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Nachspiel

Wildes 4:4 des 1. FC Köln in Duisburg: Fußball als Nebensache

Direkt nach Abpfiff des Unentschiedens in Duisburg veränderte eine schlimme Nachricht die Wahrnehmung beim 1. FC Köln, der Fußball rückte in den Hintergrund.

A badge to promote the German candidation for EURO 2024 is seen on the tricot of Louis Schaub of Cologne during to the Second Bundesliga match between SV Sandhausen and 1. FC Koeln at BWT-Stadion am Hardtwald on September 21, 2018 in Sandhausen, Germany. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)
Foto: Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images

Es ist schwer, sich nach den Meldungen nach dem Spiel am gestrigen Mittwochabend auf das Sportliche zu konzentrieren. In solchen Situationen merken wir erst wieder, dass der Fußball eigentlich eine Nebensache ist und alle positiven und negativen Emotionen vergleichsweise unwichtig wirken. Wie der 1. FC Köln am Donnerstagvormittag bestätigte, hat Markus Anfangs Vater auf der Tribüne einen Herzinfarkt erlitten. Wir wünschen ihm, Markus Anfang und der gesamten Familie alles Gute und viel Kraft. Wenn Euch jetzt nicht nach Lektüre eines rein sportlich bezogenen Nachspiels ist, einfach nicht weiterlesen – das Sportliche rückte aufgrund der Ereignisse nach Spielende sowieso in den Hintergrund.

Der sonnige Frühlingsabend in Duisburg hatte dabei mit einer Viertelstunde Verspätung begonnen, weil um 18:30 Uhr viele Zuschauerinnen und Zuschauer noch nicht im Stadion waren. Diejenigen, die schon drin waren, sahen eine veränderte Aufstellung des 1. FC Köln, die in dieser Form zu erwarten war: Anthony Modeste rückte nach seinem schwachen Auftritt in Heidenheim auf die Bank, für ihn kam Top-Torjäger Simon Terodde zurück in die Startelf. Jorge Meré fehlte verletzt, für ihn spielte Lasse Sobiech als halbrechter Innenverteidiger.

Und auch im Mittelfeld gab es eine Änderung: Winterneuzugang Johannes Geis saß zum ersten Mal während seiner effzeh-Zeit auf der Bank, Louis Schaub übernahm für ihn. Dadurch ergab sich auch eine andere Konstellation im Mittelfeld: Während Hector und Geis sich zuletzt die Defensivaufgaben teilten, spielten gegen den Tabellenletzten mit Schaub und Drexler zwei Offensivspieler, zwei Zehner, die im Spielaufbau immer wieder weit aus dem Zentrum auf die Flügel rückten und daher in der defensiven Umschaltbewegung große Räume hinterließen.

Der MSV Duisburg stellt den 1. FC Köln erneut vor Probleme

Weil Duisburg unter Thorsten Lieberknecht bereits beim Hinspiel eine mutige Herangehensweise wählte und den effzeh früh und hoch anlief, konnte aus FC-Sicht bereits das Schlimmste befürchtet werden – bereits nach zwei Minuten sollte es auch soweit sein. Wieder einmal in dieser Saison befiel den 1. FC Köln die Krankheit einer sehr passiven und unkonzentrierten Anfangsphase. Erst spielte Timo Horn einen schlampigen Ball im Spielaufbau (1.), danach funktionierte nach einem Ballverlust das Gegenpressing nicht, Czichos’ Kopfballabwehr fiel dem ehemaligen FC-Spieler Schnellhardt vor die Füße. Dieser zeigte, was ihn bereits als Jugendspieler auszeichnete: Eine gute Ballkontrolle und einen Wolze-Steckpass später jagte Moritz Stoppelkamp mit Unterstützung des Innenpfostens den Ball zum frühen Tor für Duisburg ins Netz.

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Kurz darauf gab es dasselbe Muster auf der Gegenseite zu beobachten, nach Clemens’ tiefem Pass scheiterte Cordoba aber an Wiedwald. In der Folge waren aber wieder die Gastgeber gefährlicher: Cauly Oliveira Souza, Stoppelkamp und Iljutchenko versuchten sich am zweiten Tor, verzogen aber jeweils. Nach 24 Minuten gab es dann den ersten wirklich zielgerichteten Angriff des 1. FC Köln, den Höger mit einem guten Pass in den Laufweg von Schaub einleitete. Dieser kombinierte sich mit seinem österreichischen Spezi Florian Kainz bis auf die Grundlinie durch, profitierte von einem wegrutschenden Duisburger und bediente in der Mitte Cordoba zum Ausgleich.

