Es war eine Stimmungslage voll sichtlicher Enttäuschung und offenkundiger Ratlosigkeit, mit der Markus Gisdol nach dem 0:3 des 1. FC Köln bei der TSG Hoffenheim vor die Kamera trat. „ Es ist schwierig für mich, das Spiel sachlich und nüchtern einzuordnen“, sagte der Coach der „Geißböcke“ wenige Minuten nach dem Abpfiff: „Weil wir heute Tore bekommen haben, die mich wirklich ärgern. Wenn du so verteidigst, hast du keine Chance auf Punkte. Offensiv haben wir es bis zum Sechzehner ordentlich gemacht. Aber wenn du defensiv nicht voll da bist, kannst du nach vorne spielen, wie du willst.“
Und in der Tat: Seine Schützlinge präsentierten sich zum Abschluss der Englischen Woche vermutlich nicht derart schlechter als der Gegner, wie es das Resultat vermuten ließe. Der 1. FC Köln war an diesem Sonntag schlichtweg ungeschickter, unkonzentrierter, unglücklicher als die Konkurrenz. Etwas weniger als 96 Stunden nach dem 2:1-Auswärtserfolg auf Schalke, als das Ergebnis, aber keinesfalls die Leistung stimmte, war das Gisdol-Team schnell auf die Verliererstraße geraten und hatte dort mehr aus eigenem Unvermögen die Abfahrt verpasst. Andrej Kramaric mit zwei Strafstoß-Toren (7., 75.) und Christoph Baumgartner mit einem sehenswerten Hackentrick (28.) sorgten für die verdiente Niederlage, die sich der FC selbst zuzuschreiben hatte.
Kölner Doppelwechsel nach Hoffenheimer Doppelschlag
Nur auf einer Position im Vergleich zum Schalke-Spiel verändert (Noah Katterbach rückte für den verletzten Rafael Czichos in die Startelf) hatten die Kölner einmal mehr eine abwartende Ausrichtung gewählt, deren defensive Ordnung aber bereits früh von den Gastgebern erschüttert wurde. Ein simpler langer Ball brachte Ihlas Bebou am Strafraum in Stellung, den Schuss des Hoffenheimer Angreifers blockte Sava Cestic plump mit dem Arm. Kramaric, bereits im Hinspiel beim 3:2-Sieg der Kraichgauer in Köln dreifacher Torschütze, ließ sich nicht zweimal bitten – 1:0 für die TSG, die auch fortan tonangebend blieb. Und bevor der FC überhaupt nur einen Abschluss in die Statistik bringen konnte, stand es bereits 2:0: Eine Ecke klärte Cestic per Kopf vor die Füße von Mijat Gacinovic, dessen Direktabnahme Baumgartner mit der Hacke ins Tor lenkte.
Gisdol reagierte auf die offenkundigen Defensivschwächen seines Teams und wechselte bereits nach 30 Minuten doppelt: Für den indisponierten Cestic kam Jorge Mere, Jan Thielmann ersetzte Kingsley Ehizibue – die in die Partie geschickte rechte Seite hatte dem FC-Coach anscheinend ziemlich wenig getaugt. Die Veränderungen griffen, wobei die TSG angesichts des komfortablen Vorsprung nun auch zunehmend den Gästen das Spiel überließen. Marius Wolf hätte diese Passivität beinahe bestraft, doch aus kürzester Distanz scheiterte die mittlerweile als rechter Außenverteidiger agierende BVB-Leihgabe an Hoffenheims Keeper Oliver Baumann (34.). Kurz vor dem Halbzeitpfiff stand dann der Pfosten dem Kölner Anschlusstreffer im Weg, als Wolfs Kopfball nur ans Aluminium ging (45.+1).
