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Nachspiel

Der 1. FC Köln siegt 5:1 in Kiel: Das Sonntagsgesicht der launischen Diva

Zum bestmöglichen Zeitpunkt präsentiert der 1. FC Köln sein Sonntagsgesicht: Bei Holstein Kiel siegen die “Geißböcke” hochverdient mit 5:1 und feiern über den Umweg der Relegation den Klassenerhalt in der Bundesliga.

Foto: IMAGO/Nordphoto

Friedhelm Funkel schüttelte sich und spürte, wie das Kölsch sich den Weg durch seine Kleidung bahnte. Nein, Bierduschen waren gar nicht seins. “Ich mag ja den Geruch von Bier, aber nicht an mir”, sollte der Interimstrainer des 1. FC Köln wenig später sagen. Funkel schaute seinen Spielern nach, die sich am Mittelkreis in den Armen lagen und trotz aller Erschöpfung noch die Kraft besaßen, ihre Freude über den 5:1-Auswärtssieg bei Holstein Kiel und den dadurch gesicherten Verbleib in der 1. Bundesliga in den blauen Ostseehimmel zu schreien. Er blinzelte und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Seine Mission, die “Geißböcke” vor dem Abstieg zu bewahren, hatte er erfolgreich beendet – und wie!

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Ein Traumstart – drei Flanken, drei Tore

Funkel hatte eine Aufstellung gewählt, die deutlich machte, wohin es gehen sollte: nach vorne, nur nach vorne. Sebastian Andersson in der Sturmmitte, dazu Florian Kainz und schließlich die offensiven Außenverteidiger Kingsley Ehizibue und Jannes Horn. Tore mussten her, sollte der Klassenerhalt noch geschafft werden. Und Tore fielen für den 1. FC Köln. Dreimal von der linken Seite, drei perfekte Flanken, drei Kopfbälle (einer von Hector und gar zweimal von Andersson) brachten die Kölner 3:1 in Führung und ließen auch den zwischenzeitlichen Ausgleich der Kieler verschmerzen. Das Team von Ole Werner zeigte sich geschockt und sollte sich davon auch nicht mehr erholen. So war es schließlich Rafael Czichos, der kurz vor der Pause mit einem perfekten Volleyschuss das 4:1 für Funkels Team erzielte.

Foto: IMAGO/Nordphoto

Nach der Halbzeit änderte sich das Bild nicht, der FC spielte nach vorne, die Kieler konnten lediglich reagieren und glaubten wohl selber nicht mehr daran, das Spiel noch irgendwie drehen zu können. So effizient die Chancenverwertung vor der Pause gewesen war, so leichtfertig gingen die Kölner allerdings mit ihren Torchancen im zweiten Durchgang um. Andersson, Duda, Meyer und Drexler verfehlten das Tor oder fanden ihren Meister im Kieler Torhüter Ioannis Gelios, und so war es schließlich Ellyes Skhiri, dem wohl – über die gesamte Saison gesehen – beständigsten Kölner vorbehalten, fünf Minuten vor Schluss mit dem 5:1 auch die allerletzten Zweifel am Sieg und den damit verbundenen Klassenerhalt zu beseitigen.

Die Erkenntnisse aus dem Spiel

Zum wiederholten Male hatten die Spieler des 1. FC Köln unter Beweis gestellt, dass Drucksituationen sie zu außergewöhnlichen Leistungen beflügeln können. Dies betonte auch Jonas Hector: “Immer, wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir so Spiele abgeliefert wie heute.” Selten zuvor hatte Funkels Team so konsequent gepresst, den Gegner zu Fehlern gezwungen und ihn vom eigenen Tor ferngehalten. Vor allem das Duo auf der linken Seite, Florian Kainz und Jannes Horn – bisweilen unterstützt durch Ondrej Duda – gewannen Mal um Mal Bälle schon in der Kieler Hälfte und schalteten blitzschnell um, so auch vor dem psychologisch so wichtigen 2:1.

“Immer, wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir so Spiele abgeliefert wie heute.”

Die Partie zeigte aber auch auf, welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt, die so nie wieder zusammen spielen wird. Ein halbwegs fitter Sebastian Andersson, ein erholter Florian Kainz, ein Laufwunder im Mittelfeld mit Ellyes Skhiri, der umtriebige Marius Wolf, Sebastiaan Bornauw und Rafael Czichos in der Innenverteidigung und vor allem auch Jonas Hector als Kapitän und Antreiber machten gestern den Unterschied – und wohl auch der Zusammenhalt im Team, wie Hector betonte: “Man muss einfach dran glauben, zusammenarbeiten, zusammenstehen. Das haben wir über die Saison gemacht, wir haben immer als Team zusammengestanden. Die Mannschaft war nie unterzukriegen.”

Foto: IMAGO/MIS

Gestern zeigte sich das Team von seiner besten Seite und bestätigte damit auch sicherlich ungewollt das Bild, das man seit Anbeginn der Bundesliga vom 1. FC Köln hat. Die Kölner seien launisch, so sagt man. Wenn die Sonne scheint, die Umstände stimmen und der Gegner groß genug ist, könnten sie sich zu hervorragenden Leistungen motivieren, um dann gegen schwächere Teams sang- und klanglos zu verlieren. Am Samstag waren sie herausragend, am Samstag in Kiel zeigten sie ihr Sonntagsgesicht. Zum wahrlich bestmöglichen Zeitpunkt in dieser Saison.

Die Zeit des Abschiednehmens

Der Verbleib in der Bundesliga ist geschafft und doch heißt es Abschied nehmen, von Spielern wie Marco Höger, der gestern von seinen Mitspielern noch einmal gefeiert wurde, von den Leihspielern Ron-Robert Zieler, Elvis Rexhbecaj, Marius Wolf, Max Meyer und Tolu Arokodare. Gewiss auch von dem ein oder anderen Leistungsträger wie Ellyes Skhiri, Sebastiaan Bornauw oder Ismail Jakobs. Und von Friedhelm Funkel, der mit dem gestrigen Spiel seine lange Trainerkarriere beendete. Er tat dies, wie man es von ihm kennt: ruhig, beherrscht, ohne sich in den Mittelpunkt zu stellen. Genau so, wie Peter Kreuder es mit seinem Lied “Sag’ beim Abschied leise Servus” beschreibt. Typisch für Funkel, dass er nach gesichertem Klassenerhalt auch den Anteil von Markus Gisdol daran nicht unerwähnt lässt.

Angesichts der zahlreichen wechselwilligen Trainerkollegen in der Beletage des deutschen Fußballs drängt sich der Eindruck auf, dass es jemanden wie den gebürtigen Neusser kaum mehr gibt.

Ein Urgestein der Bundesliga verlässt die große Fußballbühne. Angesichts der zahlreichen wechselwilligen Trainerkollegen in der Beletage des deutschen Fußballs drängt sich der Eindruck auf, dass es jemanden wie den gebürtigen Neusser kaum mehr gibt. Einen Trainer, der es gewohnt war, einfach seine Arbeit zu tun, mit taktischem Geschick und großem Einfühlungsvermögen auf seine Spieler einzuwirken und Entscheidungen zu treffen, die nicht immer populär waren, sich aber oft im Nachhinein als richtig herausstellten. Einen großen Dank dafür, Friedhelm Funkel, von Herzen alles Gute – und zum Abschied ein leises Servus.

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