemacht. Wie hast du der Mannschaft während der Saison geholfen, als du nicht gespielt hast?

Ich gehöre mit 28 Jahren zu den älteren Spielern und habe schon einiges an Erfahrung sammeln können. Deshalb glaube ich, dass es Dinge gibt, die ich ganz gut einschätzen kann und versuche dann meine Erfahrungen an jüngere Mitspieler mitzugeben. Darüber hinaus gehören zu einem erfolgreichen Kader mehr als nur elf Spieler. Im Laufe einer Saison passieren viele Dinge im Hintergrund, die in dem ein oder anderen Moment ähnlich entscheidend sind wie zum Beispiel ein Siegtor in 89. Minute vor 50.000 Zuschauern. Ich denke, da gibt es eine Menge Menschen rund um dieses Team, die einen großen Anteil an unserer erfolgreichen Saison haben.

Torhüter gelten häufig als Einzelgänger. Wie ist dein Verhältnis zu deinen Kontrahenten auf deiner Position?

Timo zum Beispiel ist natürlich deutlich jünger als ich. Wir haben eine Drei-Generationen-Truppe. Wir haben sehr junge Spieler, zu denen auch Timo gehört. Alleine durch den Altersunterschied hat man sich nicht immer wahnsinnig viel zu erzählen. Aber wir haben ein kollegiales Verhältnis, respektieren uns und haben beide Spaß an der täglichen Zusammenarbeit.

Die Mannschaft wirkt für Außenstehende extrem harmonisch, die Spieler scheinen fast freundschaftlich, aber zumindest kumpelhaft verbunden zu sein. Hast du das in dieser Form in deinen vielen FC-Jahren schon einmal erlebt?

Ja, das stimmt. Unsere Truppe ist derzeit sehr, sehr harmonisch. Egal welcher Charakter, alle fügen sich irgendwie in die Mannschaft ein. Entscheidend ist aber nicht, dass wir alle gute Freunde sind, sondern, dass sich jeder mit seiner vorhandenen Qualität extrem für das Team aufreibt. Diesen Punkt dürfen wir gerade in der kommenden Saison nicht aus den Augen verlieren. Dieser Erfolg war ganz klar ein Erfolg unseres Kollektivs und nicht der Qualität eines Einzigen.

Viele Experten bescheinigen Timo Horn eine große Zukunft. Auch die Nationalmannschaft wird dort als Ziel gerne genannt. Du arbeitest täglich mit Timo zusammen – bringt er die nötigen Qualitäten mit?

Alleine, dass Timo 32 Einsätze hatte und ein so herausragender Torwart wie ich nur zwei, sagt doch schon alles aus. Im Ernst: Timo hat seine Sache sehr gut gemacht und hat viele Anlagen, ein guter Bundesligatorwart zu werden. Wohin die Reise am Ende geht, sollen die Experten beurteilen. Solange ich noch spielen darf, konzentriere ich mich auf meinen Job. Expertenmeinungen von mir wird es sicher in zehn Jahren genug geben.

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Wie schwer ist es für dich, die meisten Spiele nur von draußen verfolgen zu können? Wie erlebst du Peter Stöger im Umgang mit denen, die nicht zu den ersten 11 zählen?

Jeder Profi, der gerne auf der Bank sitzt und nicht den Anspruch hat zu spielen, hat ganz klar den Beruf verfehlt. Der Schritt auf die Ersatzbank schmerzt jedes Mal. Aber es ist keine Phrase oder Lüge, wenn ich sage, dass ich das für diesen Club in Kauf nehme. Seitdem ich denken kann, schlägt mein Herz für den 1.FC Köln. Ich sehe mich daher nicht als Ergänzungsspieler dieses Clubs, sondern als ein wichtiger Bestandteil dieses Vereins. Ich werde, so lange man es zulässt, alles für dieses Verein geben. Damals nach dem Abstieg zurück zu kommen mit dem Wissen, nicht als Stammtorwart geplant zu sein, war sicher kein leichter Schritt. Dennoch bereue ich ihn nicht. Ich konnte dazu beitragen, den FC zurück in die 1. Liga zu führen. Und Peter Stöger schafft es einfach, auch den Spielern im zweiten Glied das Gefühl zu vermitteln, ein wichtiger Bestandteil unseres Kollektivs zu sein.

Du hast schon in Hamburg beim FC St. Pauli und für Eintracht Frankfurt gespielt, beides Vereine mit großem Fananhang und traditionsreicher Geschichte. Dennoch ist Köln und der effzeh für dich etwas Besonderes: Was macht für dich die Stadt und der Verein besonders und unterscheidet sie / ihn von anderen Städten und Vereinen?

Ich hatte gerade bei meiner Station beim FC St. Pauli eine tolle Zeit, aber Köln ist halt mein Zuhause. Ich denke, man lernt viele Selbstverständlichkeiten einer Stadt oder eines Umfeldes erst zu schätzen, wenn man es mal nicht täglich erlebt. Ich habe mich immer wieder dabei erwischt, wie mein Grinsen am Steuer immer größer wurde, wenn ich auf der A4 die Rodenkirchener Brücke überquert habe und wusste „Jung, du bist wieder zo huss“.

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