Das Ziel beim 1. FC Köln war vor dem Aufsteigerduell gegen den 1. FC Union Berlin klar: den Klassenerhalt auch rechnerisch endgültig sichern und darüber hinaus die Entwicklung belegen, die die „Geißböcke“ im vergangenen Halbjahr genommen haben. Denn die Hinrundenpartie bei den „Eisernen“, die der FC nach äußerst schwacher Leistung mit 0:2 verloren hatte, war zweifellos der Tiefpunkt der Kölner Saison. Absturz ans Tabellenende inklusive. Nach dem Rückspiel ist allerdings klar: Die positive Entwicklung, die die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol zwischenzeitlich genommen hatte, konnte sie am Samstagnachmittag im abermals zuschauerfreien Müngersdorfer Stadion nicht belegen.
Im Gegenteil: Statt die Qualitäten auf den Platz zu bringen, die den FC in der besten Phase dieser Saison ausgezeichnet hatte, gaben die „Geißböcke“ einmal mehr eine Kostprobe ihres Abwärtstrends, der das Team seit der Fortsetzung des Spielbetriebs in der Bundesliga begleitet. Seit sieben Partien ist die Gisdol-Elf mittlerweile ohne Sieg. Individuelle Fehler in der Defensive, ein Spielaufbau aus der Fußballhölle und fehlender Einsatzwillen – die Mängelliste beim 1. FC Köln war auch gegen Union Berlin wieder einmal lang. Auch wenn der Klassenerhalt vermutlich nicht mehr auf dem Spiel steht: Nach den Auftritten zuletzt müssen sich alle Beteiligten einige Fragen gefallen lassen.
Die Intensität ist nicht ausreichend
Mehr als neun Kilometer weniger gelaufen als der Gegner – das sind die nackten Zahlen, die dem FC wahrlich nicht zur Ehre gereichen. 120 Kilometer rissen die Gäste aus der Hauptstadt ab, die „Geißböcke“ kamen in den 90 Minuten in Müngersdorf auf nur 111 Kilometer. Während den „Eisernen“ in nahezu jeder Phase der Partie anzumerken war, dass sie die drei Punkte zum Überleben in der Bundesliga dringend benötigen, hatten Jonas Hector, Mark Uth & Co. eher in den Urlaubsmodus geschaltet. Pomadig und ohne Tempo nach vorne, hinten zu nachlässig und ohne die nötige Konzentration. Ein äußerst auffälliger Unterschied, der sich insbesondere in der ersten Hälfte zwischen den Teams auftat.
“Ich hatte den Eindruck, dass wir für die Bedeutung des Spiels zu wenig investiert haben.”
~ Markus Gisdol
Ein auffälliger Unterschied, der auch Markus Gisdol auf die Laune schlug. „Ich hatte den Eindruck, dass wir für die Bedeutung des Spiels zu wenig investiert haben. Der Gegner hatte mehr Spannung, wollte es mehr“, monierte der FC-Coach nach der äußerst schwachen Leistung seiner Schützlinge. Auffällig: Im sechsten Spiel nach der Corona-Pause war es die sechste Partie, in der das Team mit dem Geißbock auf der Brust weniger lief als der Gegner. Tendenziell war das allerdings auch in der Phase so, als es bei der Gisdol-Elf noch besser lief, jedoch war da die Gesamt-Laufleistung entsprechend höher. „Das war heute zu wenig, das können wir besser“, schloss auch Gisdol und sieht die Spieler in der Pflicht: „Ich erwarte, dass jeder einzelne mehr investiert!”
Es fehlt die geistige und körperliche Frische
Eine Ansage, die gesessen haben dürfte. Denn: Erschreckend war allerdings neben den reinen Laufdaten auch der Eindruck, den der FC auf dem Platz vermittelte. Dass das Team derzeit nicht auf dem Zenit seiner Leistungsfähigkeit ist, dürfte offensichtlich sein. Dass jedoch auch Grundtugenden auf der Strecke bleiben, ist eine Erkenntnis, die auch intern nicht für Vergnügen sorgen dürfte. Wie schon in den vergangenen beiden Spielzeiten scheint die Mannschaft auf der Zielgerade ins Wanken zu geraten. 2017/18 ließ der FC eine grandios schlechte Saison mit einem Vereinsnegativrekord austrudeln, nun taumeln die „Geißböcke“ nach einem rauschhaften Zwischenspurt zu Beginn des Jahres dem Klassenerhalt entgegen.
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Doch nicht nur die Beine wirken träge beim 1. FC Köln in diesen Tagen, auch mental ist das Team derzeit nicht auf der Höhe. „Man hatte fast das gesamte Spiel über nicht das Gefühl, dass wir wirklich frisch im Kopf sind“, bekannte auch FC-Abwehrchef Rafael Czichos nach der Partie gegen Union Berlin, die die “Geißböcke” auch durch zwei verpennte Standardsituationen herschenkten. Eine ehrliche, aber auch entlarvende Aussage. Seit der Fortsetzung des Bundesliga-Spielbetriebs scheint den Kölnern der Fokus abhanden gekommen zu sein. Die Diskussion, ob eine ambitionierte Herangehensweise mit Zielrichtung Europa dem Team die nötige Motivationsspritze hätte verpassen können, ist aber verfehlt: Wie viel dem FC zur oberen Tabellenhälfte fehlt, wenn er nicht auf der Euphoriewelle reitet, ist in den vergangenen Partien offen zu Tage getreten.
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