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EM-Momente des 1. FC Köln: Die “Schmach von Tirana” und der erste deutsche EM-Titel

Die Europameisterschaft 2020 ist mit einem Jahr Verspätung nun im vollen Gange – auch unter Beteiligung des 1. FC Köln. In unserer Reihe “Kölsche EM-Momente” blicken wir in der ersten Folge auf die “Schmach von Tirana” und den ersten EM-Titel der deutschen Nationalmannschaft.

Foto: imago images / Horstmüller

Der 1. FC Köln hat durch seine Länderspielabstellungen beeindruckende Erfolge der DFB-Elf mit initiiert. Allerdings fing es in Sachen Europameisterschaft nicht sonderlich gut an. Der DFB hatte sich zunächst lange gegen die Teilnahme an Europameisterschaften gewehrt. Das Turnier galt für die DFB-Oberen als bedeutungslos und zu kräftezehrend, gerade in Bezug auf die Weltmeisterschaften seien die Spieler durch weitere Spiele überbelastet. Aus diesem Grund lehnte man eine Teilnahme in den Jahren 1960 und 1964 gänzlich ab und auch für die Teilnahme zur Qualifikation zum Turnier im Jahr 1968 musste gar sanfter Druck seitens der UEFA her.

So spielte die Nationalmannschaft am 8. April 1967 gegen Albanien ihr erstes EM-Spiel überhaupt. Mit 6:0 fertigten die Kicker von Bundestrainer Helmut Schön die Balkantruppe ab, mit Hannes Löhr war sogar ein FC-Spieler mit gleich zwei Treffern beim Premierenspiel erfolgreich. Auch Wolfgang Overath und Wolfgang Weber trugen zum Erfolg bei. Alles schien seinen Weg zu gehen, als Vizeweltmeister von 1966 war die DFB-Auswahl natürlich Favorit in dieser Dreiergruppe, wenn auch mit Jugoslawien ein gefährlicher Gegner mit an Bord war.

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Prompt ging das nächste Spiel gegen Jugoslawien in Belgrad mit 0:1 verloren, was auch die FC-Spieler Löhr und Overath nicht verhindern konnten. Im Rückspiel hielt sich die DFB-Elf schadlos, korrigierte das Hinspielergebnis mit einem 3:1-Heimsieg. Den wichtigen Führungstreffer zum 1:0 erzielte einmal mehr Hannes Löhr, erneut mit bejubelt von seinen FC-Mitspielern Weber und Overath. Das Viertelfinale, welches vor dem „Halbfinal-Turnier“ in Hin- und Rückspiel noch gesetzt war, war damit greifbar nahe gerückt. Am 17. Dezember 1967 hätte letztlich ein einfacher Sieg in Albanien gereicht und daran war ja wohl kaum zu zweifeln.

Die „Schmach von Tirana“ war auch kölsch

Denn wer war schon Albanien? Diese wurden zwar 1946 Sieger beim sogenannten Balkan-Cup, ansonsten fanden selbst ausgewiesene Experten jedoch nichts, was auf ausgemachte Fußball-Kompetenz hinwies. Bei Welt- und Europameisterschaften wurde bis dato noch nie eine Nationalmannschaft aus dem Land der Skipetaren ausfindig gemacht. So traten also Mitte Dezember elf deutsche Elite-Kicker um Stars wie Günter Netzer und Wolfgang Overath im Qemal Stafa Stadion in Tirana an, um den selbstverständlichen Gruppensieg in der EM-Qualifikationsgruppe IV locker und gelöst einzufahren. Der damalige Bundesliga-Trainer Max Merkel hatte vor dem Spiel gemutmaßt, das man auch eine durchschnittlich begabte Bundesligamannschaft hätte senden können.

Foto: imago images / Horstmüller

Dementsprechend fehlten in Tirana dann auch etablierte Namen wie der sich angeblich in einem Formtief befindliche Gerd Müller und Nachwuchsstar Franz Beckenbauer. Zusätzlich erlaubte sich Helmut Schön den Luxus, die beiden Mittelfeld-Rivalen Overath und Netzer gemeinsam im Mittelfeld den Kampf um die Spielregie ausführen zu lassen. Gerd Müllers Ersatz hieß Peter Meyer (Ja, genau der „Peter Meyer Eieieieiei“ aus „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“), welcher zwar in den Bundesliga Tor um Tor erzielte, in seinem ersten und zugleich letzten Länderspiel aber keine Akzente setzen konnte. Die deutsche Mannschaft spielte 90 Minuten auf ein Tor und sie hätte Augenzeugen gemäß auch noch bis zum Sankt Nimmerleinstag weiterspielen können, dennoch wäre wohl kein Treffer gefallen. Auch die FC-Spieler Overath, Weber und Löhr waren bei der als „Schmach von Tirana“ bekannt gewordenen Partie nicht in der Lage, die Blamage abzuwenden.

