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Nachspiel

Auswärtssieg gegen den FC Slovacko: Hartes Stück Arbeit

Der FC müht sich zu einem Sieg beim FC Slovacko. Die Chance, in Europa zu überwintern, lebt damit weiter und gegen den OGC Nizza wartet nun ein echtes Endspiel.

Freie Sicht auf das Spiel heute vor einer gutbesetzten Tribüne (Foto: Lino Göbelsmann)

“Anderthalb Jahre Köln und ich kann drei Bücher schreiben” – immerhin, FC-Trainer Steffen Baumgart nahm die Spielverlegung vom vergangenen Donnerstag auf den heutigen Freitag mit Humor. Menschen, die privat wie beruflich schon länger mit dem 1. Fußballclub Köln zu tun haben, hätten dem Rostocker dies auch schon vor Amtsantritt sagen können: Beim FC is immer jet loss.

“Anderthalb Jahre Köln und ich kann drei Bücher schreiben” (FC-Trainer Baumgart)

Dabei muss man sagen, dass sich dies im Auswärtsspiel in Uherské Hradiště eher auf das Drumherum beschränkte: neben der Spielverlegung trugen völlig überraschend auch sehr viele der Heimfans – denn der FC durfte ja keine Gästekarten verkaufen – rote Trikots und feuerten in astreinem Deutsch den Kölner Fußballclub an. Mysteriös, aber so oder so ähnlich ist es in den 2020ern einmal im tschechischen Uherské Hradiště geschehen!

An Spielen war so nicht zu denken: dichter Nebel blockierte die Sicht zwischen den Toren (Foto: Lino Göbelsmann)

Spielerisch mit Luft nach oben

So richtig auf die Mannschaft überspringen wollte dieser Fan-Funke jedoch nicht, zu chancenarm und zu wenig zwingend trat der FC vor allem in der ersten Halbzeit auf. Nach einer Chance von Florian Dietz am Donnerstag (7.), folgte am Freitag nicht viel, was die Heimmannschaft einmal ins Schwitzen gebracht hätte. Florian Kainz wurde zweimal geblockt (16., 21.), Sargis Adamyan verpasste einmal nach gutem Dribbling den richtigen Moment für einen Abschluss (28.), einmal es ihm nicht, eine gute Vorarbeit von Denis Huseinbasic zu kontrollieren (34.) – viel mehr war nicht auf Seiten der Geißböcke. Die dickste Chance gehörte daher auch den Tschechen, als Merchas Doski in der 42. aber nur an den Pfosten köpfen konnte. Der FC konnte sich glücklich schätzen, hier nicht einmal mehr in Rückstand geraten zu sein. So ideenarm wie man sich heute präsentierte, wäre es wohl schwer geworden, diesen Rückstand noch zu drehen.

Leichter Aufwärtstrend in der zweiten Halbzeit

Immerhin aber zeigte man sich in der zweiten Halbzeit – wie oft in der noch relativ jungen Ära Baumgart – verbessert: dem ersten Strafstoß ging eine clevere Aktion Huseinbasic’ voraus, der Kainz’ Hereingabe mit viel Übersicht auf Adamyan ablegte. Da dieser beim Schussversuch regelwidrig behindert wurde, zeigte der Unparteiische Giorgi Kruashvili aus Georgien auf den Punkt (50.). Hier hätte das Spiel in wohlgefälligere Bahnen gelenkt werden können – doch der sonst sichere Florian Kainz scheiterte an Torhüter Filip Nguyen. TV-Experte Patrick Helmes erklärte dies nachvollziehbar mit der gewählten Ecke: Wenn ein Rechtsfuß nach rechts schieße, schieße er zum Torwart hin. Habe dieser die Ecke geahnt, so sei es ungleich leichter, den Ball zu halten als in der gegenüberliegenden Ecke, so der ehemalige Stürmer und Elfmeterschütze. Ondrej Duda sollte ihn später in dieser Einschätzung bestätigen, aber dazu gleich mehr.

Es folgte eine recht zerfahrene Phase mit vielen Nickligkeiten, gelben Karten (u.A. gegen Adamyan und die beiden Trainer) und vielen Wechseln. Wirklicher Spielfluss oder gar eine herausgespielte Chance gab es in dieser Phase nicht – erst als Linton Maina und Ondrej Duda für Kainz und Adamyan (74.) auf dem Platz waren, gab es einige aussichtsreiche Chancen. Immer öfter fand Maina den Slowaken, der allerdings in diesem Leben wohl nicht mehr mit dem ersten Kontakt klare Aktionen herbeiführen wird. So auch in der 78.: hier machte er den berühmten einen Haken zu viel und brachte sich so um eine noch bessere Chance, der zurückgeeilte Stanislav Hofmann konnte noch eingreifen und Duda abdrängen, Nguyen den Ball letztlich abwehren. Das hätte es eigentlich sein müssen!

“Wenn ich sehe, wie mutig meine Mannschaft gespielt hat und dass sie die Mannschaft war, die aktiv nach vorne gespielt hat, bin ich zufrieden. Ich finde, meine Mannschaft hat es gut gemacht.” (Baumgart)

So war es letztlich wohl passend für dieses Spiel, dass es nicht durch einen spielerischen Moment entschieden wurde, sondern durch einen zweiten Strafstoß, als der eingewechselte Michal Kohut den ebenfalls eingewechselten Steffen Tigges im Strafraum zu Fall brachte (81.). Duda verwandelte diesen letztlich sicher und zwar, wie um Helmes zu bestätigen, mit rechts nach links.

