Die Beleidigungen gegen Ron-Robert Zieler am Sonntag im Kölner Stadion waren widerwärtig. Dass sich DFB und “BILD”-Zeitung nun aufplustern, braucht allerdings auch niemand. Ein Kommentar.
Das sportliche Ungemach des Tages war bereits passiert. Aus einem furiosen Auftritt des 1. FC Köln war schon zur Halbzeit mal wieder ein Desaster geworden. Das Ungemach der anderen Art stand vor allem den TV-Zuschauern da allerdings noch bevor. Im TV-Signal von „Sky“ waren die Megaphon-Rufe, die in der zweiten Halbzeit aus der Kölner Südkurve schallten, an diesem Sonntag nämlich (leider) überaus deutlich zu hören. Wer auch immer beim Spiel gegen den VfB sein Glück als Vorschreier in der Kölner Südkurve versuchen durfte, hat es ordentlich verkackt.
Nicht nur, dass die Tiraden gegen Stuttgart-Torhüter Ron-Robert Zieler – übrigens ein gebürtiger Kölner mit FC-Vergangenheit – neben handelsüblichen Beleidigungen auch noch sinnfreie, vor allem aber geschmacklose Anspielungen auf den Nationaltorhüter Robert Enke, der sich 2009 das Leben nahm, beinhalteten. Nein, sie wurden auch wiederholt und dürften wenn auch nicht für viele Stadionbesucher immerhin für alle Profis auf dem Rasen immer wieder deutlich zuhören gewesen sein. Dass dieses widerwärtige Geplärre nur Zieler auf die Nerven gegangen ist, erscheint also unwahrscheinlich. Mit der Unterstützung der eigenen Mannschaft hatte dieser Schwachsinn also mal so gar nichts mehr zu tun.
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Zieler reagiert lakonisch
Im Gegenteil: Es war einfach nur zum Schämen, wenn die Rufe zuhören waren. Jedes einzelne Mal. Und da muss sich die zugehörige Ultra-Gruppe natürlich die Frage gefallen lassen, warum dieses elende Schauspiel nicht unterbunden wurde. Den Ausnahmezustand muss man deswegen allerdings auch nicht ausrufen. Auch wenn es manchen TV-Zuschauer überraschen mag: (Heftige) Beleidigungen sind nichts, das es am Sonntag das erstmals in einem Fußballstadion gegeben hat. Ohne „Arschloch, Wichser, Hurensohn“-Sprechchöre beim Abschlag fragt sich so mancher Torhüter vermutlich, ob heute irgendetwas nicht stimmt.
Dementsprechend lakonisch fiel die Reaktion Zielers nach der Partie dann auch aus. Als Torwart “sei man einiges gewohnt”. Aber auch tragische Ereignisse wie der Einsturz des Kölner Stadtarchiv wurde seinerzeit von so manchen – auch Stuttgartern – Gegner-Fans für ähnliche Beleidigungen verwendet, die nicht nur von Einzelnen vorgetragen wurden. Dass die Tiraden diesmal deutlich zuhören und besonders geschmacklos waren, ändert also nicht, dass derartiges seit jeher in Fußballstadien vorkommen kann – ob auf Steh- oder Sitzplätzen. Glücklicherweise hört man derartiges im TV-Signal meist nicht. Eine Zäsur ist der Vorfall dennoch keinesfalls.
DFB-Präsident Grindel schaltet sich ein
Dass der Deutsche Fußball-Bund sich dennoch bemüßigt sieht, „mit Blick auf das Andenken an unseren Nationaltorwart“, wie Präsident Reinhard Grindel es ausdrückt, Ermittlungen gegen den 1. FC Köln einzuleiten, ist daher ungefähr so zielführend, wie die zusammenhangslosen Worte des Kölner Fans sinnhaft waren. Zum einen ist der Geschädigte immer noch Ron-Robert Zieler, nicht das Andenken des Deutschen Fußball-Bundes an Robert Enke.
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Zum anderen braucht es Ermittlungen eines Sportgerichts genauso wenig wie den widerlichen Polizei-“Journalismus” der Zeitung, dessen Chefredakteur Julian Reichelt sich jüngst noch von einem Satire-Magazin hat vorführen lassen. Es ist doch ganz simpel: Eine Person hat eine andere Person beleidigt. Das ist, wenn es der Geschädigte denn so will, ein Fall für Gerichte mit richtigen Richtern. Genau dafür hat sich unsere Gesellschaft schließlich ein Rechtswesen zugelegt.
Das alles macht den Vorfall vom Sonntag aber natürlich kein bisschen weniger widerlich. Dass man auch auf Sitzplätzen allerorts manchmal üble Beleidigungen, „Der Affe soll in den Busch“-Ausrufe oder sonstige Komplettausfälle in Fußballstadien zuhören bekommen kann, sollte man den engagierten Herren Grindel und Reichelt aber wohl besser erst einmal nicht erzählen. Wer weiß, was dann passiert!?
Das Image der FC-Fans besudelt
Aber natürlich: Man kann das plötzliche Engagement des Verbands, samt Statement des Präsidenten, ganz bestimmt auch einfach damit erklären, dass Enke deutscher Nationalspieler war… Vielleicht, aber natürlich nur vielleicht, sind derartige Vorfälle für den DFB aber auch einfach nur wichtig, wenn sie im TV vor Millionenpublikum zu hören waren.
Verantwortlich für das Brimborium ist schlussendlich allerdings immer noch der cholerische Vorsänger, der dafür nun nicht nur zurecht die Konsequenzen tragen muss. Sondern auch das Image der Kölner Fans, die am Sonntag mit großer Unterstützung für ihr schwächelndes Team und Aufbauarbeit bei effzeh-Torwart Timo Horn wieder einmal positive Ausrufezeichen gesetzt hatten, besudelt und der leidigen Empörungskultur im deutschen Fußball-Business ganz wunderbares Futter hingeworfen hat. Und zu so viel Dummheit fällt einem dann ganz ehrlich auch nicht mehr viel ein.