Nein, die Fans der Eisernen haben Steffen Baumgart nicht vergessen. “Steffen Baumgart, Fußballgott,” schallte es durch das Stadion An der Alten Försterei, als sich der 1. FC Köln dort torlos 0:0 von Union Berlin trennte. Zwei Jahre von 2002 bis 2004 trug Kölns Trainer das Trikot der Berliner, das er auch heute noch hin und wieder als Teil der Traditionsmannschaft von Union überstreift.
“Gerade, direkt, nicht immer höflich, nicht immer nett, aber immer um die Sache bemüht.” (Steffen Baumgart über Union Berlin und seine Fans)
Seine Verbundenheit zu dem Klub aus Köpenick ist es wohl, die auch die fanatischsten Fans der Eisernen in den Lobgesang über den Trainer des Gegners einstimmen ließ. Denn Baumgart ist nach wie vor Vereinsmitglied, er besitzt eine Wohnung unweit der Spielstätte von Union und schließlich fungierte auch seine Frau Katja bis 2019 als Leiterin des Fanshops der Eisernen. Und so ließ ihn die Reaktion der Fans am Samstag bestimmt auch nicht kalt, die vielleicht auch daher rührt, dass Baumgart so ist, wie er die “Eisernen” beschreibt: “Gerade, direkt, nicht immer höflich, nicht immer nett, aber immer um die Sache bemüht.”
Starker Rönnow und Kölner Chancenwucher
Die Begegnung nahm von Beginn an den Verlauf, den viele erwartet hatten. Intensiv, temporeich, mit vielen engen Zweikämpfen gespickt. Kevin Behrens gewann einen solchen in der 4. Spielminute gegen Florian Kainz, seinen zentralen Abschluss konnte Marvin Schwäbe jedoch ohne größere Mühen parieren. Danach hatte Kölns Keeper erstaunlich wenig zu tun, ganz anders als Frederik Rönnow im Kasten der Eisernen. Den vielversprechenden Versuchen von Steffen Tigges (39.) und Eric Martel (51.) verwehrte er ebenso den Torerfolg wie denen von Florian Kainz (59.) und Jonas Hector (66.).
“In einem an sich ausgeglichenen Spiel war Köln ein bisschen gefährlicher.” (Urs Fischer)
In anderen Situationen wäre allerdings auch er machtlos gewesen, doch Dejan Ljubicic Flachschuss (19.) verfehlte genauso knapp das Tor der Berliner wie Florian Kainz’ Schlenzer in der 75. Minute. Das Chancenplus lag auf der Seite der Domstädter, was auch Unions Trainer Urs Fischer nach der Partie einräumte: “In einem an sich ausgeglichenen Spiel war Köln ein bisschen gefährlicher. Es gab Phasen in der zweiten Halbzeit, da haben wir um ein Gegentor gebettelt. Wir können uns bei unserem Torwart bedanken, dass er uns im Spiel gehalten hat.” Vor der Begegnung hätte man das Unentschieden auf Kölner Seite wohl sofort unterschrieben, nachher überwog ein wenig das Gefühl, dass mehr drin gewesen wäre.
Erkenntnisse: Hinten hui, vorne pfui
Die Kölner zeigten ein anderes Gesicht als bei zuletzt bei den Niederlagen in Stuttgart und gegen Wolfsburg. Abwehr und Mittelfeld zeichneten sich durch jene Kompaktheit aus, die sonst für das Spiel von Union Berlin typisch ist. Timo Hübers und Jeff Chabot ließen gegen die gefährlichen Sturmspitzen des Gegners kaum etwas zu, auch auf den Außenbahnen gelang es den Kölnern zumeist, die Angriffe Unions zu unterbinden. Und alle arbeiteten mit, so auch Steffen Tigges im Sturm und vor allem Dejan Ljubicic, der gegen den durchgebrochenen Sheraldo Becker mit einem perfekt getimten Tackling rettete (27.). Dies hob auch Steffen Baumgart nach dem Schlusspfiff hervor: “Diesen Punkt hat sich die Mannschaft hart erarbeitet. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden.”
Dejan Ljubicic trennt Sheraldo Becker mit einem perfekt getimten Tackling vom Ball (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)
Nicht entgangen sein wird ihm allerdings der Chancenwucher seiner Mannschaft. Es wirkte schon beinahe absurd, dass der Vielzahl der Kölner Chancen kein einziger Treffer entsprang. Tigges arbeitete zwar fleißig mit nach hinten, konnte jedoch in der Sturmspitze bis auf seinen Torabschluss in der 1. Hälfte keine Akzente setzen. Dies lag jedoch auch an den Flanken, die überwiegend unpräzise und wenig gefährlich in den Berliner Strafraum segelten. Hier für Besserung zu sorgen, sollte einer der Inhalte der kommenden Trainingswoche sein.
Der nächste Gegner: Der VfL Bochum kommt nach Köln
Schon am Freitagabend (20 Uhr 30) stellt sich der VfL Bochum im Kölner Stadion vor. Nach der 0:2-Niederlage gegen Schalke 04 ist das Team von Trainer Thomas Letsch auf den letzten Tabellenplatz gerutscht und wird bei ihrem Gastspiel alles daran setzen, die rote Laterne wieder abzugeben. Mut machen sollte ihnen, dass die Leistung gegen die Königsblauen das Ergebnis nicht hergab, denn auch der VfL hatte vor allem über die schnellen Außenstürmer Antwi-Adjei und Asano seine Chancen und geriet sehr unglücklich durch ein Eigentor von Keeper Manuel Riemann in Rückstand.
Im Hinspiel an der Castroper Straße: Benno Schmitz im Zweikampf mit dem Bochumer Danilo Soares (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)
So wird auch Steffen Baumgart seine Spieler davor warnen, den kommenden Gegner zu unterschätzen. Der 1. FC Köln wird gut daran tun, ähnlich kompakt anzutreten wie gegen Union Berlin, nur torgefährlicher sollte das Team sein, wartet es doch seit nunmehr über 270 Minuten auf einen Torerfolg. Es könnte sich lohnen, ein Sieg gegen Bochum würde den Punktestand der Kölner auf 30 Zähler vergrößern und den Anschluss an das Mittelfeld bedeuten. Es wird also um etwas gehen, wenn am Freitagabend das Flutlicht im Rheinenergie-Stadion eingeschaltet wird.