Folge uns
.

Nachspiel

Der 1. FC Köln verliert bei Union Berlin: Konsterniert in Köpenick

Der 1. FC Köln zeigt bei der 1:2-Niederlage beim 1. FC Union Berlin in der ersten Halbzeit, wie er vielleicht die Klasse halten kann. Die zweite Halbzeit zeigt jedoch mindestens ebenso eindeutig, warum es für die “Geißböcke” nicht reichen könnte und wieso die verfolgte Strategie keine erfolgsversprechende ist.

Noah Katterbach enttäuscht nach Spielende / Enttäuschung / / Fußball Fussball / DFL Bundesliga Herren / Saison 2020/2021 / 13.03.2021 / 1.FC Union Berlin FCU vs. 1.FC Köln / Geisterspiel wegen Corona Covid 19 / DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video. / *** Noah Katterbach disappoints after end of match disappointment Sport Football Soccer DFL Bundesliga Men Season 2020 2021 13 03 2021 1 FC Union Berlin FCU vs 1 FC Köln Ghost match due to Corona Covid 19 DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video

Als Jonas Hector wenige Minuten nach Abpfiff vor das Sky-Mikrofon trat, wirkte er nicht wütend ob der 1:2 Niederlage bei Union Berlin. Es war auch nicht die Verzweiflung, die aus ihm sprach und mit der seine Kollegen in den letzten Minuten versucht hatten, noch den Ausgleich zu erzielen. Der FC-Kapitän, der nach seiner langen Verletzungspause erstmals wieder in der Startaufstellung stand, war ratlos. Achselzuckend beantwortete er die gestellten Fragen, ob Markus Gisdol der richtige Trainer sei und wie man ohne Offensive die Klasse halten könnte.

„Nach dem Ausgleich haben wir zu wenig auf dem Platz bekommen. Wir müssen gucken, was wir mit unserem Personal anrichten können“ fasste er das Spiel richtig zusammen und vermied anschließend auf Nachfrage ein Bekenntnis zum Trainer: „Wir müssen hier nicht über eine Trainer-Personalie diskutieren. Ich bin sowieso der falsche Ansprechpartner dafür“, so Hector. Auch das stimmt. Es ist nicht Aufgabe eines Spielers, den Trainer öffentlich zu stützen oder ihn andersherum abzusägen.

Die Fragen nach dem Trainer, der Zusammensetzung der Mannschaft und der Frage nach dem “wie”, die man dem Kapitän nach Abpfiff stellte, müssen in erster Linie Manager Horst Heldt gestellt werden. Denn was der 1. FC Köln in Berlin über 90 Minuten anbot, war wieder einmal letztlich zu wenig. Man kann den “Geißböcken” diese Saison nicht die Mentalität und den Willen absprechen. Aber nach 25 Spieltagen zeigt sich, dass es in fast allen Bereichen dann doch eigentlich einfach zu wenig ist, um nach 34 Spieltagen den Klassenerhalt zu feiern.

Auch interessant
Nächste Niederlage: 1. FC Köln verliert 1:2 beim 1. FC Union Berlin

Gidol und Heldt müssen sich mal wieder Fragen gefallen lassen

Die Idee von Gisdol, an der Alten Försterei nicht mit langen Bällen zu operieren, sondern es über Kombinationen zu versuchen, war an sich die richtige Herangehensweise. Denn gegen die Berliner Hintermannschaft durch die Luft mit langen Bällen zum Erfolg kommen zu wollen, ist nahezu ausweglos. Dennoch braucht man einen Zielspieler, jemanden, der letztlich aus diesen Kombinationen auch Tore schießen kann. Dass dies abwechselnd Hector, Salih Özcan, Elvis Rexhbeçaj oder Ondrej Duda sein sollen, kann nicht die Lösung sein. Dies, und dass der einzige Stürmer Dennis auch nach dem 1:2 nicht direkt eingewechselt wurde, sondern erst eine Viertelstunde nach dem Rückstand in der 82. Minute, kann Gisdol vorgeworfen werden. Dass Dennis der einzige Stürmer im Kader war, muss Heldt angekreidet werden.

Trainer Markus Gisdol klatschend | Foto: imago images / Contrast

Denn vollkommen absehbar konnten sich die Kölner zwar ab und an gefällig und direkt durchs Mittelfeld kombinieren, aber wenn der Ball in Richtung Strafraum kam, fehlte wie so häufig in dieser Saison jeder erfolgsversprechende Lösungsansatz. Ganz zu schweigen davon, dass keiner der aufgezählten Mittelfeldspieler über die nötige Schussstärke und den Instinkt eines Stürmers verfügt. Özcan und Wolf hatten in der ersten Halbzeit zwar einige gute Gelegenheiten, aber darauf, dass der defensive Mittelfeldspieler Özcan und der in diesem Spiel als Außenverteidiger auflaufende Wolf die sich bietenden Chancen nutzen, darf unter dem Strich kein Matchplan aufbauen.

