Ein Festtag für den kölschen Fußball soll es werden, wenn der 1. FC Köln am 13. Spieltag der Bundesligasaison 2021/22 auf den Erzrivalen aus Mönchengladbach trifft. Und die Voraussetzungen könnten besser nicht sein: Während zu den letzten drei Derbyspieltagen keine Zuschauer*innen im Stadion zugelassen waren, wird das Derby nun erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder vor ausverkauften Rängen stattfinden. Zudem weiß der FC in dieser Saison ganz genau, wie er sein Publikum mitreißen und begeistern kann: Durch eine offensive Spielidee, Kampf- und Laufbereitschaft sowie Comeback-Qualitäten bringen die Geißböcke das Müngersdorfer Stadion in dieser Saison regelmäßig zum Kochen.
Und das zahlt sich aus: Noch keine Heimspielniederlage steht bei den Kölnern zu Buche. Zudem holte man zwölf der 15 bisher erzielten Punkte auf heimischem Rasen. „Ich freue mich einfach, dass das Spiel vor voller Hütte stattfinden kann“, betonte auch FC-Trainer Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz vor dem Derby. Doch bei den kölschen Fans sind auch durchaus Bedenken zu vernehmen: Denn trotz ausverkauftem Haus war es ein ungewöhnliches Zeichen, dass bis kurz vor dem Derby noch Tickets im freien Verkauf erhältlich waren. Während das Derby in der Frühphase der Pandemie März des Jahres 2020 als erstes Bundesliga-Geisterspiel in die Geschichte einging und dabei die Vorsicht die Handlungen von Politik und amtlichen Entscheidungsträgern bestimmten, wird das jetzige ausverkaufte Spiel inmitten der vierten Corona-Welle zu einem echten Härtetest für das Hygiene-Konzept des 1. FC Köln.
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Nähe – nicht nur auf der Landkarte, sondern auch in der Tabelle
Sportlich befinden sich beide Teams in dieser Saison auf einer Augenhöhe wie schon lange nicht mehr: Lediglich drei Punkte liegt die Borussia vor den Domstädtern. Allerdings sind die Fohlen nach einem wackligen Saisonstart zuletzt besser in die Saison gekommen. „Borussia Mönchengladbach ist eine der besten Mannschaften, die wir haben. Sie haben ganz klar einen positiven Trend“, erkannte auch Baumgart auf der Pressekonferenz an. Nicht nur, dass die Gladbacher vor ziemlich genau vier Wochen der FC Bayern mit 5:0 aus dem DFB-Pokal fegten, sie haben seitdem auch in der Bundesliga kein Spiel mehr verloren und sieben von möglichen neun Punkten aus diesen Partien mitgenommen. Weiterhin sollten sich die Fans und Verantwortlichen bei den “Geißböcken” nicht der Hoffnung hingeben, dass die Borussen, wie im letzten Derby am 20. Spieltag der vorherigen Saison, Stammkräfte schonen werden.
“Es ist für mich das größte Derby, das ich bisher gespielt habe. Es ist jedes Jahr das wichtigste Spiel.”
„Wir werden mit der bestmöglichen Mannschaft in dieses Derby gehen“, sagte Gladbach-Trainer Adi Hütter. Während sein Vorgänger Marco Rose im letzten Aufeinandertreffen bis zu sieben mögliche Stammspieler auf die Bank beorderte und sich nach dem 2:1 Sieg des 1. FC Kölns dem Frust der Gladbacher-Anhängerschaft ausgesetzt sah, scheint sich der ehemalige SGE-Trainer der Wichtigkeit des Derbys bewusst. Er fügte auf der Pressekonferenz vor dem FC-Spiel an, dass er bereits einige Derbys erlebte habe, das Duell zwischen Gladbach und Köln allerdings einen der höchsten Stellenwerte aller dieser Spiele habe. In die gleiche Kerbe schlug auch Steffen Baumgart: „Es ist für mich das größte Derby, das ich bisher gespielt habe. Es ist jedes Jahr das wichtigste Spiel.”
Die Startformation: Ausfälle, Comebacks und Debüts
Schaut man auf den Kader der Kölner, hat Steffen Baumgart vor diesem wichtigsten Spiel des Jahres noch einige Fragen zu klären: Kann Top-Stürmer Anthony Modeste nach seiner Verletzung im Spiel gegen Mainz 05 auflaufen? Kehrt Ellyes Skhiri zurück in die Startelf? Bleibt das Innenverteidiger-Paar aus Rafael Czichos und Luca Kilian bestehen? Fest steht schon jetzt, dass Marvin Schwäbe Timo Horn im Tor ersetzen wird. Der kölsche Platzhirsch, der sich ebenfalls gegen die Mainzer verletzte, wird bis zum Ende der Hinrunde ausfallen. Neuzugang Schwäbe erhielt bereits in den Pokalspielen Einsatzzeiten. „In Jena bringt er uns eine Runde weiter und in Stuttgart hat er uns bis auf eine Unsicherheit sehr gut im Spiel gehalten.“, freut sich Baumgart auf das Debüt des Keepers. In der Reihe vor Schwäbe muss der FC-Coach entscheiden, ob Rafael Czichos gegen die schnellen und wuseligen Stümer der Gladbacher, den Vorzug vor den womöglich antrittsstärkeren Jorge Meré und Timo Hübers erhält.
