Eigentlich, das mag man zumindest glauben, sollte sich Marvin Schwäbe bereits ausreichend einen Namen gemacht haben. Hatte der Keeper des 1. FC Köln doch in der vergangenen Saison maßgeblichen Anteil daran, dass die „Geißböcke“ den wundersamen Sprung von der Relegationsrettung zur Europapokal-Teilnahme geschafft haben. Dass sich sein Name trotz herausragender Auftritte noch nicht allen eingeprägt hat, bewies dann jedoch die alt-ehrwürdige Sportschau am vergangenen Wochenende, als im Spielbericht zum torlosen Remis gegen Stuttgart ein gewisser Martin Schwäbe mit zahlreichen Glanztaten die VfB-Offensive ein ums andere Mal zur Verzweiflung trieb. Ein ähnlicher Fauxpas unterlief dann gleich auch noch dem kommenden Gegner aus Wolfsburg.
Schwäbes Leistungen in der jüngsten Vergangenheit schmälert diese Petitesse dagegen nicht: Der 27 Jahre alte Torwart, vergangenes Jahr begünstigt durch Timo Horns Verletzung zwischen die Kölner Pfosten gerückt, ist längst der unumstrittene Rückhalt der „Geißböcke“ geworden. Nach seinem Galaauftritt gegen den VfB häuften sich die Lobeshymnen auf den FC-Schlussmann – auch aus den eigenen Reihen: „Dass es zur Pause 0:0 steht, da müssen wir uns bei Marvin bedanken. Er hat es heute extrem gut gemacht, vor allem im Eins-gegen-eins. Dafür kriegt er gleich einen Schulterklopfer“, betonte Abwehrchef Timo Hübers. Und auch Coach Steffen Baumgart geriet für seine Verhältnisse fast schon ins Schwärmen: “Ein riesiges Kompliment an Marvin. Er hat uns nicht nur im Spiel gehalten, sondern da war schon die eine oder andere bessere Parade dabei. Das muss man erst mal so machen.“
“Unter Beweis gestellt, dass er zu den Besten gehört”
Das muss man erst einmal so machen: Auf der Linie präsentiert sich Schwäbe in dieser Saison weiterhin bärenstark – 75 Prozent aller Torschüsse wehrt Schwäbe 2022/23 bisher ab, ein Spitzenwert in der Bundesliga. Gerade im Eins-gegen-eins zählt der gebürtige Hesse zu den besten seiner Zunft in der höchsten deutschen Spielklasse, das zeigte nicht nur das torlose Remis gegen Stuttgart. Dazu ist der gebürtige Hesse fußballerisch stark in der Spieleröffnung, auch wenn zu Beginn dieser Spielzeit sich noch der ein oder andere ungewohnte Wackler offenbarte, wird von seinen Mitspielern immer wieder als Anspielstation gesucht. Dass Schwäbe in den Statistiken nicht noch besser dasteht, hat mit einem groben Patzer (dem wohl ersten seiner Kölner Zeit) zu tun: In Leipzig ließ der FC-Keeper Timo Werners harmlosen Distanzschuss zum 0:1 durch die Finger gleiten – ein Torwartfehler, den der 27-Jährige allerdings schnellstens abhakte.
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Vor dem verdienten Ausgleich machte Schwäbe mit einem Weltklasse-Parade das mögliche 2:0 durch Christopher Nkunku – und gab so den „Geißböcken“ die Chance zu einem Konter aus dem Lehrbuch, den letztlich Florian Dietz veredelte. Jeder Torwart mache Fehler, bekundete Thomas Kessler nach der Partie. Wichtig sei die Reaktion auf einen solchen Patzer, das sei entscheidend. „Und da hat Marvin unter Beweis gestellt, dass er zu den Besten gehört“, erklärte der Leiter der FC-Lizenzspielerabteilung, der bis vor kurzem noch selbst zwischen den Pfosten gestanden hatte. Dass Schwäbe zu den besten Torhütern der Bundesliga gehört, hat er in der vergangenen Saison, aber auch in dieser Spielzeit hinlänglich unter Beweis gestellt. Auch im Playoff-Rückspiel in der UEFA Europa Conference League war der Keeper der „Geißböcke“ in den wichtigen Momenten da, wenn er gebraucht wurde.
Erste Rufe nach der Nationalmannschaft werden laut
Viel Aufhebens macht er darum nicht, der Kölner Schlussmann zählt sicherlich zu den ruhigeren Vertretern seiner Zunft. Selbst nach Glanztaten hinterlässt Schwäbe den Eindruck, als sei dies das normalste der Welt für ihn. Dafür, so scheint seine Einstellung zu sein, stehe er schließlich im Tor – um der Mannschaft den Allerwertesten zu retten, wenn dies erforderlich ist. „Dafür ist ein Torwart da“, erklärte Schwäbe in aller Seelenruhe nach seinem Glanzauftritt gegen Stuttgart. Dass es anders laufen kann, hat er spätestens in Leipzig erfahren. „Wir stehen zusammen, wenn es mal einen Fehler geben sollte, klopfen wir uns gegenseitig auf die Schulter. Dass wir alle füreinander da sind, ist das, was uns ausmacht“, betonte er nach seinem Fehler, den er schnell abschütteln konnte. Einer für alle, alle für einen: Dieses doch recht abgedroschene Motto scheint auf Marvin Schwäbe doch zuzutreffen.
“Wir stehen zusammen, wenn es mal einen Fehler geben sollte, klopfen wir uns gegenseitig auf die Schulter. Dass wir alle füreinander da sind, ist das, was uns ausmacht.”
So ging für die gegnerischen Stürmer im August nur selten ein Weg an ihm vorbei – zuletzt spielten die „Geißböcke“ dank der Paraden ihres Schlussmanns zweimal in Serie zu Null, sind in dieser Bundesliga-Saison noch ohne Niederlage. Auch für uns ging an Marvin Schwäbe kein Weg vorbei, im August war die Nummer eins des 1. FC Köln leistungstechnisch die Nummer eins beim Europapokal-Teilnehmer und ließ dadurch unter anderem stark auftrumpfende Feldspieler wie Jonas Hector oder Ellyes Skhiri hinter sich. So manch ein Medium schreibt den 27-Jährigen „Spätstarter“ (Sportschau) bereits in die Nähe der Nationalmannschaft. Spätestens dann sollte sich Martin, äh, Marvin Schwäbe endgültig (s)einen Namen gemacht haben.