1. FC Köln schenkt Sieg her

Danach jedoch gingen wieder die Gastgeber in Führung, und das denkbar einfach: Einen Freistoß aus dem Halbfeld bekam Terodde nicht geklärt, Fröde bedankte sich und schoss zum 2:1 ein. Bis zum Halbzeitpfiff gab es nur noch wenige gelungene Aktionen des 1. FC Köln – Clemens entschloss sich nach 31 Minuten zu einem Schuss, obwohl ein Abspiel auf Schaub die bessere Alternative gewesen wäre. Ansonsten gab es viele Passfehler zu begutachten, die insgesamt darauf schließen lassen, dass einige Einzelspieler nicht ihren besten Tag erwischten.

Die Halbzeitpause kam also genau richtig für effzeh-Coach Markus Anfang, der offenbar auch die richtigen Stellschrauben bediente – zwischen der 47. und 54. Minute schoss seine Mannschaft danach drei Tore, weil sie erstens ruhiger und geduldiger im Spielaufbau agierte und zweitens die Raumaufteilung besser passte. Zuerst setzte Terodde Schaub in Szene, der aus kurzer Distanz Wiedwald zum 2:2 überwand. Danach hätten schon Clemens und Fröde, der seinen eigenen Keeper prüfte, bereits die Führung bringen können – eine Direktflanke von Drexler auf Cordoba, der mit einem tollen Kopfball das 3:2 erzielte, ließ das Pendel dann in Richtung der “Geißböcke” ausschlagen.

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Noch besser kam es wiederum nur eine Minute später, als Czichos nicht angegriffen wurde und einen guten Pass auf Terodde spielte, der Wiedwald überlupfte. Der 1. FC Köln zeigte also in dieser kurzen Phase seine offensiven Qualitäten, die Zwei-Tore-Führung schien beruhigend – dennoch ließ die Abwehr durch eine schlechte Staffelung das 3:4 durch Stoppelkamps zweiten Treffer zu, nur eine Minute vergab Iljutchenko den eigentlich sicheren Ausgleich. Die “Zebras” attackierten nun mit viel Wucht und der effzeh bekam Panik – erst schenkte Sobiech den Ball her, danach foulte Höger. Den fälligen Freistoß setzte Kevin Wolze in die Torwartecke zum 4:4.

Hilft das Spiel, um die Sinne zu schärfen?

Der wilde Ritt war allerdings noch nicht beendet, weil beide Mannschaften nun auf den Siegtreffer drängten. Für Duisburg vergab Schnellhardt per Distanzschuss in der Nachspielzeit. Die größte Chance hatten allerdings die Gäste aus Köln: Hector entschied sich aus guter Position für einen Querpass anstatt selbst abzuschließen, den anschließenden Eckball setzte Czichos ganz knapp am Tor vorbei. Am Ende kamen beide Mannschaften auf 13 (Duisburg) und 20 (Köln) Schüsse in Richtung Tor.

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Gerade die Leistung der Gastgeber an diesem Tag gilt es zu loben, da sie mit großer Leidenschaft spielten und zu spüren war, dass sie dem Tabellenführer ein Bein stellen wollten. Dazu brauchte es am Ende nicht einmal eine außergewöhnliche Leistung, weil der 1. FC Köln wieder viele Symptome von dem zeigte, was ihn bereits die gesamte Saison begleitet: fehlende Konsequenz in der Strafraumverteidigung und teilweise panische Entscheidungsfindung in engen Situationen.

Durch die jüngsten Ergebnisse der Konkurrenz wähnte sich die Mannschaft vielleicht in einer Komfortzone, aus der sie der MSV allerdings unsanft herausriss. Vielleicht war es vor dem Hintergrund des kommenden Heimspiels gegen den HSV aber auch ganz gut, dass eine allenfalls durchschnittliche Leistung nicht zu einem siebten Sieg in Folge reichte. Nach Abpfiff der Partie lag der Fokus allerdings bekannterweise direkt auf anderen Themen – Fußball ist eine Nebensache.

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