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Nachspiel

„Gemischte Gefühle“ beim 1. FC Köln nach dem 2:2 gegen Borussia Dortmund: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Der 1. FC Köln hat den Heimsieg gegen Borussia Dortmund bereits vor Augen, doch in der Schlussminute trifft Erling Haaland die “Geißböcke” ins Herz. Die Gretchenfrage beim FC: Zwei verlorene Punkte im vermeintlichen Gisdol-Endspiel oder doch ein gewonnener Zähler gegen den BVB?

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Foto: Imago images / Uwe Kraft

Müngersdorf, 17.25 Uhr: Sichtlich angefressen feuert Erling Haaland sein Trikot in Richtung seines Gegenspielers Jorge Meré und stapft nach diesem Trikottausch der besonderen Art wutschnaubend in die Katakomben des Müngersdorfer Stadions. Der norwegische Top-Torjäger hatte Borussia Dortmund soeben mit seinem zweiten Treffer an diesem Samstagnachmittag einen Punkt beim 1. FC Köln gerettet, doch mit dem 2:2-Remis, das er erst in der Schlussminute sicherte, schien der Sturmtank ebenso wenig einverstanden gewesen zu sein wie mit der gezeigten Leistung. Nach seiner frühen Führung in der 3. Minute hatte der BVB die Spielkontrolle völlig verloren und den „Geißböcken“ die Partie auf dem Silbertablett präsentiert – die Kölner nutzten das dank einem couragierten Auftritt zu Treffern von Ondrej Duda (Handelfmeter, 35.) und Ismail Jakobs (65.).

Auch deshalb war es wenig verwunderlich, dass sich auch beim 1. FC Köln die Zufriedenheit in Grenzen hielt. Bis zur 90. Minute hatte die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol geführt, einen wichtigen Erfolg im Abstiegskampf schon vor Augen. „Leider haben wir uns heute nicht mit drei Punkten belohnt. Ein Dreier hätte heute so gutgetan, gerade jetzt vor der Länderspielpause. Das wäre für uns als Mannschaft und für den gesamten Verein wichtig gewesen“, sprach ein entsprechend geknickter Ismail Jakobs,der mit seinem ersten Bundesliga-Tor in dieser Saison die Tür zum wichtigen Heimsieg weit aufgerissen hatte, direkt nach dem Abpfiff ins „Sky“-Mikrofon. „Mir persönlich tut es natürlich gut, heute getroffen zu haben. Aber gerade überwiegt der Frust wegen des späten Gegentors.“

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Keine Experimente beim vermeintlichen Endspiel

Müngersdorf, 14.30 Uhr: Knapp drei Stunden vorher sah die Welt rund um den 1. FC Köln noch anders aus. Vermutlich hätte jeder der „Geißböcke“ ein Remis gegen den formstarken BVB sofort unterschrieben. Der Druck rund um den FC war unter der Woche enorm gestiegen, in der Öffentlichkeit galt das Duell mit den Schwarzgelben abermals als Endspiel für Trainer Markus Gisdol. Der verzichtete für sein eventuell letztes Spiel als Kölner Coach auf größere Experimente: Keine Rückkehr zur defensiveren Fünferkette wie beim Hinspiel-Coup, keine sechs zentralen Mittelfeldspieler wie bei der 1:2-Niederlage bei Union Berlin in der Vorwoche. Rafael Czichos ersetzt den gelb-gesperrten Jannes Horn in der Innenverteidigung, dazu rücken Kingsley Ehizibue, Ismail Jakobs und Dominick Drexler für Salih Özcan, Max Meyer und Elvis Rexhbecaj in die Anfangsformation der „Geißböcke“.

Als „Knackpunkt“ hatte FC-Coach Gisdol im Vorfeld die Konzentration in der Defensive angemahnt. „Wir machen es den Gegnern zu einfach. Wir müssen es schaffen, ohne zu Mauern im Verteidigen eine Konsequenz an den Tag zu legen, die eines Abstiegskampfes würdig ist. Jeder Spieler muss in jeder Situation defensiv sein letztes Hemd geben und alles reinhauen“, erklärte er auf der abschließenden Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Dortmunder und forderte entsprechendes Auftreten gegen den Favoriten von der ersten bis zur letzten Minute. „Die Einsatzbereitschaft der Mannschaft ist immer noch top. Sie sind zu 98 Prozent konzentriert, aber diese zwei Prozent, die manchmal fehlen, führen in der Bundesliga zu Gegentoren. Das müssen wir abstellen, dann schaffen wir es auch wieder, zu Null zu spielen und zu punkten.“

Haaland trifft direkt, Duda kontert vom Punkt

Müngersdorf, 15.35 Uhr: Zu Null spielen, defensiv konzentriert agieren – all das war in den ersten Spielminuten nicht zu sehen beim 1. FC Köln. Die Konsequenz: Die Gäste führten nach nicht einmal drei Minuten bereits mit 1:0. Emre Can konnte unbedrängt einen langen Ball in Haalands Lauf schlagen, der Norweger ließ Gegenspieler Meré im direkten Duell aussehen wie einen Kreisliga-Verteidiger und wuchtete den Ball durch die Beine von FC-Torwart Timo Horn zur frühen Führung der Schwarzgelben ins Kölner Tor. Das Schlimme: Der Gegentreffer hatte sich angekündigt, Borussia Dortmund spielte mit den überfordert und übernervös wirkenden „Geißböcken“ in der Anfangsphase Katz und Maus. Schon in der ersten Situation nach dem Anstoß brannte es lichterloh im Strafraum der Gisdol-Elf, die da allerdings noch Schlimmeres verhindern konnten.