Tennisplatz und Maos Sprüche

Auf der Suche nach Erklärungen wurde der Fußballplatz oft erwähnt, dieser war nach Meinung einiger Spieler eher für ein Tennismatch auf den Pariser Plätzen von Roland Garros geeignet gewesen. Zusätzlich gibt es Gerüchte, das in dem Mannschaftshotel in dem kommunistischen und normalerweise abgeschirmten Land, Mao-Sprüche auf den Zimmerwänden und beständige Beschallungen aus vielen Lautsprechern durch nervend-unverständliche Reden Mao-Tse-Tungs, Psycho-Terror auf die DFB-Delegation ausgeübt wurde. Am Ende war es schlicht eine schwache Leistung und somit verpasste man das Viertelfinale und somit auch die Chance auf das Endturnier in Italien, welches der Gastgeber 1968 für sich entschied. Die beteiligten FC-Spieler konnten sich im Jahr des Turniers immerhin mit dem erstmaligen Gewinn des DFB-Pokals für die Geißbock-Elf trösten.

Die Elf von Tirana: Horst Wolter – Bernd Patzke, Willi Schulz , Wolfgang Weber, Horst-Dieter Höttges, Wolfgang Overath, Günter Netzer, Sigfried Held, Hans Küppers, Hannes Löhr, Peter Meyer

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Schon ein bisschen beteiligt am ersten EM-Titel

Rund um den Europameistertitel der deutschen Nationalmannschaft gibt es ab und an einige Irrtümer. Aus Kölner Sicht wird zum Beispiel gerne behauptet, dass kein FC-Spieler am Turniersieg beteiligt war. Das ist streng genommen auch richtig, andererseits gab es schon eine nachweisbare Beteiligung. Weiterhin herrscht bei einigen Fußballfreunden der Irrtum vor, der berühmte 3:1-Sieg in Wembley gegen England sei gleichbedeutend mit dem Gewinn des Titels. Nun, das stimmt natürlich nicht, wie die meisten Experten wissen. Aber schauen wir uns das Szenario noch einmal genau an.

Zunächst zum Austragungsmodus: An der Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft 1972 beteiligten sich insgesamt 32 Nationalmannschaften, die in acht Gruppen aufgeteilt wurden. Die Gruppensieger spielten im Vorfeld der Finalrunde ein Viertelfinale mit Hin- und Rückspiel aus. Der Gastgeber der Endrunde wurde – heute kaum vorstellbar – erst nach Ermittlung der vier Teilnehmer des Halbfinales ausgewählt: Belgien bekam den Zuschlag. Um also dieses Mini-Turnier zu erreichen, musste man seine Gruppe gewinnen und das Viertelfinale in zwei Spielen überstehen. Die Gruppe bestand neben dem deutschen Team aus den Auswahlmannschaften von Polen, der Türkei und – wie bereits 1968 – aus Albanien.

Mythos Wembley 1972

Deutschland gewann diese Gruppe schlussendlich. Sehr wohl übrigens mit der Mitwirkung diverser Spieler des 1. FC Köln. Wolfgang Overath und Wolfgang Weber spielten jeweils vier der insgesamt sechs Partien. Overath war in all seinen Einsätzen sogar der Kapitän des Vizeweltmeisters von 1966. Mit vier Siegen und zwei Remis konnte sich die deutsche Elf am Ende relativ problemlos für die beiden Viertelfinal-Spiele gegen England qualifizieren. Doch gegen die Männer von der Insel fiel Overath nach einer Operation für beide Spiele aus. Ebenso hatte „Bulle“ Weber, wie auch Hannes Löhr mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. Heinz Flohe hingegen war in Wembley ein Thema, kam aber nicht zum Einsatz.

Foto: imago images / Sven Simon

So war es quasi eine deutsche Verlegenheitself, die einen der wichtigsten Siege der DFB-Geschichte einfuhr. Mit sechs Bayern-Spielern, dazu einem blenden aufgelegten Günter Netzer gewann Deutschland nach großartigem Spiel mit 3:1 beim alten Rivalen. Das Spiel wurde zum Mythos, zum Großteil auch mit Recht. Der erste deutsche Sieg in Wembley und auch die Art und Weise wirkte modern und zukunftsweisend. „Fußball aus dem Jahr 2000“ und Netzers Spiel „aus der Tiefe des Raums“ wurden feste Begriffe. Schaut man sich das komplette Spiel heute an, dann sieht man eine zeitgemäße und sehr gute Leistung, die aber mit den Jahrzehnten ein wenig überhöht dargestellt wurde. Dies zumal die Engländer lange Zeit, vor allem in der zweiten Hälfte, drückend überlegen waren und sich am Ende niemand über ein Unentschieden hätte beschweren dürfen.

