Für die einen bleibt er in Erinnerung als derjenige, der eine der besten Reden auf einer FC-Mitgliederversammlung hielt. Bei seiner Wahl zum Präsidenten des 1. FC Köln, im Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 3. April 1987, sorgte der erfolgreiche Kölner Anwalt Dietmar Artzinger-Bolten mit seiner flammenden Ansprache für Begeisterungsstürme. Dennoch fiel die Wahl zum Präsidenten knapp aus: 235 zu 197 Stimmen reichten jedoch zu dieser Zeit, als die einfache Mehrheit genügte. Der aufgrund einiger Favoritenabsagen (unter anderem waren Dr. Bernhard Worms und Klaus Ulonska gehandelt worden) eher als „Notnagel“ titulierte Nachfolger für den erfolgreichen Peter Weiand, der nach einer schweren Führungskrise im Frühjahr 1987 zurücktrat, war gefunden.
In der Folge sorgte der geborene Ostpreuße noch für eine deutlich verbesserte Kommunikation zu den eigenen Fans. Dafür suchte der Vereinsobere sogar die Fankurven während der Spiele auf, ein Vorgang der unter seinen Vorgängern undenkbar war. Dazu passt auch die wegweisende Installation des ersten Fanbeauftragten der Liga, denn ab dem 1. November 1987 nahm ein gewisser Michael Trippel seine Arbeit in diesem neuen Segment auf. Ein weiterer Höhepunkt war sicher auch die spektakuläre Rückholaktion von Pierre Littbarski aus Paris, welche er als Präsident mittrug.
Fannähe und letztmals große sportliche Erfolge
Natürlich bleiben auch die folgenden sportlichen Erfolge in seiner Amtszeit in Erinnerung. Der Effzeh spielte nach schwierigen Jahren zwischen 1983 und 1986 nun auch wieder eine große Rolle im deutschen und sogar im internationalen Fußball. Den beiden Vizemeisterschaften 1989 und 1990 unter dem jungen Trainer Christoph Daum sowie die Halbfinalteilnahme im UEFA-Cup im Jahr 1990 gegen Juventus Turin sollte noch die Teilnahme am DFB-Pokalendspiel 1991 folgen. Kein Präsident nach ihm konnte auch nur ansatzweise diese Erfolge verantworten.
Warum dennoch nicht wenige FC-Fans noch heute ihre Probleme mit Artzinger-Bolten haben und in ihm eben doch eher den Mr. Hyde des Effzeh sehen, liegt daran, dass er ebenso für den Niedergang des Vereins in den neunziger Jahren mitverantwortlich gemacht wird. Angeblich sei man zu sorglos in finanziellen Fragen gewesen und die Gerüchte um die legendären und teilweise angeblich verschwundenen Häßler-Millionen kennen alle interessierten Beobachter des 1. FC Köln ja nicht erst seit heute. All dies hat Artzinger-Bolten immer abgestritten – auch den Vorwurf, er habe den Verein bei seinem Rücktritt am 21. November 1991 hochverschuldet übergeben, verweist er in das Reich der Fabel. Tief enttäuscht über die Anschuldigungen von Missmanagement und Fehlwirtschaft zog sich der Bundesverdienstkreuzträger von 1985 in sein berufliches und privates Umfeld zurück und mied die Öffentlichkeit, soweit es ging.
Späte Genugtuung nach der Affäre Daum
Im Jahr 2000 jedoch, auf dem Höhepunkt der Kokain-Affäre um Christoph Daum, sah sich Artzinger-Bolten im Nachhinein bestätigt. Zehn Jahre zuvor hatten er und seine Mitvorstände Jupp Söller und Hans Neukirch in einer beispiellosen Aktion den aufstrebenden Trainer Christoph Daum entlassen. Nicht bei einer normalen Pressekonferenz am Geißbockheim. Nein, sie nutzten stattdessen die Pressestelle des DFB während der Weltmeisterschaft in Italien um die Weltpresse über den Trainerrauswurf beim 1. FC Köln zu informieren. Eine wirkliche und nachvollziehbare Begründung lieferten sie dabei nicht. Im Jahr 2000 deutete der Ex-Präsident in einem seiner wenigen Interviews dann aber an, „dass wir mit unseren damaligen Entscheidungen richtig gelegen haben“.
Es mag unfair sein, das vor allem die negativen Aspekte seiner Amtszeit in Erinnerung geblieben sind, während die positiven sportlichen Großtaten zumeist Trainer und Mannschaft zugesprochen werden. Daher sollte man sich an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung rufen, dass man sich als Führungskraft für beides verantworten muss. Genauso wie man auch heute Verantwortlichkeiten nicht nur auf sich ziehen sollte, wenn sie positiv sind und für negative Entwicklungen eher alle Vereinsgremien sowie äußere Umstände in die Verantwortung mit einbezieht. Artzinger-Bolten hingegen hat dies nie getan, auch wenn er – was sein gutes Recht ist – die Vorwürfe abstritt und zu entkräften suchte. Die Gesamtverantwortung hingegen hat er jedoch immer übernommen. Neben den altbekannten Anschuldigungen steht da nun einmal die letzte große sportliche Ära des 1. FC Köln. Bis zum heutigen Tage.
Alles Gute zum 80. Geburtstag, Dietmar Artzinger-Bolten.