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Besonders spannend wird allerdings die Besetzung der 6er Position(en) im Kölner-Spiel werden. Mit dem genesenen Elleys Skhiri ist der eigentliche Platzhirsch zurückgekehrt, doch Baumgart wollte sich vor dem Spiel nicht in die Karten schauen lassen: „Das ist eine interessante Frage. Könnten wir beantworten, wollen wir aber nicht“, antwortete er auf die Frage, ob Skhiri in die Startelf zurückkehren würde. Dabei sprach er auch ein Lob an dessen Vertreter Salih Özcan und Dejan Ljubicic aus und betonte den Konkurrenzkampf im Kader. Ob die “Geißböcke” schließlich mit einem oder zwei zentralen defensiven Mittelfeldspielern auflaufen werden, hängt laut Baumgart auch von der Gesundheit von Anthony Modeste ab und welche Aufstellungsoptionen im Sturm mit dessen Gesundheit einher gehen. Dieser stieg unter der Woche zwar wieder ins Training ein, ob er eine Alternative für die erste Elf sein wird, ist allerdings noch unklar.
Hütters neue Büffelherde?
Bei den Gegnern vom Niederrhein sind die Fragezeichen in der vordersten Reihe dagegen eher klein. Trainer Adi Hütter hat hier eher ein Luxusproblem: Zwar fällt mit Breel Embolo ein Stürmer aus, doch mit Alassane Plea, Lars Stindl und Jonas Hofmann kann Hütter ein offensives Sturmtrio aufbieten, das in ihm und vielen Beobachter*innen bereits erste Vergleiche zu Hütters Zeit bei der Eintracht aus Frankfurt und dessen Büffelherde bestehend aus Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastian Haller hervorruft. Plea, Stindl und Hofmann zeigen sich bisher für elf der 17 Gladbacher Tore in dieser Saison verantwortlich und vor allem Nationalspieler Jonas Hofmann fühlt sich in der offensiven Dreierreihe pudelwohl. Mit sechs Saisontoren hat bereits jetzt seinen Karrierebestwert in dieser Kategorie eingestellt. Ferner drängt mit Marcus Thuram ein weiterer sehr talentierter Spieler zurück in die Startelf der Borussen und stellt Trainer Hütter vor die Qual der Wahl.
Die Grundordnung der Fohlen zeichnet sich zumeist durch 3-4-2-1 beziehungsweise 5-2-2-1 mit hochschiebenden Außenspielern aus. Gegen Mainz wurde im Kölner Spiel erneut aufgezeigt, dass die Mannschaft versucht, flach aus der eigenen Hälfte heraus das Spiel zu öffnen. Oftmals erkennen die gegnerischen Teams dieses Vorhaben allerdings früh und laufen entsprechend früh an. Dies führt bei den “Geißböcke” häufiger zu etwas Ratlosigkeit, sodass der Ball statt durch Torhüter oder Innenverteidiger durch die in Bedrängnis geratenen Außenspieler lang nach vorne geschlagen wird. Sollten die Gladbacher Außenverteidiger im Derby am Samstag erneut vermehrt nach vorne schieben, könnte genau in dieser Kölner-Ratlosigkeit eine Option liegen, durch lange Bälle auf die Außen die Löcher hinter den Gladbachern Außen zu bespielen. Um anschließend von dort, mit denen im Baumgart-Fußball viel zelebrierten Flanken zu agieren.
Sieglos-Serie beenden, Heimspiel-Serie ausbauen
Ob dann Tony Modeste, Sebastian Andersson oder doch beide das Ziel dieser Flanken werden wird, ist noch unklar. Klar ist allerdings, dass das Derby erstmals nach langer Zeit wieder in einem Rahmen stattfinden wird, den es verdient. „Die sportliche Rivalität muss dann da sein und auf dem Platz zu spüren sein. Ich habe das Gefühl, wir können dieses Spiel gewinnen“, gibt Baumgart die Marschrichtung für das Duell der Rivalen vor. Nicht nur emotional, sondern auch sportlich wäre ein Sieg und damit die Beendigung einer Sieglos-Serie von fünf Bundesliga-Spielen sehr wertvoll. Dass der FC in der Lage ist, vermeintlich stärkeren Gegner Paroli zu bieten, zeigte er bereits in den Partien gegen Bayern München, Leipzig, den BVB oder auch Bayer Leverkusen.
“Die sportliche Rivalität muss dann da sein und auf dem Platz zu spüren sein. Ich habe das Gefühl, wir können dieses Spiel gewinnen.”
Vor allem in Heimspielen scheinen sich die Mannschaft und das Publikum gegenseitig anzustacheln. Daher kommt es nicht überraschend, dass der FC-Trainer betont „Ich finde es schön, dass ich das Gefühl habe, wir können dieses Spiel gewinnen. Nicht nur Wunschdenken, sondern wir können und wollen, mit unseren Leistungen, dieses Spiel für uns gestalten“, so der FC-Coach. Kein Wunschdenken mehr: 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach. Das wichtigste Heimspiel der Saison. Das rheinische Derby vor ausverkauftem Haus.