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Und schließlich war damit auch weder die Europameisterschaft gewonnen oder gar England bereits im Viertelfinale besiegt. Vierzehn Tage später fand noch das entscheidende Rückspiel statt und den starken Engländern war es durchaus zuzutrauen, zwei Tore aufzuholen: Die “Three Lions” waren zu diesem Zeitpunkt nach wie vor mit guten Spielern bestückt: Gordon Banks, Bobby Moore, Alan Ball, Martin Peters und Geoff Hurst waren auch sechs Jahre nach dem Weltmeistertitel im eigenen Land noch große Namen. Die Basis aber war gelegt, die deutsche Elf brachte zwei Wochen nach dem Sieg in Wembley den endgültigen Einzug ins Finalturnier dann mit einem schmucklosen, aber wichtigen 0:0 über die Ziellinie.

Kein Kölner beim Endturnier im Einsatz

Das Endturnier in Belgien war durch das Ergebnis dieses quasi in Vergessenheit geratenen Rückspiels nun final erreicht. In der Startelf und 90 Minuten durchspielend war diesmal auch mit Heinz Flohe ein FC-Kicker daran beteiligt. Er sollte der letzte FC-Kicker sein, der an der Europameisterschaft 1972 aktiv mitwirkte. Denn aus nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen strich Schön den blendend aufgelegten Techniker für die Endrunde in Belgien. Lediglich Hannes Löhr war im Gegensatz zu Wolfgang Weber rechtzeitig wieder fit geworden und schaffte es zurück in den Kader. Wolfgang Overath hingegen war ein Sonderfall. Der Mittelfeldstar war in der DFB-Elf seit Jahren quasi mit einer Stammplatzgarantie versehen, doch die Verletzung und die Wochen nach der Leisten-OP machten die Situation prekär. Noch dazu befand sich sein Kontrahent Netzer in bester Form.

Overath konnte am 3. Juni 1972 im Spiel gegen Hannover 96 am 32. Spieltag zwar sein Comeback für den FC geben, für die DFB-Elf kam diese Rückkehr jedoch zu spät. Gänzlich wollte Helmut Schön aber dann doch nicht auf seinen eigentlichen Regisseur verzichten. Beide einigten sich darauf, dass Overath auf Abruf der Nationalmannschaft zur Verfügung stehen solle. Das Endturnier der Europameisterschaft, das übrigens zwischen dem 32. und dem 33. Spieltag der Fußball-Bundesliga stattfand, konnte kommen. Im Halbfinale wurde Belgien vor Ergebnis her nur knapp mit 2:1 besiegt, aber die Leistung des deutschen Teams war hervorragend. Dies setzte sich wenige Tage später im Endspiel weiter fort. Die Sowjetunion war schlicht chancenlos gegen den deutschen Angriffswirbel und ging mit 0:3 unter. Deutschland war Europameister 1972.

Bundestrainer Helmut Schön BR Deutschland präsentiert als Europameister den Coupe Henri Delaunay

Foto: imago images / Sven Simon

Hannes Löhr kam nicht zum Einsatz, ist aber der einzig offizielle Europameister des 1. FC Köln der EM 1972. Allerdings einer ohne Einsatz. Man muss neidlos anerkennen (un och jönne könne), dass Bayern München und Borussia Mönchengladbach, aus deren Blöcken die Europameistermannschaft ab Mitte 1971 mehr und mehr bestand, die Nationalmannschaft in diesem Zeitraum dominierten. Der 1. FC Köln war zu dieser Zeit ebenso eine Spitzenmannschaft in Deutschland und im erweiterten Kreis gar in Europa. Nach der EM konnten die Geißbock-Kicker in der Bundesliga noch den vierten Platz erreichen, punktgleich mit Mönchengladbach.

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Mer muss och jönne könne …

Allerdings hatten die Umstände aus eigenen Verletzungen, Standing beim Bundestrainer sowie die Topform der konkurrierenden Spieler einfach zu viel Einfluss auf das Gesamtszenario und so wird diese „Jahrhundertelf“ genannte Europameistermannschaft eben ohne FC-Spieler aufgeführt. Beim FC kann man sich damit trösten, dass man den FC-Bayern München, die immerhin sechs Spieler im Finale stellten, nur wenige Wochen vor dem EM-Finale im DFB-Pokalspiel mit einem sagenhaften 5:1 aus der Kölner Radrennbahn geschossen hatte. Nur EIN Beleg für die hohe Leistungsdichte der Bundesliga in den frühen 70er Jahren … und wohl auch dafür, dass kein FC-Nationalspieler den EM-Titel seinerzeit verhindert hätte.

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