Elfmeter verschuldet, Elfmeter verballert: Modeste wird zur tragischen Figur
Es war trotz des 0:2 keinesfalls so, als hätte der 1. FC Köln einen bodenlos schwachen Auswärtsauftritt hingelegt. Es war vielmehr eine eigenartige Mischung aus eigener Dummheit, eigenem Unvermögen, bitterem Pech und gegnerischer Qualität, die den „Geißböcken“ an diesem Sonntag das Genick brachen. Denn: Der Wille war der Mannschaft auch nach dem Seitenwechsel nicht abzusprechen, einzig schien es dem Gisdol-Team in allen Belangen an dem nötigen Rüstzeug zu fehlen, Hoffenheim in diesem Spiel vor größere Probleme zu stellen. Daran änderten auch die Einwechslungen von Ismail Jakobs (für Katterbach), Elvis Rexhbecaj (für Jonas Hector) und Anthony Modeste (für Ondrej Duda) nichts. Bereits nach 66 Minuten hatte FC-Coach Gisdol, eigentlich eher konservativ bei personellen Umstellungen während des Spiels, sein Wechselkontingent erschöpft.
Der 1.FC Köln ist aktuell spielerisch und taktisch die schlechteste Mannschaft der #Bundesliga Tut fast weh.Idee mit Ball:keine. Positionsspiel wie ein Zweitligist. Dazu keine Defensivstruktur und eine faktisch nicht vorhandene Offensive. Kader nicht Bundesliga tauglich. #TSGKOE
— Robby Hunke (@robbyhunke) January 24, 2021
Doch was die Kölner bei der TSG auch überhaupt nur anzufassen gedachten, ging schief: Modeste, eigentlich für die Aufholjagd auf den Platz geschickt, foulte Baumgartner im eigenen Sechzehner, so dass abermals Kramaric zum Elfmeter antreten durfte. Eine Pflichtaufgabe für den Kroaten, der in den beiden Partien gegen den FC nun fünf Tore erzielen konnte. Das Spiel war entschieden, doch den „Geißböcken“ bot sich nur drei Minuten nach dem 0:3 die große Chance auf Ergebniskosmetik: Wolf wurde im Hoffenheimer Strafraum, naja, nennen wir es, gelegt, Schiedsrichter Jablonski zeigte zum dritten Mal auf den Punkt. Modeste übernahm die Ausführung, scheiterte aber bei seinem Bemühen um Wiedergutmachung am glänzend aufgelegten Baumann (78.).
Wolf: “Wir haben zu dumm verteidigt”
Gewollt hatten sie schon, die Spieler des 1. FC Köln, nur gekonnt war das leider in den wenigsten Momenten. Auch in der Schlussphase, die außer einem schwachen Modeste-Abschluss per Kopf (84.) nichts Berichtenswertes mehr hervorbrachte, verdienten sich die „Geißböcke“ das Prädikat „stets bemüht“. Letztlich waren es Nachlässigkeiten in der Defensive, die den FC um mögliche Punkte gegen keineswegs die Sterne vom Himmel spielende, aber effizient und effektiv auftretende Hoffenheimer brachten. Und das Spiel nach vorne. Die Entscheidungsfindung im letzten Drittel. Die Chancenverwertung. Und immer wieder der fehlende Plan mit Ball. Die Mängelliste ist lang, eine Woche vor dem wegweisenden Heimspiel gegen Arminia Bielefeld.
“Wir müssen die Fehler abstellen. Wenn man solche Gegentore bekommt, ist es schwer, ein Spiel zu gewinnen.”
„Wir haben zu dumm verteidigt, wir müssen die Fehler abstellen. Wenn man solche Gegentore bekommt, ist es schwer, ein Spiel zu gewinnen“, sprach Marius Wolf nach dem 0:3 Klartext und blickte bereits kurz nach Abpfiff auf die anstehende Aufgabe gegen den ostwestfälischen Tabellennachbarn: „Das Spiel gegen Bielefeld am Wochenende ist enorm wichtig. Jeder weiß, worauf es ankommt. Wir müssen das Spiel nach vorne beibehalten und die Fehler abstellen. Dann müssen wir gewinnen“, ist ihm die Bedeutung der Partie am kommenden Sonntag (Anpfiff: 15.30 Uhr) bewusst. Mit lediglich 15 Punkten aus 19 Spielen steht der FC derzeit auf den Relegationsrang, die Arminia mit zwei Zählern mehr einen Platz davor.