“Wir haben nach dem frühen 0:1 nicht den Kopf verloren und kontrolliert Fußball gespielt.”

Müngersdorf, 16.05 Uhr: Wem nach dem misslungenen Auftakt der Kölner ob der drückenden Dortmunder Überlegenheit Angst und Bange wurde, der sah sich im Folgenden eines Besseren belehrt. Der FC biss sich zunehmend in die Partie, wurde von Minute zu Minute mutiger – auch weil der BVB nach der frühen Führung sichtlich den Fuß vom Gas nahm und die „Geißböcke“ zurück in die Begegnung ließ. Ein weiterer Haaland-Abschluss stand für die Borussen zu Buche, die Gisdol-Elf hatte eine erste Torannäherung durch Kapitän Jonas Hector auf dem Zettel. Bis sich Noah Katterbach ein Herz fasste: Der Linksverteidiger zog von der Außenbahn ins Zentrum und schloss aus knapp 20 Metern mit rechts ab. Dortmunds Jude Bellingham wehrte den eher harmlosen Schuss des Youngsters mit dem Arm ab – Schiedsrichter Daniel Siebert entschied nach eingehenderem Studium der Bilder auf Strafstoß für den 1. FC Köln.

Foto: imago images / Ulrich Hufnagel

Ondrej Duda übernahm – wie schon in der Vorwoche an der Alten Försterei – die Verantwortung. Und blieb abermals eiskalt vom Punkt, den Marwin Hitz diesmal dankenswerterweise komplett in Ruhe ließ. 1:1 für den FC: Ein trotz der verpennten Anfangsphase nicht unverdienter Ausgleich, hatte sich der BVB doch mittlerweile ganz aus dem Spiel verabschiedet. „Wir haben nach dem frühen 0:1 nicht den Kopf verloren und kontrolliert Fußball gespielt. Wir haben gegen den Ball eine gute Ordnung gefunden und nach Ballgewinnen gut nach vorne gespielt“, analysierte FC-Coach Gisdol die klare Leistungssteigerung nach dem Rückstand. Und in der Tat: Die „Geißböcke“ waren gegen den Ball griffig und belohnten sich mit dem Ausgleich auch für einen fußballerisch ordentlichen Auftritt gegen einen lethargischen BVB, denen die Kölner zunehmend den Schneid abkaufen konnten.

Der 1. FC Köln erarbeitet sich die verdiente Führung

Müngersdorf, 16.55 Uhr: Was begann wie eine Pokalpartie, die für den Underdog mitsamt seinen Klempnern, Bürokaufleuten und Studenten mit der schlechtesten aller Nachrichten anfing, entwickelte sich dann doch noch zu einem Bundesliga-Duell auf Augenhöhe, das der FC gänzlich offen gestalten und phasenweise sogar bestimmen konnte. Auch deshalb kam die Kölner Führung keinesfalls überraschend: Hector hatte sich im Mittelfeld durch eine elegante Körpertäuschung Raum verschafft und danach Drexler freigespielt. Dessen Steilpass auf den durchgestarteten Jakobs war eigentlich nicht perfekt getimt, doch BVB-Verteidiger Thomas Meunier verlängerte das Zuspiel mit einem kleinen Kontakt genau in den Laufweg des Kölners. Der fackelte nicht lange und schweißte den Ball aus schwierigem Winkel unter die Latte. 2:1 für den 1. FC Köln, der sich diese Führung inzwischen redlich verdient hatte.

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„Wir haben gar nicht unverdient geführt. Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht. Was wir heute an den Tag gelegt haben, müssen wir in jedem Spiel zeigen. Wir sind gut in den Zweikämpfen gewesen, haben Dortmund nicht ins Spiel kommen lassen. Die Anfangsphase haben wir verschlafen, dann haben wir aber den Schalter umgelegt und gut ins Spiel gefunden“, urteilte auch BVB-Leihgabe Marius Wolf, der gegen seinen eigentlichen Club in offensiverer Rolle als zuletzt unterwegs war. Insgesamt hatten die Kölner den Schwarzgelben nach wackligen Anfangsminuten den Zahn ziehen können und sich diese Führung im wahrsten Wortsinne erarbeitet – durch aggressives Zweikampfverhalten, durch konsequentes Verteidigen, durch Einsatzwillen und Laufstärke, aber auch durch fußballerische Lösungen auf dem Weg nach vorn. Ganz so, wie es Markus Gisdol im Vorlauf der Partie gefordert hatte.

