Das erwartet schwere Auswärtsspiel: Der Tenor nach dem 3:0-Erfolg bei Darmstadt 98 hätte kaum einmütiger ausfallen können. In einer über weiten Strecken wenig ansehnlichen Partie hatte der 1. FC Köln drei wichtige Punkte einfahren können, ohne dabei sonderlich zu überzeugen. Im Gegenteil: Besonders in der ersten Halbzeit ließen sich die „Geißböcke“ von den leidenschaftlich kämpfenden Gastgebern am Böllenfalltor den Schneid abkaufen. Der effzeh tat sich gegen laufstarke „Lilien“ extrem schwer, konnte sich aber zumindest über das komplette Spiel auf eine solide Defensivleistung verlassen.
Zynisch wie einst unter Funkel
So waren es letztlich zwei Faktoren, die die Begegnung zugunsten der Kölner kippen ließen, die bereits aus zahlreichen Aufstiegsjahren bekannt ist. Am Ende war es weniger taktische Finesse oder gar spielerische Dominanz, sondern vielmehr die individuelle Klasse der Mannschaft, die am Ende für rot-weißen Jubel auf dem Platz und auf den Rängen sorgten. Die erste größere Möglichkeit in der zweiten Hälfte nutzte der effzeh eiskalt: Terodde nickte nach Schaub-Hereingabe zu seinem bereits 17. Saisontor ein – kein Angreifer in der 2. Bundesliga kann mit dieser Bilanz auch nur ansatzweise Schritt halten. Beim 2:0 durch Czichos bewiesen die „Geißböcke“ ihre Stärke bei Standards, das 3:0 durch Cordoba war Ausdruck der inzwischen breiten Brust. Eine starke Viertelstunde reichte dem großen 1. FC Köln in Südhessen, um sich zumindest vorübergehend wieder an die Tabellenspitze zu setzen.
Es erinnerte nicht nur aufgrund der altehrwürdigen Spielstätte, die ihre besten Tage schon gesehen hat und leider Schritt für Schritt in ein modernes Stadion umgebaut wird, an längst vergessene Zeiten. Der effzeh gewann in Darmstadt so dermaßen zynisch, dass sich so manch Beobachter an vergangene Aufstiege denken musste. Freistoß Lottner, Kopfball Scherz – so oder so ähnlich gewannen die „Geißböcke“ besonders unter Friedhelm Funkel 2003/04 in der 2. Bundesliga verlässlich ihre Partien. Das sah nicht schön aus, war aber unfassbar effektiv. Oder 2005/06, als Lukas Podolski seinen 1. FC Köln fast im Alleingang wieder in die Beletage des deutschen Fußballs zurück ballerte. Individuelle Klasse in der Offensive, solides Handwerk im Abwehrverbund – das Erfolgsrezept der Vergangenheit war auch das Erfolgsrezept am Böllenfalltor. „Es tut uns auch gut, mal wieder zu Null gespielt zu haben“, wusste auch effzeh-Coach Markus Anfang nach dem Abpfiff um die Bedeutung der ersten gegentorfreien Spiels seit Sandhausen, als seine Schützlinge ähnlich aufspielten.
Wehmut beim Abschied vom Gästeblock
Im Stile einer Spitzenmannschaft – das galt neben der sattelfesten Defensive auch für die eiskalten Angreifer. Wenig verwertbare Bälle gab es während des ganzen Spiels für das Sturmduo Terodde-Cordoba, die im Rahmen der Möglichkeit ihr Bestes gaben, aber nach der Vielzahl an längen Schlägen wohl vermutlich einen Besuch beim Chiropratiker in Betracht zogen. Doch als es in der 2. Halbzeit darauf ankam, waren sie zur Stelle: Erst sorgte Terodde durch sein Kopfballtor für den Knackpunkt der Partie, nur wenig später belohnte sich Cordoba mit dem entscheidenden 3:0 aus Kölner Sicht. „So sind die Auswärtsspiele in der 2. Bundesliga. Der Gegner wirft alles rein, hat keinen Druck und wir sind in der Pflicht, jedes Spiel gewinnen zu müssen. Wir wissen aber, dass wir am Ende, wenn es in die entscheidende Phase geht, unsere Qualitäten ausspielen können“, resümierte Marco Höger im Anschluss passend. Auch wenn wenig läuft: Auf die individuelle Klasse kann sich der 1. FC Köln in dieser Saison größtenteils verlassen.
So sind die Auswärtsspiele in der 2. Bundesliga. Der Gegner wirft alles rein, hat keinen Druck und wir sind in der Pflicht, jedes Spiel gewinnen zu müssen. Wir wissen aber, dass wir am Ende, wenn es in die entscheidende Phase geht, unsere Qualitäten ausspielen können.
Darauf – und auf die Unterstützung des eigenen Anhangs: Auch in Darmstadt fanden sich wieder zahlreiche effzeh-Fans ein, um das Team lautstark nach vorne zu peitschen. Wie sehr die Spieler das genießen können, zeigte sich besonders bei der Auswechslung von Jhon Cordoba: Der Kolumbianer, in der vergangenen Saison noch Zielscheibe von Hohn, Spott und Pfiffen, wurde nahezu frenetisch gefeiert – wie schon in Bielefeld erschallte ein Gesang für ihn aus dem Gästeblock, den die effzeh-Fans vermutlich das letzte Mal besuchen durften. Die kultige Gegengerade wird nach dem letzten Heimspiel der „Lilien“ in diesem Jahr abgerissen, im Rahmen des Umbaus durch eine neue, überdachte Tribüne ersetzt. So mischte sich beim angereisten Kölner Anhang trotz der drei Punkte doch noch etwas Wehmut in die allgemeine Stimmungslage.