Mannschaftskapitän Jonas Hector führte die Jubelschar an, die sich vor der Südtribüne des Kölner Stadions versammelt hatte. Fast alle waren sie da, die Spieler, die den 3:1-Auftaktsieg gegen den FC Schalke 04 bewerkstelligt hatten, die Ersatzleute und auch die Akteure in ihren Straßenklamotten, die entweder verletzt waren oder den Sprung in den Spieltagskader nicht geschafft hatten. Freude allenthalben, es wurde gesungen, getanzt, wild herumgehopst.
Nicht jeder der 50 000 Zuschauer hatte mit einem solch freudigen Ende der Partie gerechnet. Verwundert hatte sich so mancher Fan die Augen gerieben angesichts der Elf, die Trainer Steffen Baumgart da auf den Rasen des Kölner Stadions geschickt hatte. So tauchte Kingsley Schindler, der gegen Regensburg nicht zum Kader gehörte, zur Überraschung vieler in der Startelf auf. Florian Dietz, zunächst nicht im Kader, lief auf und sollte Anthony Modeste ersetzen, dessen bevorstehender Wechsel zu Borussia Dortmund erst kurz vor dem Spiel bekannt geworden war. Dem Vernehmen nach wollte der Torjäger gegen Schalke spielen, doch Steffen Baumgart entschied sich dagegen: “Wenn sich jemand entscheidet, unseren Weg nicht mehr mitzugehen, dann muss er auch nicht mehr spielen”, kommentierte er seine Entscheidung. Spieler, die man erwartet hatte, nahmen auf der Bank Platz: Sargis Adamyan, Linton Maina und auch Tim Lemperle.
Der Kölner Keller schaltete sich ein
Die Schalker begannen forsch, gewannen erste Zweikämpfe, schienen Steffen Baumgarts Team ein wenig den Schneid abzukaufen und gingen nach elf Minuten in Führung – so dachte man jedenfalls. Jonas Hector hatte eine Freistoßflanke zu zentral abgewehrt, Rodrigo Zalazar den Ball sehenswert in den rechten Winkel des Kölner Tores geschmettert. Der VAR meldete sich – nicht zum letzten Mal in dieser Partie. Der Schalker Innenverteidiger Maya Yoshida hatte im Abseits stehend Kölns Keeper Marvin Schwäbe den Blick auf den Ball versperrt – es blieb beim 0:0.
“Wenn sich jemand entscheidet, unseren Weg nicht mehr mitzugehen, dann muss er auch nicht mehr spielen.”
(Steffen Baumgart)
Gut zwanzig Minuten später meldete sich der Kölner Keller erneut. Grund war ein Zweikampf zwischen Dominick Drexler und Jonas Hector, bei dem die offene Sohle des Ex-Kölners auf der Wade des Kölner Kapitäns gelandet war. Drexler sah Rot – eine durchaus harte Entscheidung. Das sah auch Steffen Baumgart so: “Das war keine Rote Karte. Die beiden Spieler hatten schon abgeklatscht”, sagte er nach dem Spiel. Der 1. FC Köln nahm nun gegen dezimierte Schalker zunehmend das Heft in die Hand, es dauerte allerdings bis zur 49. Minute, ehe Luca Kilian den Ball zur 1:0-Führung ins Schalker Netz bugsierte.
Schiedsrichter Robert Schröder zeigt Dominick Drexler die Rote Karte (Foto: Lars Baron/Getty Images)
Eine Viertelstunde später griff der VAR zum letzten Male ins Spiel ein. Schiedsrichter Schröder hatte einem Treffer von Florian Kainz zunächst die Anerkennung verwehrt, revidierte dann jedoch die Entscheidung – 2:0. Wie aus heiterem Himmel fiel dann der Schalker Anschlusstreffer durch Marius Bülter (77.), der eine Freistoßflanke unhaltbar einköpfte. Der an diesem Tag überragende Dejan Ljubicic tat es ihm wenig später auf der anderen Seite nach und traf unter gnädiger Mithilfe des rechten Innenpfostens und Schalkes Torwart Alexander Schwolow zum 3:1-Endstand.
Erkenntnisse: Eine starke Teamleistung
Es war eine besondere Partie der beiden alten Rivalen aus Köln und Gelsenkirchen. Für die Schalker bedeutete der Auftritt in Müngersdorf die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus, für den FC die erste Partie ohne ihren wechselwilligen Torjäger Anthony Modeste. Gewiss, die Frage ist statthaft, wie das Spiel ohne die Rote Karte für Dominick Drexler gelaufen wäre. Zweifellos spielte diese Entscheidung Steffen Baumgarts Team in die Karten.
Dejan Ljubicic bejubelt sein Tor zum 3:1 gegen Schalke (Foto: Lars Baron/Getty Images)
Unabhängig davon muss man allerdings den Hut davor ziehen, wie die Mannschaft die Unruhe um diesen Transfer weggesteckt hat. Sie trat über weite Strecken der Partie so auf, wie man es aus der Vorsaison kennt: Bissig, aggressiv, den direkten Weg zum Tor suchend. Zwei Spieler waren es, die daran besonders beteiligt waren. Dejan Ljubicic, der Mark Uths Rolle perfekt übernahm, und Ellyes Skhiri, der laufstark und mit sicherem Passspiel im defensiven Mittelfeld die Fäden zog. Und doch war es in erster Linie eine Teamleistung, die den auch psychologisch so wichtigen Erfolg sicherte.
Der Ausblick: Als Außenseiter nach Leipzig
Am zweiten Spieltag (Samstag, 15.30) muss der 1. FC Köln in Leipzig antreten. Baumgarts Team trifft dort auf eine Elf, die gespickt ist von Hochkarätern und zudem auch noch durch Transfers im zweistelligen Millionenbereich verstärkt wurde. Möglich, dass auch Nationalspieler Timo Werner in dieser Woche seine Zelte in Chelsea abbricht und zu seinem alten Verein zurückkehrt. Eines ist sicher: Die Favoritenbürde wird nicht auf den Schultern der Männer vom Rhein lasten.
Es wird das Spiel zwei nach dem Transfer von Anthony Modeste sein, zudem ist der Einsatz von Mark Uth und Timo Hübers fraglich, zwei absolute Stützen der Mannschaft. Das Spiel gegen einen Aufsteiger konnte gewonnen werden, wie wird der 1. FC Köln bei einem Champions League-Teilnehmer und Mitfavoriten im Meisterschaftsrennen abschneiden? Ein Punkt wäre ein großer Erfolg. Wird er gelingen? Man wird sehen.