“Wenn wir kurz vor Schluss 2:1 führen, dann müssen wir das Spiel dreckig nach Hause bringen”

Müngersdorf, 17.20 Uhr: Am Ende sollte der engagierte Auftritt allerdings nicht zu einem Heimsieg für den 1. FC Köln gegen Borussia Dortmund reichen. Der eingewechselte BVB-Youngster Ansgar Knauff tankte sich auf der rechten Außenbahn durch und brachte den Ball scharf vor das Tor der „Geißböcke“, wo Erling Haaland lauerte und im Stile eines Top-Torjägers das Spielgerät über die Linie drückte. 2:2 für die Schwarzgelben, deren Ausgleich sich in den Schlussminuten angekündigt hatte. Erst köpfte Haaland eine Flanke an den linken Pfosten (80.), dann verzog der norwegische Ausnahmestürmer aus der Distanz nur knapp (84.). Doch auch der FC vergab große Möglichkeiten auf ein weiteres Erfolgserlebnis: Jakobs traf bei einem Konter nur das Außennetz (85.), Dudas aussichtsreicher Abschluss wurde von einem Dortmunder noch am Tor vorbeigelenkt (88.). Die Bestrafung für den verpassten K.o. folgte durch Haaland in der Schlussminute.

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„Wenn wir kurz vor Schluss 2:1 führen, dann müssen wir das Spiel dreckig nach Hause bringen – vor allem im Abstiegskampf. Wenn vor dem Spiel einer sagt, dass wir einen Punkt gegen Dortmund holen, dann hätten wir das unterschrieben. Aber wenn du das Spiel siehst, dann ärgerst du dich, dass du das Spiel nicht gewonnen hast“, sah Marius Wolf daher im Anschluss eher zwei verlorene Punkte denn einen gewonnen für die „Geißböcke“. Dem pflichtete auch Abwehrchef Rafael Czichos bei: „Nach dem Spiel habe ich gemischte Gefühle. Am Ende ist es sehr bitter, dass wir uns nicht mit drei Punkten belohnt haben. Ein Punkt ist eigentlich zu wenig für uns, wenn man die Tabellenkonstellation betrachtet. Darum heißt es für uns, den heute gezeigten Mut mit in die nächsten Spiele zu transportieren. Ich bin stolz auf die Mannschaft. Wir haben heute mit unserer Leistung eine Antwort auf dem Platz gegeben und gezeigt, dass da keine blutleere Mannschaft auf dem Rasen steht.“

Die Gretchenfrage beim FC: Zwei Punkte verloren oder einen gewonnen?

Müngersdorf, 18.15 Uhr: Doch was folgt nun aus diesem Spiel für den 1. FC Köln, der im Grunde weder einen Befreiungsschlag feiern durfte noch genügend Gründe dafür lieferte, dass sich der Verein zwingend von seinem Trainer trennen müsste. „Die Leistung hat uns bestärkt auf unserem Weg“, erklärte FC-Coach Markus Gisdol nach der Partie, die eigentlich als „Endspiel“ beschrien wurde, aber trotz des Remis wohl als Erfolg für den umstrittenen Übungsleiter verbucht werden dürfte. „Wir arbeiten eng, hart und vertrauensvoll zusammen. Es tut gut, wenn die Mannschaft solche Leistungen abliefert wie heute. Meine Mannschaft wirft kämpferisch immer alles in die Waagschale. Heute haben wir es geschafft, auch fußballerisch einen kühlen Kopf zu bewahren“, lobte Gisdol seine Schützlinge – und damit auch ein wenig seine eigene Arbeit. Die Moral in der Mannschaft – sie stimmt jedenfalls beim 1. FC Köln.

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Foto: imago images / Uwe Kraft

Doch die Trainerdiskussion dürfte damit längst nicht beendet sein, auch wenn Gisdol mit dem Remis seine Demission vor der Länderspielpause einmal mehr abgewendet haben dürfte. Bleibt eigentlich nur die Frage nach dem Ergebnis – zwei verlorene Punkte oder doch ein gewonnener Zähler? “Wenn ich nur das 2:2 als Ergebnis sehen würde, dann würde ich sagen: Es ist okay”, ordnete Gisdol nach der Partie ein, wusste aber auch um die große Chance, die sich gegen Borussia Dortmund aufgetan hatte: “Aufgrund des Spielverlaufs ist ein bisschen Unbehagen dabei. Mit ein bisschen mehr Spielglück hinten heraus hätten wir das Spiel gewonnen. Aber wenn man es rational betrachtet, haben wir einen wichtigen Punkt gemacht mit einer guten Leistung“, konnte sich auch der FC-Coach offenbar nicht entscheiden. Was dieses 2:2 für den 1. FC Köln wert ist: Das wird sich vermutlich erst nach der anstehenden Länderspielpause erweisen.

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