„Wir müssen gucken, was wir mit unserem Personal anrichten können.“

Kapitän Jonas Hector nach dem Spiel

Zusätzlich wackelten die “Geißböcke” defensiv von Beginn an. In den ersten acht Minuten hatten die Hauptstädter drei gute Gelegenheiten, zweimal davon über ihre linke Offensivseite. Es war kein spektakuläres Spiel, aber Union hatte in der engagiert und von beiden Mannschaften munter geführten Anfangsphase die deutlich reifere Spielanlage. Ein neuerlicher Ausdruck dessen, welcher Verein nach dem gemeinsamen Aufstieg 2019 die bessere Arbeit auf und neben dem Platz abliefert.

Aus der schmeichelhaften Pausenführung kann der 1. FC Köln kein Kapital schlagen

Die spektakulärste Aktion der ersten Halbzeit lieferte Außenverteidiger Noah Katterbach, der mit seinem Schienbein einen Kopfball von Schlotterbeck nach Ecke artistisch an die Latte und übers Tor abwehrte. Der Kopfball wäre vielleicht am Tor vorbei gegangen, was den Papst in der Kölner Tasche nur noch größer werden ließ. Ebenfalls in die Kategorie “Papst und Tasche” passt, dass die Kölner quasi mit Halbzeitpfiff per Elfmeter in Führung gingen. Vorangegangen war eine gute und schnelle Drehung Hectors mit dem Ball im Strafraum, durch welche Innenverteidiger Knoche seinen Fuß nicht mehr wegziehen konnte. Der Ex-Nationalspieler nahm das Geschenk dankend an, Duda verwandelte zur schmeichelhaften Pausenführung.

Noah Katterbach rettet auf der Linie | Foto:  imago images / Contrast

Eine Halbzeit, die exemplarisch aufzeigt, warum der 1. FC Köln nicht mit Schalke um den 18. Tabellenplatz kämpft, sondern vor dem Spieltag auf Rang 14 rangierte. Am Geißbockheim wurde eine Mannschaft zusammengestellt, die defensiv unangenehm spielt, zusammenhält, kämpft und sich nicht hängen lässt, nach vorne aber bestenfalls stets bemüht und ohne zielführenden Plan ist. Zutaten, mit denen alle paar Wochen mal etwas vom Laster fällt (siehe die Auswärtssiege in Dortmund oder Gladbach) und mit der man auch bei extrem heimstarken Köpenickern eine 1:0-Pausenführung abstaubte. Man glaubt es kaum, aber Mannschaften können in dieser Liga so die Klasse halten.

An diesem Samstag war aber keiner dieser Tage, an denen das Schicksal dem 1. FC Köln über 90 Minuten die Treue hielt. Nach Wiederanpfiff dauerte es keine zwei Minuten, bis es erneut Elfmeter gab. Dieses Mal aber nicht für den FC, sondern für “die Eisernen”: Wolf bekam den Ball bei einem Flankenversuch von Julian Ryerson an die Hand, diese war nicht angelegt, und Schiedsrichter Deniz Aytekin blieb nichts anderes übrig, als auf den Elfmeterpunkt zu zeigen. Max Kruse verwandelte den Strafstoß souverän zum Ausgleich.

„Es ist bis zum Ende ein harter Kampf für uns“

Im Verlauf der zweiten Halbzeit wurde das Spiel immer mehr zum Abnutzungskampf, den Union Berlin letztlich für sich entschied: Trimmel stellte in der 67. Minute mit seinem ersten Bundesligator überhaupt den 2:1-Endstand her, nachdem Ryerson zunächst mit Wolf tanzte und per Flanke den völlig frei stehenden Union-Kapitän fand. Damit war die Partie gedreht, die “Eisernen” hätten in Person von Pohjanpalo das Spiel in der 77. Minute vorzeitig entscheiden können, doch Horn parierte im Eins-gegen-Eins exzellent. Daraus Kapital schlagen konnte der FC jedoch nicht mehr, aus dem Berliner Sonnenschein in der ersten Halbzeit wurde Regen, der zeitgleich mit dem verzweifelten Anrennen der Kölner immer stärker wurde. In der Nachspielzeit hagelte es sogar. Passend zur vierten Niederlage der “Geißböcke” im fünften Spiel seit dem Derbysieg.

Rafael Czichos, Petar Musa | Foto: imago images / Contrast

„Wir tun uns weiter schwer, den Punch im letzten Drittel zu entwickeln“ fasste Coach Gisdol nach dem Spiel das Gesehene zusammen. Das ist nicht falsch, aber es wäre nach fast drei Vierteln der Saison an ihm, funktionierende Lösungen zu entwickeln. Gelingt ihm dies nicht und es geht am Ende quasi nur noch um Motivation und Glück, darf es nicht verboten sein, über eine Neubesetzung auf der Position des Cheftrainers nachzudenken. Und sei es nur, um noch mal einen neuen Impuls zu setzen.

„Es ist zum wiederholten Mal das gleiche Bild: Wir kriegen viel zu einfache Gegentore. Ich weiß nicht, wie wir so Spiele gewinnen wollen“, klagte Rafael Czichos zeitgleich nach Schlusspfiff konsterniert. Eine Mannschaft, die an sich glaubt, hört sich anders an. Nächste Woche folgt das Heimspiel gegen Borussia Dortmund, im Hinspiel hat man den Glauben an sich gegen den BVB wiedergefunden und den ersten Saisonsieg eingefahren. Ein ähnlicher Impuls wäre jetzt wieder wünschenswert bis notwendig.

Mehr aus Nachspiel

.