Am Freitag war die Sicht ungleich klarer und es konnte angestoßen werden (Foto: Lino Göbelsmann)

Danach folgten vermutlich die aufregendsten Torgelegenheiten, als zunächst Hofmann am erneut starken Marvin Schwäbe scheiterte (84.) – am vergangenen Spieltag hatte der tschechische Innenverteidiger noch das Golden Goal für den FC Slovacko erzielt – und schließlich Huseinbasic eine Hereingabe vom umtriebigen Ellyes Skhiri nur an Torwart und letztlich Pfosten brachte (89.). Nach einer kleinen Gelb-Orgie wurden die rot gekleideten Fans schließlich erlöst und durften endlich diesen zähen Arbeitssieg bejubeln.

Das war gut

Der FC gefiel – gerade in der Schlussphase – vor allem kämpferisch. Endlich hat der FC unter Baumgart in dieser Saison einmal wieder eine Führung erzielt und diese mit Mann und Maus über die Zeit gerettet. So ein Erfolgserlebnis, gerade nach einem 0:5 in Mainz, tut der Psyche gut und beweist, dass man auch einmal zu null spielen bzw. einen Gegner niederringen kann. Auch stellte man sich cleverer an als zuletzt, zog ab und zu einmal das taktische Foul oder blockte den Ball, wenn man selber vermeintlich gefoult wurde. Union Berlin ist mit dieser Spielweise zeitweiliger Tabellenführer geworden.

Zudem zeigte Denis Huseinbasic, was für ein absolutes Talent er ist. Der junge Mann, der bis letztes Jahr noch Regionalliga gespielt hat, gefällt bereits jetzt als Antreiber und deutet an, einmal ein Leader einer Mannschaft werden zu können. Skhiri ist dies bereits und trieb die Mannschaft fortwährend an. Durch sein laufintensives Spiel geht er sprichwörtlich immer wieder voran und der FC kann froh sein, dass er nicht auch noch verletzt ausgewechselt werden musste. Zudem feierte in Maximilian Schmid das nächste Talent sein Profidebüt, auch Adamyan zeigte eines seiner besten Spiele im FC-Dress.

Auch Ondrej Duda dürfte sein erstes Tor in dieser Saison, zumal ein so Wichtiges, gut tun – auf den Slowaken könnte es gerade in solchen zähen Spielen ankommen. Nur dank ihm hat der FC im Endspiel gegen Nizza noch die Chance, sogar auf Platz 1 der Gruppe zu springen, wenn (ausgerechnet!) Slovacko Schützenhilfe leistet. Dieses Endspiel ist verdient und sollte als absoluter Lohn harter Arbeit wie jene gegen den FC Slovacko angesehen werden.

Das könnte besser laufen

Der FC tut sich nach wie vor schwer, aus dem Ballbesitz Chancen zu generieren – gerade in weiterer Abwesenheit Mark Uths, der zwar donnerstags noch im Kader stand, aber dann doch gemeinsam mit Hector abreiste. Überhaupt, die Personalien: Jonas Hector verletzte sich im Abschlustraining, Uth scheint nach wie vor nicht beschwerdefrei zu sein, Linton Maina wurde ein- und dann wieder ausgewechselt. Steffen Baumgart scherzte bereits, sich demnächst in der A-Jugend bedienen zu müssen.

“Bald muss ich in der A-Jugend nachfragen, um noch ein, zwei Spieler zu bekommen. Denn so langsam wird es personell eng.” (Baumgart)

Aber auch angesichts der Qualität jener elf Mannen, die auf dem Platz standen, darf man ein paar Fragen stellen: warum zum Beispiel verweigert Kristian Pedersen teilweise Offensivläufe, um Kainz einmal zu hinterlaufen? Warum versucht man kaum einmal eine Spielverlagerung bzw. warum funktionieren die wenigen dann nicht? Warum ist bei den (ebenfalls wenigen) Durchbrüchen über einen der Flügel der kurze Pfosten eigentlich stets unbesetzt? Und was sagt es eigentlich über die Routiniers aus, wenn ein 19-jähriger Regionalligaspieler zu den Besten gehört?

Dies alles sind Fragen, die das Trainerteam eigentlich gemeinsam mit der Mannschaft beantworten müsste. Einzig: wann? Das nächste Spiel wartet bereits am Sonntag und ließ sich auch nicht verschieben, dem FC bleibt kaum einmal Zeit, die getragenen Trikotsätze bis dahin zu waschen und zu trocknen, an Reflexion oder darauf abgestimmte Trainingseinheiten ist gar nicht zu denken. Die DFL meint es nicht gut mit den Domstädtern und man muss wirklich einmal hinterfragen, ob hier Profisportler noch als Menschen angesehen werden oder nur noch als Entertainment-Maschinen, die auf Münzeinwurf zu funktionieren haben. Steffen Baumgart hat seine Meinung dazu durch die Blume kommuniziert – aber vielleicht kann er ja auch diese Episode in einem seiner drei Bücher verarbeiten.

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